Musée de
l´École
de Nancy
Museum der Schule von Nancy
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Die Villa Majorelle - unweit des Musée de l’École de Nancy | Bildquelle: musee-ecole-de-nancy.nancy.fr
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Wenn man in Frankreich von Jugendstil spricht, dann denkt man ausnahmsweise mal nicht an Paris. Die französische Hochburg für Art Nouveau befindet sich im Osten des Landes, in Nancy. Auch der Architekt Hector Guimard, der um 1900 die floralen Jugendstil-Metroeingänge, diese lieblichen, verzierten Tore in die Unterwelt aus grünem Gusseisen und Glas entwarf, stammte nicht aus der französischen Hauptstadt, sondern aus Lyon. Viele von diesen Stationen gibt es allerdings nicht mehr.
Ganz Europa befand sich um die Jahrhundertwende im Jugendstil-Fieber. Horta wirkte in Brüssel, Gaudí in Barcelona, Klimt und Wagner in Wien. In England war es die Art-and-Crafts-Bewegung. Nützlichkeit und Schönheit sollten verbunden werden.
Der Bau der Bahnlinie von Paris nach Straßburg und später der Deutsch-Französische Krieg trugen dazu bei, dass Nancy eine bedeutende Rolle in Ostfrankreich erhielt. Auf der Pariser Weltausstellung 1900 waren über 50 Aussteller aus Lothringen vertreten. Einige, darunter Antonin Daum und Louis Majorelle, dessen Haus in Nancy heute zu den meistbesuchten Jugendstilhäusern gehört, bekamen sogar Preise.
1901 schlossen sich in Nancy führende Vertreter des Art Nouveau zusammen und gründeten die Schule von Nancy. Weitab von Paris wurde diese Brücke zwischen Kunst und Kunsthandwerk geschlagen. Die Industrialisierung machte es möglich und konnte potentielle Käufer im In- und Ausland versorgen. Zur Nachwuchsförderung organisierte man Wettbewerbe. Ausbildungen auf unterschiedlichen kunsthandwerklichen Gebieten wurden angeboten. Die Hauptmotive für die Kunstgegenstände aus Glas, Metall, Keramik oder edlen Hölzern waren Disteln, Pflanzen, Libellen und Bäume, vor allem der Gingko-Baum. Der bekannteste Vertreter dieser Vereinigung von Künstlern und Industriellen war Emile Gallé. Nach dessen Tod übernahm Victor Prouvé 1904 die Leitung der Schule von Nancy. Die Emanzipierung von der Hauptstadt Paris ist der bis Mitte des 19. Jahrhunderts eher vernachlässigten Stadt Nancy gut gelungen. Nancy hat heute neben Paris, Wien, Barcelona und Brüssel einen Namen, wenn es um Art Nouveau geht. Mit dem Ersten Weltkrieg und dem Auftauchen der Art Deco versandete der Jugendstil und einige Gebäude wurden sogar abgerissen.
Heute gibt es wieder einen markierten Jugendstil-Weg durch die Stadt Nancy.
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Innenansicht des Musée de l´École de Nancy | Foto: JN Pettit
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1964 wurde das MUSÉE DE L'ÉCOLE DE NANCY (dt.: Museum der Schule von Nancy) gegründet. Der Industrielle und Mäzen Eugène Corbin (1867-1952) stellte hierfür sein geräumiges Haus samt Inhalt zur Verfügung. Im Museum sind vor allem exquisite Möbelstücke oder ganze Ensembles, darunter das Esszimmer Masson (1904, Eugène Vallin) zu besichtigen. Sehr viel und sehr ausgefallene Glas- und Keramikarbeiten von bedeutendsten Vertretern wie Louis Majorelle, Emile Gallé oder Antonin Daum stehen in den verschnörkelten Vitrinen. Jeder Zentimeter wirkt liebevoll gepflegt. Immer noch kauft das Museum ausgefallene Werke hinzu, und die verbleibenden Jugendstilikonen wurden soweit möglich renoviert und wieder hergestellt und stehen jetzt unter Denkmalschutz.
Die grafische Sammlung des Museums besteht aus über 10.000 Werken, meist vorbereitende Arbeiten, Drucke oder Plakate, sehr oft mit botanischen Motiven nach den Vorbildern der Pflanzen im Garten. Allerdings sind nicht alle Werke permanent ausgestellt.
Der Zeitgeist der Epoche wird durch die Anordnung und Installation der Exponate perfekt wiedergegeben. Man verbindet den Museumsbesuch am besten mit einem Abstecher in die Villa Majorelle [s. Foto o.re.], zehn Minuten zu Fuß vom Museum entfernt.
1999 hat der Landschaftsarchitekt Philippe Raguin den Garten mit Pflanzen, wie sie um 1900 die Möbelbauer und Glasbläser inspiriert haben, neu gestaltet. Jetzt ist der frei zugängliche Museumsgarten eine Oase der Stadt. Im Garten befindet sich auch seit 1964 die Eichentür, die Eugène Vallin für die Werkstatt von Emile Gallé angefertigt hatte. Das Grabdenkmal mit Blumen-Glasfenstern, das 1901 für die Frau des Schriftstellers Jules Nathan gebaut wurde, steht seit 1969 ebenfalls im Garten des Museums. Es ist eines der ersten Objekte für Jugendstil-Grabarchitektur in Nancy.
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Im Garten des Musée de l´École de Nancy | Foto: JN Pettit
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Eugène Corbin ließ 1904 in seinem Garten einen runden Pavillon mit einem Aquarium erstellen. Der Architekt Weissenburger aus Nancy inspirierte sich beim Dach an japanischer Architektur. Die Glasmalereien sind von Jacques Gruber.
Im Garten stehen überall Liegen oder Stühle für die Besucher zur Verfügung, mit denen man sich ein lauschiges Plätzchen suchen kann. Gleich am Eingang gibt es ein kleines Café.
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Christa Blenk - 30. Juli 2024 ID 14853
Der Eintritt zum Musée de l´École de Nancy kostet als Kombiticket mit der Villa Majorelle weniger als 10 Euro. Für die Öffnungszeiten empfiehlt es sich, auf der Webseite [s. Link unten] nachzusehen.
Abgesehen davon ist Nancy eine sehenswerte Stadt mit vielen charmanten Vierteln (darunter der gigantische Platz Stanislas), Bars und Restaurant. Busse und Straßenbahnen sind am Wochenende gratis.
https://musee-ecole-de-nancy.nancy.fr/accueil
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