Speer-
Schnulli
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Plakatmotiv (C) Team Germania | Bildquelle: Universität der Künste Berlin
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Bewertung:
Etliche junge Menschen, die derzeit die Kunst in allen ihren schönen Sparten an der UdK Berlin studieren, haben sich jetzt so ihre Gedanken machen wollen, was es beispielsweise mit der (Heiner Müller'schen) Germania auf sich hat - und justament finden wir potenziellen Rezipienten auch sofort ein passendes Zitat auf allen einschlägigen und zu der besagten Produktion verweisenden Websites vermerkt, womit die sog. Geisteraustreibung ein bisschen untermauert würde:
„Man muss die Toten ausgraben, wieder und wieder, denn nur aus ihnen kann man Zukunft beziehen. Nekrophilie ist Liebe zur Zukunft. Man muss die Anwesenheit der Toten als Dialogpartner oder Dialogstörer akzeptieren – Zukunft entsteht allein aus dem Dialog mit den Toten.“ (Heiner Müller)
Dieses [s.o.] also ist der Einstieg.
Ja und Jenes [s.u.] folglich die Erklärung:
"Die Inszenierung konfrontiert mit der wechselvollen Geschichte des Akademie-Gebäudes am Pariser Platz. Junge Theaterkünstlerinnen und -künstler entwickeln einen performativen Parcours über die vier Etagen des gläsernen Kopfbaus, in dem die Gespenster der Vergangenheit eine akute Bedrohung für die Lebenden bilden. Die Produktion nutzt die Mittel der Revue und der Groteske sowie Soundinstallationen, Bild-, Text- und Musikcollagen und versucht an einem historisch gleichermaßen exponierten wie kontaminierten Ort, die Einflussnahme des Vergangenen auf Gegenwart und Zukunft erfahrbar zu machen. Zuschauer und Performer werden zu einer Gemeinde von Geisteraustreibern verschworen." (Quelle: adk.de)
Hat das nun in praxi auch geklappt?
Mit dem Parcours, also dem Hinterher- oder Durchlaufen von diversen Hindernissen, als Idee an sich, dann schon: Eingangsfoyer, Lesesaal im ersten Stock, Zwischentreppe, Foyer sowie Plenarsaal im zweiten Stock, Sitzbalkon im dritten Stock, Skulpturengarten im Zwischenstock und Clubraum im vierten Stock... Wir hatten innerhalb von 2 mehr oder weniger kurz- oder langweilig gestalteten/gespielten Stunden eine Art von Exklusiv-Hausführung durch die AdK bekommen.
Peu à peu bemerkte ich jedoch, dass sich dann die Gesamtidee von Heiner Müllers Titel-Leihgabe weg bis zu loser und/oder gewollter Hin- und Herzitiererei von grauenhaften und nicht enden wollenden Geistes- und Ungeistesergüssen Adolf Hitlers, Joseph Goebbels, Alfred Rosenbergs und (Schlenker zu heute:) Thilo Sarrazins bewog bzw. gar verflüchtigte. Auch Albert Speer [Hitlers Germania-Architekt] wurde sehr stark zitiererisch bemüht oder verkalauert [mittels "Den heil'gen Speer, ich bring' ihn euch zurück" aus Wagners Parsifal, z.B.]...
So lief das die ganze Zeit: viel, viel, viel nationalsozialistische und/oder artverwandte Textscheiße, die ironisch gebrochen daherkommen wollte oder sollte - aber weil die vielen Scheißzitate meistens unvermittelt so umhergeschleudert worden waren, war das Ganze ohne jeglichen zentrierenden und ordnenden Verstand; so schien es mir zumindest und bereitete mir zunehmende schlechte Laune.
Doch nichts desto Trotz: Meine privat favorisierten Lieblinge des Abends waren die Musikerinnen und Musiker der Zentralkapelle Berlin ["Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft..." usw. usf.] - aber auch alle anderen etlichen jungen Menschen (50 Namen standen auf dem Beipackzettel!) waren/sind natürlich hochsympathisch. Dass sie nicht gerade ideal von den Erwachseneren angeleitet und "geführt" wurden, ist ihnen wohl mitnichten anzukreiden.
Großer Aufwand - wenig (geistiger) Nutzen.
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Foto (C) Team Germania | Bildquelle: adk.de
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Andre Sokolowski - 20. Februar 2015 ID 8452
GERMANIA. EINE GEISTERAUSTREIBUNG (Akademie der Künste Berlin, 19.02.2015)
Regie: Hsuan Huang, Michael Höppner und Sarah Kohm
Bühne/Kostüme: Günter Lemke, Hsiu-Ying Hou und Sanghwa Park
Mit Studierenden der Universität der Künste, Berlin
Premiere war am 19. Februar 2015
Weitere Termine: 20. - 22. 2. 2015
Kooperation mit dem Studiengang Bühnenbild der Universität der Künste Berlin in Zusammenarbeit mit den Studiengängen Regie, Gesang/ Musiktheater, Musik, Schauspiel, Sound Studies und Veranstaltungstechnik- und management der UdK sowie der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin und der Hochschule für Musik und Theater Hamburg
Weitere Infos siehe auch: http://www.udk-berlin.de
Post an Andre Sokolowski
http://www.andre-sokolowski.de
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