Ein Besuch im Museu de Arte Contemporânea de Serralves in Porto
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Casa de Serralves im Park Serralves mit Skulpturen von Alexander Calder | Foto: Stefan Bock
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Nordportugal ist im Frühjahr immer eine Reise wert. Wenn auch der Atlantik noch etwas rau ist, lädt die abwechslungsreiche Landschaft - etwa im Dourotal oder den Peneda-Gerês-Nationalparks - zum Wandern oder zum Besuch historischer Altstädte wie in Braga, Guimarães oder Porto ein. Die meisten touristischen und kulturellen Angebote bietet zweifellos die Metropolregion Porto um die Mündung des Douro. Die Altstadt Portos ist UNESCO-Weltkulturerbe und die Portwein-Keller am südlichen Douroufer in Vila Nova de Gaia sind ebenfalls weltberühmt.
Wem die Gassen der Altstadt mittlerweile zu voll und der Portwein über ist, dem sei der Besuch des MUSEU DE ARTE CONTEMPORÂNEA DE SERRAVLES empfohlen. Das Museum befindet sich in der 1932 von dem französischen Landschaftsarchitekten Jacques Gréber entworfen Gartenanlage Parque de Serralves. Der im ruhigeren westlichen Stadtteil Lordelo do Ouro gelegene Park bietet auf 18,43 Hektar im viktorianischen Stil angelegte Blumenrabatten und einen Rosengarten, Alleen mit Amerikanischen Amberbäumen und einem Baumwipfelpfad, aber auch einen ursprünglich ländlichen Teil mit Wiesen und Heideflächen im Süden des Parks. Im Norden residiert in der im Stil des Art déco entworfenen Casa de Serralves die staatliche Kunststiftung Fundação Serralves, die auch das Museum für zeitgenössische Kunst unterhält. Die Villa wurde zwischen 1925 und 1944 vom portugiesischen Architekten José Marques da Silva für den zweiten Grafen von Vizela, Carlos Alberto Cabral, als Sommerresidenz der Familie errichtet. 1987 gelangte das gesamte Anwesen in den Besitz des Staates Portugal, der hier über die Stiftung Serralves ein Museum für Moderne Kunst errichten wollte.
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Museu de Arte Contemporânea de Serralves | Bildquelle: visitportugal.com
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Eintritt erlangt man über den Museumsneubau, der von 1996-99 nach Plänen des Architekten Álvaro Siza Vieira errichtet wurde. Auf den drei Etagen des modernen Betonbaus finden wechselnd mehrere Sonderausstellungen gleichzeitig statt. Von April bis September ist von 10 bis 19 Uhr geöffnet. In den Monaten Oktober bis März nur bis 18 Uhr. Es gibt für 15 Euro ein separates Ticket nur für den Park. Das General-Ticket beinhaltet neben dem Museum ebenfalls den Besuch des Parks, der Casa de Serralves sowie des House of Cinema Manoel de Oliveira (auch im Park gelegen) und ist daher seinen stolzen Preis von 24 Euro durchaus wert. Man sollte für den Besuch aber ausreichend Zeit einplanen. Erreichen kann man den Park Serralves aus der Altstadt etwa mit der Buslinie 207. Weitere Buslinien fahren von der Metro-Station Casa da Música an der Rotunda da Boavista.
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Die Sammlung der Fundação Serralves gilt als das wichtigste Museum für Gegenwartskunst in Portugal und ist, was die zeitgenössische Kunst betrifft, eine hervorragende Ergänzung zum Nationalmuseum Museu Soares dos Reis in Porto, das die portugiesische Kunst des 18. bis 20. Jahrhunderts beheimatet. Die portugiesischen KünstlerInnen wie auch die internationalen Werke der Sammlung sind allerdings nur in thematisch angelegten Sonderausstellungen zu sehen. Zurzeit etwa in der sehr interessanten Schau Pre/Post - Visual Variations of 25 April, die sich mit der portugiesischen Bildenden Kunst vor und nach der sich 2024 zum 50. Mal jährenden Nelkenrevolution beschäftigt. Die Ausstellung will Künstler und Werke sichtbar machen, die in Portugal relativ unbekannt sind, und sich mit der politischen Agenda der 1970er Jahre befassen. Eine künstlerische Rückschau auf die damals angestrebten und erreichten Freiheiten, die auch für das deutsche Publikum interessant sein dürfte.
Auf internationaler Ebene bietet das Museum momentan weitere interessante Sonderausstellungen etwa mit Werken der japanischen Multimedia-Künstlerin Yayoi Kusama, deren vor allem im Polka-Dot-Muster gehaltenen Großskulpturen und Kürbis-Plastiken sich weltweit großer Beliebtheit erfreuen. (Der Berliner Gropiusbau zeigte erst 2021 eine großangelegt Retrospektive mit Werken der Künstlerin.) Das Museum Serralves präsentiert in mehreren Räumen des Erdgeschosses ebenfalls einige der abstrakten Infinity-Net-Gemälde und akkumulativen Skulpturen und Installationen aus mit Phallus-Symbolen überzogenen Möbeln sowie die typischen Tentakel- und Kürbis-Plastiken.
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Werke von Yayoi im Museu de Arte Contemporânea de Serralves | Foto: Stefan Bock
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Einen weiteren Teil des Museums bespielt der britisch-kolumbianische Turnerpreisträger Oscar Murillo mit seinen auf Holzlatten befestigten abstrakten Stoffmalereien und bemalten Anzügen. Zu den in der Sammlung vertretenen internationalen zeitgenössischen Künstlern gehören u.a. Richard Artschwager, Georg Baselitz, Christian Boltanski, Marlene Dumas, Bruce Nauman, Sigmar Polke, Gerhard Richter und Richard Serra. In den Weiten des Museums kann man sich durchaus verlaufen.
Den Weg ins Freie sollte man aber unbedingt wieder finden, schon um die Großskulpturen im Park zu bewundern. Wesentlich bekannter dürfte nämlich der US-amerikanisch Bildhauer Alexander Calder (1898-1976) sein. Im Park vor der Casa da Música stehen vier seiner großen Metall-Skulpturen. Aber auch als Maler hat der Künstler gearbeitet. In der Villa gibt es eine Doppelschau gemeinsam mit den Werken des spanischen Malers und Bildhauers Joan Miró (1893-1983). Beide Künstler verband eine jahrelange Freundschaft, die sich auch in den hier ausgestellten abstrakten Werken widerspiegelt. Calders kinetische Modelle und Installationen ähneln durchaus den surrealen Figuren in den Gemälden Mirós. Eine künstlerische Gegenüberstellung, die man nicht alle Tage geboten bekommt.
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Park Serralves mit einer Skulptur von Alexander Calder | Foto: Stefan Bock
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Stefan Bock - 4. Juni 2024 ID 14781
Fundação Serralves
Rua Dom João de Castro 210
4150-417 Porto
Weitere Infos siehe auch: https://www.serralves.pt/
Post an Stefan Bock
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