MUSÉE DES ÉGOUTS DE PARIS
Die Pariser Kanalisation
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In Paris gibt es knapp 170 Museen. Die großen staatlichen Museen wie der Louvre, Museen der Stadt Paris und die privaten Museen. Aber längst nicht alle sind der Kunst oder Künstlern gewidmet. Es gibt ein Museum für Holographie und ein Sportmuseum, ein Weinmuseum, ein romantisches Museum und ein Museum der Geschichte der Stadt Paris etc. etc. Es gibt praktisch zu jedem Thema ein Museum.
Ein Erlebnis besonderer Art ist der Besuch des Musée des Égouts de Paris (dt.: Abwasser-Museum in Paris). Der Eingang hierzu liegt dort an der Seine, wo auch die Bateaux Mouches abfahren und den Touristen das bekannte und schöne Paris zeigen, dort, am Pont d'Alma, im 7. Arrondissements, in einem der schickeren Pariser Vierteln.
Vor dem Eingang des Museums steht ein Wallace-Brunnen. Das sind über die ganze Stadt verteilte Trinkwasserspender in Form von vier kleinen gusseisernen Skulpturen. Der wohlhabende Engländer Sir Richard Wallace hat die Installation Ende des 19. Jahrhunderts finanziert.
Das Kanalisationssystem erstreckt sich heute über 2.600 Kilometer an Galerien und Kanälen, also ungefähr eine Strecke von Helsinki nach Madrid. Jedes Jahr fließen über 300 Millionen Kubikmeter Regenwasser und Abwasser durch. Die Temperatur in dem Unterwelt-Labyrinth beträgt nicht mehr als 13 Grad, es ist feucht, riecht nicht nach Maiglöckchen, und sehr große Menschen müssen ständig den Kopf einziehen. Ab und zu hört man Wasser rauschen. Der Weg ist perfekt ausgeschildert, und man kann gut alleine zurecht kommen, aber es gibt auch Führungen. Das Museum ist didaktisch aufgebaut, und in Vitrinen an den Galeriewänden sieht man Gebrauchsgegenstände, Kleidung, Messinstrumente und Maschinen, die früher nötig waren, um die Anlage in Schuss zu halten und die Arbeiter zu schützen [s. Foto unterhalb].
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Foto: Christa Blenk
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Eine Warntafel informiert, dass eine Schließung aufgrund von Wasseranstieg im Abwassersystem oder betriebsbedingten Störungen möglich ist und man auf dem nassen Boden ausrutschen könnte. Schwangere Frauen, Kinder unter 5 Jahren, Personen, die unter Klaustrophobie leiden und sich durch die potentielle Anwesenheit von störenden Gerüchen gestört fühlen könnten, sollten von einem Besuch absehen. Es wird davor gewarnt, nicht über ein Geländer zu klettern und nichts zu berühren. Beim Verlasen der Anlage wird empfohlen, sich die Hände zu waschen.
Während der Weltausstellung 1867 gehörte ein Besuch in der Pariser Unterwelt zu den Pflichten und war sehr beliebt. Bis in die 1960er Jahren konnten die Besucher der Kanalisation noch auf einem Boot über die Abwässer schaukeln, jetzt sind davon nur noch die Fotos übrig geblieben, irgendwie dann doch schade.
„Paris hat ein anderes Paris unter sich, ein Paris der Kanalisation, das seine Straßen, seine Kreuzungen, seine Plätze, seine Sackgassen, seine Arterien und seinen Verkehr hat, der aus Dreck besteht, aber weniger menschlich ist.“
Das [s.o.] hat Victor Hugo in einem Kapitel von Les Miserables geschrieben.
Auch in den geheimnisvollen und verborgenen Eingeweiden von Paris, in dieser kalt-feuchten Stadt unter der brodelnden Stadt, haben die Straßen und Boulevards Namen.
Als Paris noch "Lutetia Parisiorum" hieß, wurde die Stadt von den Römern eingenommen und befestigt. Bis zum Mittelalter kam das Trinkwasser aus der Seine. Abwässer wurden auf den Feldern verteilt oder liefen einfach so die Gassen herunter. Im 13. Jahrhundert wurde der Grundstein für dieses unterirdische Labyrinth gelegt, die ersten Straßen gepflastert und mit Ablaufrinnen in der Mitte ausgestattet. Die Einwohnerzahl stieg immer mehr, dementsprechend die Abwässer, der Gestank und Krankheiten. Ende des 14. Jahrhunderts entstand in der Rue Montmartre ein erster gemauerter Kanal. Ludwig XIV. ließ am rechten Seineufer im Jahre 1700 einen Ringkanal errichten. Napoleon hat diesen erweitert und Anfang des 19. Jahrhunderts das erste Netz von Gewölbekanälen [s. Foto unterhalb] bauen lassen. 40 Jahre später konzipierten der Pariser Präfekt Baron Haussmann und der Ingenieur Eugène Belgrand das heutige Pariser Kanalnetz und die Wasserversorgung. Zwischen 1914 und 1980 entstanden über 1000 km neue Kanäle und Kläranlagen. In einem Film wird das alles erklärt.
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Foto: Christa Blenk
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Ganz so expressionistisch und aufregend wie die Jagd von Harry Lime durch die Wiener Kanalisation begleitet von Anton Karas Zithermusik ist es dann aber doch nicht, spannend allemal.
Den Gullydeckel allerdings betrachtet man nach dem Besuch mit anderen Augen.
Die Öffnungszeiten am besten vorher konsultieren. Der Besuch dauert nicht länger als eine Stunde. Der Eintritt kostet 7 Euro.
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Christa Blenk - 4. November 2024 ID 15000
Weitere Infos siehe auch: https://musee-egouts.paris.fr
Post an Christa Blenk
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