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Installationsansicht von Dreams&Dramas. Law as Literature in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin | Bildquelle: ngbk.de

Bewertung:    



Dreams&Dramas. Law as Literature heißt die Ausstellung, die man derzeit in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst in Berlin-Kreuzberg besichtigen kann.



Die mit schönen Lettern gestaltete Eingangsfront zur Ausstellung Dreams&Dramas. Law as Literature in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin | Foto: Gisela Herwig


"Die Ausstellung schlägt eine andere Lesart von Rechtstexten vor, um das Netzwerk unserer gegenseitigen Beziehungen und unsere Verbindung zu verschiedenen Gemeinschaften neu abzustecken: Gegenüber den territorialen, aber auch den ad hoc aufgebauten Gemeinschaften, die sich nicht auf Bande des Blutes oder des Bodens stützen, sondern auf Überzeugungen. Die Ausstellung stellt Fragen danach, wie das Recht uns buchstäblich erschafft - als Personen sowie als Staatsbürger_innen - indem es uns den Rahmen unserer Präsenz im öffentlichen Raum absteckt - auch deren Legalität oder Illegalität. Außerdem geht es um Bedeutungsunterschiede zwischen Begriffen wie 'civil body', 'legal thing' oder 'legal slave'. Welche rechtlichen Rituale und Narrative beeinflussen unsere Existenz und deren Form?"

(Quelle: ngbk.de)


Der Saal - im durchgehbaren "Anschluss" der schönen und gemütlichen Buchhandlung Kisch & Co. - ist v.a. mit flimmernden Monitoren hie und da bestückt; man kann sich dann bereithängende Lautsprecher überstülpen und die bewegten Bilder, die da permanent in Endlosschleife laufen, kommentiert kriegen...

Es sind dann auch zahlreiche optische Exponate an den Wänden zu sehen; zumeist sind es Blätter mit viel (Rechts-)Text - alle Werke, oder die meisten von ihnen, haben komplizierte englische Titel.

Besuchsvorbereitende Aufklärung entnimmt man am besten dem Webauftritt der ngbk, wo (zur konkreten Ausstellung) dann das noch hier zu finden ist:



"Das Recht organisiert unsere Realität auf eine totale Weise. Aus physischen Zuständen und Erfahrungen (wie beispielsweise ‚Armut‘ oder ‚Natur‘) erschafft es einen konkreten Begriff und verleiht ihm autonome Bedeutungen. Man könnte sagen, dass das Recht Bruchteile der Realität destilliert, um sie dann wie auf einem Fließband zu einem konkreten Bild, einer Parallelwelt, zusammenzusetzen. Ein juristischer Text erschafft die Realität während er sie gleichzeitig beschreibt und wirkt dabei wie ein Monteur der gesellschaftlichen Beziehungen. Diese ambivalente Natur gibt Anlass zu der Frage, wie wir diese doppelte Dimension von Recht nutzen und die eigene Handlungsfähigkeit wiedererlangen können, um die gesellschaftliche Ordnung neu zu beschreiben. Die narrativen Techniken nehmen eine Montage des gesellschaftlichen Lebens vor, folgen dabei den Überzeugungen jener, die die Macht haben zu benennen (einen Rechtstext zu schreiben) und auszuführen. Bruno Latour zeigt in 'The Making of Law' (2010) das Recht als ein Gewebe, das nicht auf eine redaktionelle Einheit reduziert ist: 'Law does not reside in the law, but equally in the context of application which they have seen with their own eyes and with which they have sometimes violently collide'.

Die Ausstellung nimmt Latours Intuition auf, dass sich das Recht in den Alltag einnistet. Es wird als eine Konstruktion gezeigt, die nicht aus der Lebensordnung herausabstrahiert wird. Das Recht ist mehr als ʹder Buchstabe des Gesetzesʹ. Es ist untrennbar mit der Anwendung, mit Lesegewohnheiten, mit der Choreografie der Bewegung im Text und der Interpretation verbunden – Recht als Gerechtigkeit und Gerechtigkeit als Recht."


(Quelle: dto.)



Detail-Totale der Ausstellung Dreams&Dramas. Law as Literature in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin | Foto: Gisela Herwig


*

Am spannendsten für mich war die ganz hinten links im Saal gezeigte Videoprojektion The Visible and the Invisible von Olivier Ressler. Da erfuhr ich 20 Minuten lang beeindruckend Entlarvendes zum Schweizerischen Rohstoffhandelskonzern Glencore, der - ohne jede Rücksicht auf Verluste v.a. ökologischer oder humanitärer Art - in Sambia (beispielsweise) unter unsäglichen Begleitumständen Kupfer fördern lässt, wobei alles für ihn wahrscheinlich "rechtens" (also ganz im Einklang mit bestehenden Gesetzestexten) wäre... - Der Künstler flüstert einen anklagenden und die ganzen Machenschaften dieses megakapitalistischen Ausbeuterunternehmens fast schon persiflierenden Subtext - prallel zu ihm wird sachlich-ernst auf die diversen Machenschaften des besagten Syndikats ganz "nüchtern" hingewiesen; und das Alles ist mit hellgrau-weißen und verwischt scheinenden Original-Filmdokumenten unterlegt.

* *

Ja, stellenweise hochinteressante Schau, obgleich aus Sicht der sie besucht habenden Rezipientin allzu kopflastig.


Gisela Herwig - 15. März 2017
ID 9909
Dreams&Dramas. Law as Literature (neue Gesellschaft für bildende Kunst, 10. März – 7. Mai 2017)

Ausstellung, Veranstaltungen, Publikation:

Carlos Amorales, Anca Benera & Arnold Estefan, Patrick Bernier & Olive Martin, Monika Drożyńska, Debora Hirsch & iaia filiberti, Ivan Jurica, franck leibovici & Julien Seroussi, Grzegorz Królikiewicz, Bruno Latour, Rupali Patil, Oliver Ressler, Alicja Rogalska

Ausstellungsraum:
Täglich 12–19 Uhr
Mi–Fr bis 20 Uhr

Adresse:
Oranienstraße 25
10999 Berlin


Weitere Infos siehe auch: http://ngbk.de


Post an Gisela Herwig



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