LEOPOLD
MUSEUM
in Wien
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Foto: Jean-Noel Pettit
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Die Missstände um 1900 in den endlosen Armenviertel, der Glanz der prächtigen Ringstraße, die Kampfansage der Mitglieder der Wiener Secession an den starren Hochadel der Donaumonarchie und die Moderne, die lautstark an die Tür klopfte und Einlass verlangte, schafften um 1900 eine Plattform, die eine große Zahl von Intellektuellen und Künstlern hervorbrachte. Malerei, Literatur, Musik, Tanz, Theater und Architektur, aber auch Medizin, Philosophie und Psychologie fusionierten in der Wiener Secession und revolutionierten ab 1897 die Welt. Gründungsmitglieder waren neben Gustav Klimt, Koloman Moser, Karl Moll, der Architekt Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbricht, der das Ausstellungshaus der Secession entwarf. Als Vorbild diente die Münchner Secession, die ein paar Jahre früher entstand.
2001 wurde in Wien das LEOPOLD MUSEUM eröffnet, um einer umfangreichen Schiele- und Klimt-Sammlung eine Heimat zu geben. Der Wiener Augenarzt und Kunstsammler Rudolf Leopold und seine Frau Elisabeth begannen in den 1950er Jahren mit Engagement, Geld und Gespür für Kunst eine unglaubliche Sammlung zusammenzukaufen. Damals waren heute unbezahlbare Kunstwerke von Egon Schiele und Gustav Klimt noch erschwinglich. 1994 wurde ein Großteil der Gemälde in die Leopold Museum Privatstiftung eingebracht. Der weiße Quader des LEOPOLD MUSEUMs ist aus Muschelkalk und liegt genau gegenüber eines schwarzen Quaders (Museum moderne Kunst Stiftung Ludwig). Beide Bauwerke bilden einen interessanten Kontrast zu den Gebäuden der ehemaligen k.k. Hofstellungen. Das Architektenbüro Ortner & Ortner hat diesen lichtdurchfluteten, hellen Kubus entworfen. Über eine große Freitreppe erreicht man den Museumseingang. Auf mehreren Stockwerken und 5.400 qm Ausstellungsfläche begegnet der Besucher den künstlerischen Höhepunkten um 1900.
Die Exponate im Erdgeschoss sind allesamt Werke, die die Zeit vom Expressionismus bis zur Neuen Sachlichkeit abdecken. Der österreichische Expressionismus nimmt in erster Linie nicht Bezug auf Munch, Van Gogh oder Cezanne. Er entwickelte sich aus dem Symbolismus, dem Wiener Jugendstil, dem Barock und dem osteuropäischen Kubismus und appellierte an die Verwundbarkeit der Menschheit Menschen. [s. Foto unten]
Die beiden oberen Stockwerke setzen sich mit der Kunst in der österreichischen Hauptstadt um die Jahrhundertwende auseinander.
Wien 1900 ist der Titel der Dauerausstellung mit circa 1.300 erstklassigen internationalen und österreichischen permanenten Leihgaben. Die Hauptpersonen sind zwei wegweisende Künstler, die um 1900 eine bedeutende Rolle spielten: Gustav Klimt (1862-1918) und Egon Schiele (1890-1918). Schiele, die schillerndste Figur der Wiener Moderne, verstarb mit nur 28 Jahren an der Spanischen Grippe. Selbstdarstellungen, Porträts, Landschafts- und Städtebilder hat er hinterlassen. An keinem Ort der Welt kann man so viele Schiele-Bilder auf einmal sehen. 44 Gemälde, 200 Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken beherbergt das Leopold Museum von diesem triebgesteuerten Künstler. Seine Selbstinszenierungen sind radikal und obsessiv und oft an der Grenze des anatomisch möglichen. Schonungslose Gestik, Mimik, Nacktheit, androgyne Sexualität und Fragmentierung bestimmen seine Kunst. Die Natur spielt eher keine Rolle in seinen Bildern, dabei war sie für ihn ein wichtiger Rückzugsort der Regenerierung. Gustav Klimts Anfangsarbeiten standen noch voll in der Tradition der Gründerzeit, die Zeit der realistischen Porträts und idyllischen Landschaften. Das Leopold Museum besitzt Werke dieses Hauptvertreters des Wiener Jugendstils aus allen Schaffensperioden. Hervorzuheben ist die Allegorie „Tod und Leben“ (1911). 2020 kam noch ein bedeutendes Werk von Klimt hinzu. Das Deckengemälde aus dem Jahre 1886 für das Wiener Burgtheater, "Der Altar des Dyonisos". Auch Oskar Kokoschka, Richard Gerstl und Koloman Moser sind mit vielen Kunstwerken vertreten.
Abgesehen von der hervorragenden, permanenten Sammlung organisiert das Leopold Museum Wechselausstellungen. Die Schau Rudolf Wacker (1893-1939). Magie und Abgründe der Wirklichkeit, ist noch bis Mitte Februar zu sehen. Die andere Ausstellung im zweiten Untergeschoss, Poesie des Ornaments (Backhausen Archiv) befasst ich mit Möbel- und Dekorstoffproduzenten der Wiener Geschichte und endet am 9. März 2025.
Das LEOPOLD MUSEUM beherbergt heute die weltweit größte Sammlung von Werken des österreichischen Expressionismus. Dazu gehört auch eine beachtlich Sammlung von Möbelstücken des Wiener Jugendstils und der Wiener Werkstätte. An die 8.300 Exponate umfasst die Sammlung Leopold, darunter viel österreichische Kunst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Moderne, die sich mit den Gegensätzen in Wien um 1900 auseinandersetzen, sie zerpflücken.
Im ersten Stock befindet sich der Museums Shop. Darüber ein sympathisches Café, das man auch von außen direkt aufsuchen kann. Die Kunst hat viel Platz in den großen, hellen Räumen.
Diese Wunderkammer der Moderne öffnet täglich von 10 bis 18 Uhr (außer dienstags) seine Türen und gehört unbedingt auf die to do-Liste für einen kulturellen Wien-Aufenthalt.
Das LEOPOLD MUSEUM liegt im Museums Quartier (MQ) direkt hinter dem Kunsthistorischen Museum.
Der Eintrittspreis beträgt 17 Euro.
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Blick in einen der Ausstellungsräume des Leopold Museums Wien | Foto: Jean-Noel Pettit
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Christa Blenk - 11. Dezember 2024 ID 15051
Weitere Infos siehe auch: https://www.leopoldmuseum.org
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