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nachDRUCK # 4

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Ausstellung

Erfinder der

flämischen

Renaissance



Bewertung:    



Hans Memling ist um 1440 in Seligenstadt geboren und 1494 in Brügge verstorben. Er wird heute als einer der wichtigsten Vertreter der flämischen Schule angesehen. Memling war einer der letzten „primitiven“ flämischen Maler, der - gestützt auf die beiden großen Meister Jan van Eyck und Rogier von der Weyden - Flandern und den europäischen Norden in die Renaissance geführt hat.

*

Die Ausstellung Memling - Rinascimento Fiammingo, die zur Zeit in den Scuderien del Quirinale läuft, greift seinen Einfluss auf die italienische Malerei auf, zeigt aber ebenso seine Beeinflussung durch die Italiener. Es ist die erste Ausstellung überhaupt, die Rom diesem für die italienische Malerei bedeutenden Maler jemals organisiert hat. Unterteilt ist sie in verschiedene, aber ineinander übergehende Abschnitte. Gezeigt werden hauptsächlich Triptychons und Porträts, die er im Auftrag von italienischen Kunden gemalt hat.

In seinen Anfangswerken erkennt man noch den Einfluss seines Meisters Rogier von der Weyden. Das Gemälde Triptychon für Jan Crabbe ist um 1475 entstanden und wurde später (als Triptychon) "getrennt". Die Pinacoteca di Palazzo Chiericati in Vicenza (Hauptgemälde Grablegung), die Morgan Library in New York (Seitenflügel) und das Groeningemuseum in Brügge (die äußeren beiden Teile) haben jeweils ihren Teil des Werkes zur Verfügung gestellt, um die komplette Komposition hier in Rom auszustellen. Die Grablegung von 1465 von Roger van der Weyden, die wahrscheinlich Auslöser oder Vorbild war, ist aus Florenz gekommen.



Hans Memling: Trittico di Jan Crabbe Crocifissione con Jan Crabbe (pannello centrale) Olio su tavola, 84,5 x 66 cm Vicenza, Musei Civici – Pinacoteca di Palazzo Chiericati


Wichtiger Bestandteil der Ausstellung sind die Geschichten-Bilder, wie z.B. die Passion Christi, entstanden um 1470. Ein geordnet-minutiöses Chaos, das vom Leben und Leiden Christi erzählt. Ähnlich wie bei Bosch, könnte man allein über die Erzählungen und Anekdoten auf diesem Bild einen Roman schreiben. Hier ist ganz klar ein Einfluss von Hieronymus Bosch, der fast zeitgleich in den Niederlanden seine surrealistischen und vollgestopften Bilder malte, zu erkennen. Und ähnlich wie Bosch später im Ausland Erfolg hatte, liebten die Italiener diese Horror vacui Kompositionen.



Hans Memling: Passione di Cristo 1470 Olio su tavola, 54,9 x 90,1 cm Torino, Galleria Sabauda


Ein weiterer interessanter Aspekt ist Memlings Einfluss auf Botticelli und Ghirlandaio. Pedantisch und eifrig kopierten sie seine Werke (zwei davon sind ebenfalls ausgestellt). Ein Christo Benedicente (um 1485, 52 x 33 cm) aus Genua ist erwähnenswert – gegenübergestellt ist ihm die exakte Kopie von Ghirlandaio, ein wenig größer und ein paar Jahre später entstanden. Ghirlandaios Christi ist allerdings strahlender und blutiger, das mag aber an der Restaurierung liegen.

Überhaupt besteht die Ausstellung aus vielen kleinen Portraits, meistens nicht größer als ca. 30 x 25 cm, und einigen übergroßen Triptychons - beispielsweise Vanità terrena e della salvezza (dt.: Irdische Eitelkeit und Rettung), das Memling um 1485 malte, mitten in der Zeit, in der viele Porträts für seine italienische Kundschaft entstanden. Vielleicht wollte er damit die Auftraggeber ermahnen und sie auf die Erde zurückholen?



Hans Memling: Trittico della vanità terrena e della salvezza divina 1485 circa Olio su tavola, 60 x 66 cm (pannello centrale); 63 x 61 cm (scomparti laterali) Strasburgo, Musée des Beaux-Arts


Die italienischen Vergleichsexponate, die man ihm an die Seite gehängt hat, liegen fast ausschließlich qualitätsmäßig eine Stufe tiefer, was einen seltsamen subjektiven Eindruck vermittelt, wenn man an die italienischen Maler denkt.

Rogier van der Weyden war sein Lehrmeister, und ihn hat Memling auch als Malerfürst in Brügge abgelöst. Aufträge bekam er – abgesehen von seiner Heimatstadt Brügge - aus England, Deutschland und eben aus Italien, welches der ursprünglich vom Mittelrhein stammende Maler ausgiebig bereiste, bevor er sich 1465 fest in Brügge niederließ und dort zu großem Ruhm kam. Schon ab Ende der 60er Jahre erhielt er erste Aufträge aus Florenz, darunter der Weltgerichtsaltar, den er um 1472 fertig stellte.

* *

Die Romantiker im 19. Jahrhundert stellten Memling auf eine Stufe mit Jan van Eyck. Der große Erwin Panofsky allerdings schätzte ihn weniger. Anlässlich einer Ausstellung in New York nannte er Memling einen "major minor master", der keine Emotionen malen konnte. Wenngleich Memling an Van Eyck nicht herankommt, war er hier doch ein wenig ungerecht. Aber es stimmt, berühren tun uns seine Portraits eigentlich nicht. Sorgfältig und meisterhaft vollendet, bleiben es doch gefühllose, kalte profane Bildnisse, und die Porträtierten blicken – wenn sie überhaupt blicken – mit Arroganz auf uns, und man verspürt kein Bedürfnis, auch nur einen dieser Gegenüber zu treffen. Mehr als ein Drittel von Memlings Werken sind Porträts.

Memling wurde erst wieder richtig rehabilitiert, als man vor 20 Jahren seinen 500. Todestag mit diversen Neu-Publikationen feierte und Brügge ihm eine sehr umfangreiche und große Ausstellung widmete. [Mehr hierzu auf dem Autorinnen-Blog - siehe u.g. URL]


Christa Blenk - 23. Dezember 2014
ID 8337
Die „Flemish Art Collection Museum of fine arts“ hat zusammen mit Palaexpo und Arthemisia Group diese Ausstellung organisiert. Kuratiert hat sie der deutsche Kunsthistoriker Till-Holger Borchert, der seit 2003 für das Groeningemuseum und das Arentshuis in Brügge tätig ist. Sie ist noch bis 18. Januar 2015 zu sehen.

Weitere Infos siehe auch: http://www.scuderiequirinale.it


Post an Christa Blenk

eborja.unblog.fr




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