Tel-Aviv-
Bilder von
Norbert
Bisky
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Bewertung:
Der ausgebrannte und zur Hälfte ins Asphalt geklemmte Bus vorm Eingangstor der Galerie Auf Bötzow [s. obiges Plakat] kam mir bekannt vor. Irgendwo hatte ich den schon mal gesehen - ja:
Er war zentrales Bühnenbildmotiv von Norbert Bisky für das Staatsballett Berlin, das vor zwei Jahren im Berliner Berghain mit dem dreiteiligen Tanz-Spektakel MASSE [so dann auch der gleichnamge Titel dieser Bisky'schen Installation] auftrat!
Jetzt "ziert" er, wie als wäre er das eigentliche Eingangsmotto seiner Ausstellung, die BALAGAN [eine Vokabel aus dem Persischen, die sich mit Wirrwar oder Chaos übersetzen lassen könnte und wohl auch v.a. das Urbane einbegreift] betitelt ist, den derart unwirtlich gemachten Platz. Er ist gleichsam von hebräisch beschrifteten Absperrgittern umzäunt, was ziemlich derb darauf verweist, dass das verunglückte Vehikel gar womöglich einer von den Linienbussen im Land Israel gewesen sein könnte; dort fliegen ab und an durch (Selbstmord-)Attentate hie und da die einen oder anderen Gerätschaften herum; menschliche Todesopfer inbegriffen.
Israelis gehen mit dem Dauer-Clinch, den ihnen fast "naturgemäß" die Palästinenser - insbesondere die Scharfmacher und Sympathisanten der Hamas - bereiten, relativ gelassen um. Sie wissen, dass dieser Konflikt, dessen Entschärfung und/oder Bereinigung eigentlich Sache ihrer jeweiligen Volksvertreter ist, solange fortbesteht, solange keine für die beiden Seiten akzeptabele und gleichberechtigte (Zwei-)Staatenlösung existiert... In Tel Aviv, der vielleicht allerwestlichsten und "fremdländischsten" Stadt im Nahen Osten, hegen (nicht nur westliche) Besucher und/oder Touristen dieses komische und fast nicht zu beschreibende Gefühl, besonders sicher und besonders angekommen-aufgehoben dort zu sein. Eine schon heitere und beinah laxe Stimmung, die sofort Vertrauen schafft; sehr viele junge, schöne Menschen beiderlei Geschlechts tragen feldgrüne Uniformen und geladene MP's, es könnten wohl auch UNSERE Kinder und Enkel sein, die UNS beschützen, und die abgedroschenste Verklärung hierfür sollte die politische Vokabel jener sog. "Wertegemeinschaft" ausmachen, die UNS (= die Westler) mit dem Staate Israel so dauerhaft verbindet.
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"Die meisten Werke sind in Tel Aviv entstanden. Hier hat Bisky im Rahmen eines Ateliertauschs mit seinem Künstlerkollegen Erez Israeli von Januar bis März gearbeitet. Doch Bisky hat mehr erlebt als Terror. Er war schon oft dort und liebt die Stadt. 'Ich mag gar nicht weg hier', sagte Bisky kürzlich in einem Interview. Die Bauhaus-Architektur, die Palmengärten, die kleineren Dimensionen auch im Hinblick auf die Kunstszene und die direkte Auseinandersetzung mit der deutsch-israelischen Vergangenheit: all das fasziniert Bisky." (Quelle: boetzowberlin.de)
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© Norbert Bisky, Rehov, 2015; Courtesy Galerie Crone, Berlin, Sammlung HGN
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© Norbert Bisky, Tallit, 2015; Courtesy Galerie Crone, Berlin, Sammlung HGN, Foto: Bernd Borchardt
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© Norbert Bisky, Rebelde, 2014; Courtesy Galerie Crone, Berlin, Sammlung HGN, Foto: Bernd Borchardt
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Norbert Bisky scheint ein sehr sonnenbejahender und farbenfroher Mensch zu sein. Seine sportiven Jüngslingsgestalten - egal ob im Groß- oder im Kleinformat verewigt - haben etwas Leitmotivisches an sich. Sie stehen (was man dann auch meistens auf den Bildern eindeutig erkennt) für dieses ungestüm-unschuldige Gefühl will sagen Grundgefühl von "Strand und Meer" und Spiel & Spaß und - jener grundsätzlichen Freude und Genugtuung an körperlicher, menschlicher Schönheit, wie sie unvermeidlich insbesondere den Malern ganz zueigen sein dürfte. Das hat was Winckelmann'sches. Es ist zeitlos, es ist hocherotisch.
Ungefähr ein Dutzend neuer (noch in diesem Jahr 2015!) gemalter Bilder zeigt die Ausstellung.
Doch nicht nur dieses Spielerische und Verspielte "seiner" vielen Jünglinge wird (wieder) deutlich, sondern auch interessante Querverweise zu den Orten/Örtlichkeiten nahe resp. außerhalb von "Strand und Meer". Wir sehen in Weeping song einen steinwerfenden jungen Palästinenser, wir erkennen in 4. 2. 2015 eine "Strand und Meer" pulverisierende Explosion, wir deuten in den Fruit bats angreifende Bomber...
way to the studio zeigt vielleicht sein temporäres Atelier in Tel Aviv, wo Bisky seine neuen Bilder malte.
In allen Werken schlummern (auch! na logisch) weitführendere Motive und Geschichts- sowie Geschichtenpunkte außerhalb des Themenmittelkreises Tel Aviv, und sie verweisen permanent auf buntes, sexuelles Treiben wie "Gewalt und Leidenschaft"; die mannigfaltigen Gesichter und Gesichtsausdrücke haben da was ziemlich Unbeteiligtes (wohl auch am generellen Treiben mit sich selber und den jeweiligen Gegenübern). Keine der Konfetti-Party's findet etwa nachts statt - außer 4. 2. 2015 oder Fruit bats...
Städter (mit ohne Städterinnen?) halt - so auch in Tel Aviv.
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Andre Sokolowski - 3. April 2015 ID 8552
BALAGAN (Auf Bötzow | 27.03.–30.8.2015)
Öffnungszeiten:
Do - Sa | 15 – 20 h
So | 14 – 18 h
Der Eintritt ist frei.
Auf Bötzow
Atelierhaus
Prenzlauer Allee 242
10405 Berlin
Weitere Infos siehe auch: http://www.boetzowberlin.de
Post an Andre Sokolowski
http://www.andre-sokolowski.de
Siehe auch: Kurzportrait von EREZ ISRAELI
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