Zuloaga
zu entdecken
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Halbfigurenbildnis eines Picadors (1910) von Ignacio Zuloaga | Cover des Ausstellungskataloges vom Deutschen Kunstverlag, 2023
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Bewertung:
Viele werden sich sicher beim Titel der Ausstellung fragen: Bitte wer? Denn in der Tat ist Ignacio Zuloaga (1870-1945) in Deutschland ein nahezu Unbekannter – oder man sollte besser sagen: Er ist in Vergessenheit geraten. Denn zu seinen Lebzeiten war der spanische Maler aus dem Baskenland hierzulande ausgesprochen populär. Die Mythos Spanien, die große Zuloaga-Schau im BUCERIUS KUNST FORUM, lädt nun zum Wiederentdecken des Künstlers ein.
Und das ist durchaus lohnenswert. Denn Zuloaga ist ein singuläres Phänomen in der Geschichte der spanischen Malerei, reiht sich aber zugleich in eine lange Tradition ein. Zitate der großen Maler des Goldenen Zeitalters, Spuren von Velásquez und El Greco lassen sich in vielen Werken finden. Aus einer Familie von Kunstschmieden stammend, entschied sich Zuloaga früh für die Malerei. Die Präsenz der Linie (man könnte fast von Dominanz sprechen) in seinen Werken ist ein Erbe der Arbeit als Graveur. Streng genommen könnte man also sagen: Er malt nicht, er malt aus. Diese Präsenz der Linie trägt zum Wiedererkennungswert seiner Bilder, zu deren individuellem Stil, nachhaltig bei.
Inhaltlich geht es Zuloaga vor allem darum, in seinen Bildern „Wahrheit“ zu zeigen. Wahrheit, das bedeutet für ihn: die Seele der einfachen Menschen Spaniens. Doch es ist kein quasi-dokumentarischer Realismus, den wir in seinen Gemälden finden – sie sind durch und durch inszenierte Abstraktion und symbolisches Destillat dessen, was er als die „Wahrheit“ der einfachen Menschen und der Marginalisierten ansieht. Und diese symbolische Darstellung ist vielschichtig: Der besondere künstlerische Wert von Zuloagas Werk liegt mindestens zum Teil auch darin begründet, dass die Bilder auf so vielen Ebenen lesbar und so für verschiedene Zielgruppen interessant sind. Dass diese Vielschichtigkeit keineswegs zufällig ist, belegen Notizen des Künstlers auf verschiedenen Skizzen, in denen die Bedeutung konkreter Elemente der Gemälde festgehalten sind.
Zu Lebzeiten kommerziell international ausgesprochen erfolgreich, prägten seine Gemälde nachhaltig das Bild von Spanien in der Welt – den "Mythos Spaniens“. Zum Leidwesen vieler Spanier, die ihm „unpatriotisches“ Verhalten vorwarfen: Dieses Bild Spaniens sei zu sehr vom Ausland geformt, hieß es. Bis heute ist Zuloaga in seiner Heimat umstritten – nicht ausschließlich, aber auch aus diesem Grund.
Rund 80 Werke aus der ganzen Welt hat man für diese als Kooperation zwischen der Kunsthalle München und dem BUCERIUS KUNST FORUM entstandene Ausstellung zusammengetragen. Es ist also eine umfassende Zuloaga-Ausstellung, die in ähnlicher Form wohl so schnell nicht wieder realisierbar sein dürfte. Schon deshalb lohnt ein Besuch. Gegliedert ist die Ausstellung in mehrere thematische Kapitel, die einen wirklich systematischen Zugang zum Schaffen des Künstlers ermöglichen.
Und nicht zuletzt muss man den Organisatoren beipflichten: Man sollte Zuloaga in Deutschland wiederentdecken. Denn abgesehen von der historischen, kulturellen und formal-künstlerischen Bedeutung seines Werks ziehen einen die Gemälde unmittelbar in ihren Bann: Obwohl seine „einfachen Menschen Spaniens“ Typen sind – es werden oftmals dieselben Modelle für verschiedene „Rollen“ verwendet – wirken sie auf faszinierende Weise lebendig, echt und – ja: „wahr“.
Fazit also: Unbedingt anschauen! Zu sehen ist Mythos Spanien noch bis zum 26. Mai 2024.
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Ignacio Zuloaga, Meine Cousinen auf dem Balkon | Privatsammlung; Bidquelle: BKF
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Ann-Kristin Iwersen - 21. Februar 2024 ID 14618
Zu der Ausstellung ist ein Ausstellungskatalog erschienen:
Roger Diederen, Nerina Santorius, Carlos Alonso Pérez-Fajardo (Hrsg.)
Mythos Spanien. Ignacio Zuloaga
Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2023
Weitere Infos siehe auch: https://www.buceriuskunstforum.de/
Post an Dr. Ann-Kristin Iwersen
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