BÜROKRATIE-MUSEUM
Eine temporäre Kampagne der in Berlin ansässigen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
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Nicht etwa dass "es" Bestandteil der Berliner Museumslandschaft wäre, wird "es" dennoch als solches (also als "Museum") im Web ausgewiesen; und da reicht schon völlig aus, wenn du als Suchbegriffe "Museum" + "Berlin" eingibst, falls du rein informativ erfahren wolltest, welches Museum in Berlin was zeigte...
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Das sog. BÜROKRATIE-MUSEUM befindet sich im Erdgeschoss eines achtstöckigen Bürogebäudes in der Georgenstraße 22 (in bester und wahrscheinlich auch nicht billiger Lage, direkt gegenüber vom Bahnhof Friedrichstraße), auf dessen Klingelschilder unter anderem solche Mieter wie die Salzgitter AG, die PERMACON GmbH, GGHW Rechtsanwälte + Notar, die Brüninghoff Group oder halt die INSM Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (im 7. Obergeschoss) zu lesen sind.
Letztgenannte ist ein aus 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehender und sich als "Denkfabrik für marktwirtschaftliche Themen" verstehender Lobby-Verein:
"Sie wirbt transparent und offen bei Politik und interessierter Öffentlichkeit für die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Die INSM wird von den Verbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanziert. Von ihrem Anliegen einer modernen Sozialen Marktwirtschaft profitieren aber nicht nur Unternehmen, sondern alle Teile der Gesellschaft.
Die INSM denkt und handelt parteiübergreifend. Ihre Unterstützer kommen aus dem gesamten demokratischen Spektrum. Für die INSM zählt nicht das Parteibuch, es zählen Sachargumente und Lösungsansätze, welche die Soziale Marktwirtschaft stärken. Wir pflegen mit allen politischen Entscheidungsträgern und demokratischen Parteien das Gespräch und den fachlichen Dialog. Unser Interesse ist die feste Verankerung der Sozialen Marktwirtschaft in der Gesellschaft."
(Quelle: insm.de)
Und von ihr, jener INSM [s.o.], stammt halt diese putzige Idee mit dem BÜROKRATIE-MUSEUM.
Von der geschäftshäuslichen Lobby aus betritts du einen ausgehöhlten Mammutbaumstamm, der dich zielbestimmt durch einen Paragrafendschungel zu den weiteren sieben Anschauungsräumen führt.
Grundtenor des Ganzen ist, wie unschwer zu erwarten gewesen wäre, die leitmotivische Formel (mit meinen eig'nen Worten ausgedrückt): Bürokratie ist eine dickleibige Scheiße, denn sie hemmt und hindert, wo's nur geht.
Das, was wir sehen, lesen und hören, kommt gottlob ziemlich ironisch zu dir rüber, sagt dir allerdings letztendlich auch nichts Neues außer dass man/frau dem typisch deutschen Riesenmonster, nämlich der Bürokratie an sich, zu Leibe rücken sollte...
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Durch diesen installierten Paragrafendschungel gelangt man in die Ausstellung des temporären Bürokratie-Museums in der Berliner Georgenstraße 22 | Foto: KE
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Am Ticket-Schalter liegen zum einen der kostenlose 44-seitige Ausstellungskatalog und zum anderen (auch kostenlos) die aktuelle Cicero-Ausgabe mit der Titelstory zu "Habecks Geheimakten" aus; man kann beides mitnehmen und später in der Bahn oder zuhause nachlesen; dass das Zweitgenannte so vordergründig ausliegt, hat dann wiederum mit einer ganzseitigen Anzeigenwerbung zum BÜROKRATIE-MUSEUM (auf Seite 2) und/oder mehr noch mit einer spezifischen Gerichtung dieses politkulturellen Kampfblatts à la "Wie die Grünen beim Atomausstieg getäuscht haben" (s. Titelstory), was dann wiederum den arbeitgeberfreundlichen Anschauungen der INSM womöglich nicht ganz unsympathisch gewesen sein dürfte, zu tun.
Das Pfiffigste der Ausstellung ist sicherlich der DADDY STAAT-Darkroom:
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Im DADDY STAAT-Darkroom des temporären Bürokratie-Museums in der Berliner Georgenstraße 22 | Foto: KE
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"Welche Gefühle löst Bürokratie bei Ihnen aus? 42,9 Prozent der Deutschen verspürt Wut, Zorn und Aggression, ein Viertel fühlt sich ohnmächtig oder allein gelassen. Ähnlich viele denken an Flucht, haben schlichtweg Angst oder sind verwirrt. Manche sogar so sehr, dass sie gar nicht wissen, welche Gefühle Sie gegenüber der Bürokratie haben sollen (5 Prozent). Diese Zahlen zeigen alle vor allem eins: Die Bürokratie fühlt sich für viele Menschen mittlerweile an wie eine Strafe. Aber keine gerechte. Und den meisten Unternehmen geht es nicht anders. In Zukunft wollen 60 Prozent von ihnen auf Investitionen verzichten, wegen der Bürokratie. Nie wurde unsere Wirtschaft mehr gefesselt als mit dem Lieferkettengesetz. Und wie sich das alles anfühlt, können die Besucher im Raum 'Daddy Staat' am eigenen Körper erfahren." (Quelle: insm.de)
Du stehst also in diesem DADDY STAAT-Darkroom und wirst - abwechselnd von einer Frauen- und einer Männerstimme - bedrohlich und von Staats wegen als permanent zu beobachtender Staatsbürger (sprich Steuerzahler) vorgeführt. Um dich herum findest du dann so für SM-Studios typische "Folterutensilien" wie Peitsche, Handschellen, Gesichtsmaske, Lederkorsett u.ä. Ja und du fühlst dich plötzlich ungeheuer klein und hilflos, und du fragst dich umkehrschlüssig, ob dir dieser masochistisch anmutende Zustand irgendwie noch Lust bereiten könnte oder ob er letztlich doch und gegen deinen Willen übergriffig aus dir rausgekitzelt wurde... Wie entkommen aus der Falle?
Am besten sich beschweren, also schriftlich und per Einschreiben.
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Das BÜROKRATIE-MUSEUM schließt am 25. Juni.
Und es wird bis dahin nicht sehr viel an Wissensmehrgewinn gebracht haben, vermute ich.
Es wäre auch bisher (auf meine nebensächliche Nachfrage am Ticketschalter) nur mäßig besucht worden.
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Blick in einen der Ausstellungsräume des Bürokratie-Museums in der Berliner Georgengasse 22 | Foto: KE
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Andre Sokolowski - 15. Mai 2024 ID 14748
Bürokratie-Museum
Georgenstraße 22
10117 Berlin
info@insm.de
Öffnungszeiten (nur noch bis zum 25. Juni 2024)
Mo - Fr | 10 - 17 h
Sa, So, feiertags | geschlossen
Eintritt frei
Weitere Infos siehe auch: https://www.insm.de/buerokratiemuseum
https://www.andre-sokolowski.de
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