BAUHAUS
für Eilige
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Balkonfassade des rekonstruierten Bauhaus-Gebäudes in Dessau | Foto (C) Gisela Herwig
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Hundert Kilometer, ungefähr, sind's von Berlin nach Dessau. Mit der Bahn ist man anderthalb Stunden unterwegs. Es dauert derart lange, weil der Zug (einschließlich Dessau Hbf. und Hbf. Berlin) 18mal halten muss. Gemütlichkeitsschunkeln im Regionalexpress - vor ein paar Jahren wurde Sachsen-Anhalt aus dem ICE-Netz, weil es sich nicht rechnete, entfernt; den Schnellverbindungen-Zuschlag bekam Lutherstadt Wittenberg. So schnell also kann eine Stadt in die Provinz abrutschen - - aber Stopp!
Provinz? Niemals.
Dessau hat immerhin sein weltberühmtes Bauhaus.
Und das Bauhaus Dessau (wenn wir schon von Dessau reden wollen und hier - nicht nur zufälliger Weise - "abgestiegen" sind) zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.
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Bauhaus Dessau | Foto (C) Gisela Herwig
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Bauhaus an sich ist eine Institution. Das sog. Staatliche Bauhaus - 1919 von Walter Gropius als Kunstschule in Weimar gegründet - führte Architektur, Kunst, Handwerk und Design zusammen; Theorie und Praxis bildeten hier (erstmals überhaupt im 20. Jahrhundert) eine untrennbare Einheit; Unterscheidungen von "Künstlern" sowie "Handwerkern" wurden in kongenialer Programmatik einer Arbeitsgemeinschaft programmatisch aufgehoben. Es bestand von 1919 bis 1933 und war avantgarde Heimstätte der Klassischen Moderne für die freie und die angewandte Kunst.
Im Jahre 1925 zog das Bauhaus nach Dessau um; während der Weimarer Republik galten Lehrer, Schüler, Fans der Einrichtung als allzu links und internationalistisch, was den damaligen rechten Parteien ein Dorn im Auge war und weshalb das Bauhaus finanziell und politisch durch die Thüringer Regierung unter Druck geriet. 1932 verlegte es sich als private Einrichtung nach Berlin-Lankwitz. Und spätestens in 1933 trieben die Nationalsozialisten ihre Repressalien mittels Hausdurchsuchungen, Versiegelungen und Studentenverhaftungen soweit, dass sich das Bauhaus schließlich selbst auflöste; viele seiner Mitglieder emigrierten und verbreiteten ab da noch mehr den internationalen Ruf, den es längst hatte - und zwar weltweit...
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Eines der sogenannten Bauhaus-Meisterhäuser in Dessau | Foto (C) Gisela Herwig
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Im Zuge des 1925er Bauhaus-Umzuges von Weimar nach Dessau initiierte Bauhausgründer Walter Gropius die Errichtung einer Reihe von Wohnhäusern für die (mit umgezogenen und auch neu angeworbenen) Bauhausmeister; gemeint waren die damaligen Lehrer, die sich halt nicht "Professor", sondern "Meister" nannten.
"Für das Haus des Direktors und die drei Doppelhäuser wurde ein Gelände an der damaligen Burgkühnauer Allee in fußläufiger Entfernung zum Bauhausgebäude gewählt. Wie beim Bauhausgebäude war die Stadt Dessau der Auftraggeber. Die Bauhausmeister wohnten zur Miete, die bedingt durch Größe und besondere Ausstattung der Häuser nicht gering war.
Den Künstlern standen hier großzügige Ateliers zur Verfügung, deren verglaste Fronten zu den bemerkenswertesten Gestaltungselementen der Häuser gehören. Neben der Einheit von Form und Funktion ist die intensive Farbgebung - Kandinsky und Klee nutzten ihre Räume zu faszinierenden Experimenten mit dem Gestaltungselement Farbe - bemerkenwert.
Mit den Meisterhäusern sollte auch eine neue Art zu wohnen demonstriert werden. Besonders das Haus Gropius wies eine Fülle bemerkenswerter Details auf, vom begehbarem Kleiderschrank über die 'Heißwasser-Soda-Dusche' der Spülküche bis zum zusammenschiebbaren Doppelsofa. Auf diesem Gebiet sollte sich die damalige Voraussicht von Gropius bestätigen: 'heute wirkt vieles noch als luxus, was übermorgen zur norm wird', schrieb er 1930 mit Bezug auf die Innenausstattung der Meisterhäuser."
(Quelle: meisterhaeuser.de)
Fünf der ursprünglich sieben Meisterhäuser sind entlang der Dessauer Ebertallee zu besichtigen. Hier wohnten früher solche Koryphäen wie Lyonel Feininger mit seiner Frau Julia und seinen drei Söhnen, Georg und El Muche, Oskar und Tut Schlemmer mit ihren drei Kindern, Wassily und Nina Kandinsky, Lily und Paul Klee mit Sohn Felix und selbstredend das Ehepaar Ise und Walter Gropius.
Sie galten als Musterhäuser für modernes Wohnen. Kennzeichnend für ihre Architektur ist die jeweils kubische Form mit Flachdach, großen und einfarbigen Flächen und ebenso großen Fenstern mit großen Terrassen und Balkonen sowie zahlreichen Türen; man gelangt von fast jedem Raum durch eine Tür nach draußen. In den Atelier-Fenstern spiegeln sich die Bäume vor den Häusern wider...
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Eine sachkundige Führung durch das Bauhaus Dessau - vor bzw. nach dem etwa knapp einstündigen (gemütlichen) Erkunden der entfernt geleg'nen Meisterhäuser - dauert ca. eine Stunde; doch auch ohne "Anleitung" kommt man schon klar und wäre dementsprechend etwas schneller fertig.
"Die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau enthält rund 40.000 Objekte und Dokumente zur Geschichte des Bauhauses mit einem Schwerpunkt auf die Dessauer Jahre von 1925 bis 1932. Etwa 100 ausgewählte Exponate sind im Moment dauerhaft in der Sammlungspräsentation im Bauhausgebäude zu sehen. Die Ausstellung widmet sich der visionären Bauhauspädagogik und zeichnet anhand von Originalentwürfen und Werken zahlreicher Bauhausschüler die richtungsweisende Einheit von Lehre, Künsten, Architektur und Produktgestaltung nach. Zugleich vermittelt sie einen Einblick in das Leben und das Wirken der Menschen am Bauhaus in Dessau."
(Quelle: bauhaus-dessau.de)
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Eines der Plakate zu einer der Sonderausstellungen im Bauhaus Dessau Foto (C) Gisela Herwig
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Ab 2019 erfolgt die Eröffnung des Bauhaus Museum Dessau; dann wird die umfangreiche Sammlung in einem bedeutend umfangreicheren Ausstellungskonzept zu besichtigen sein.
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Gisela Herwig - 9. August 2017 ID 10182
Weitere Infos siehe auch: http://www.bauhaus-dessau.de
Post an Gisela Herwig
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