Der heilige Hieronymus
im Gehäuse von
Antonello da Messina
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Der Sizilianer Antonello da Messina (1429-1479) (eigentlich Antonio di Giovanni de Antonio) ist vor allem durch seine eindrucksvollen, psychologischen Portraits bekannt. Er lebte und arbeitete meist in Messina, weit ab vom künstlerischen Geschehen der Renaissance. Während eines Neapel-Aufenthaltes lernte er die Flamen kennen, deren Werke in der Zeit von Alfonso von Aragon dort ankamen. Man geht davon aus, dass Antonello in Neapel ein Schüler des Malers Niccolò Colantonio war, der sich vor allem dem Kopieren von flämischen Meisterwerken widmete. Der Heilige Hieronymus war im Humanismus ein beliebtes Motiv. Er wurde meist als bescheidener Gelehrter in seiner Stube oder als Eremit in der Wüste dargestellt. Der ewig büßende, fanatische, fleißige, streitsüchtige, empfindliche und sehr gebildete Asket wurde um 380 zum Priester geweiht, gründete in seinem Leben mehrere Kircheneinrichtungen, verfasste die Vulgata, eine Bibelübersetzung, und studierte ausgiebig die Prophetenbücher. Seine Hauptattribute waren die Bibel und der Löwe, der den Stellenwert eines Gefährten einnahm. Das Bild Der heilige Hieronymus im Gehäuse entstand in seiner Heimatstadt Messina, der Ort, dem Antonello auch seinen Namen verdankt. Messina, war damals ein bedeutender Hafen und lebendiger Umschlagplatz für allerlei Güter.
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Der heilige Hieronymus im Gehäuse von Antonello da Messina Bildquelle: Wikipedia
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Der Hl. Hieronymus trägt rote Kardinalskleidung und sitzt aufrecht in einem abgerundeten Holzstuhl in der Mitte des in Braun- und Rottönen gehaltenen, nicht sehr großen Bildes. Der sonst für ihn übliche, ehrwürdige, weiße, lange Bart, fehlt. Der junge Mann scheint gerade eine Seite umzublättern. Das Bild erinnert eher an eine Theaterszene auf Rollen, verschiebbar, aber es bietet trotzdem den in der Renaissance so wichtigen Blick ins Freie. Die dicken Mauern der Kirche dienen als Bilderrahmen. Die Kammer ist nicht groß, aber dadurch, dass sie nach allen Seiten offen ist, nimmt sie den Raum, den man so in einer Kirche vergeblich suchen dürfte, komplett ein. Der Kirchenvater scheint in sich gekehrt und doch von allen sichtbar zu sein, merkt es aber wohl gar nicht, dass die ganze Welt ihm beim Arbeiten zusieht. Alles ist säuberlich aufgeräumt und ordentlich. Auf einer Bank hinter ihm liegt sein roter Kardinalshut. Dieser und auch der Umhang und die Kopfbedeckung sind fast nicht von den rötlich-braunen Möbeln zu unterscheiden. Schüchtern kommt das Rot daher, so als ob Antonello uns sagen wollte, dass Hieronymus eigentlich gar kein Recht auf Kardinalskleidung hatte. Die aufwendigen Falten seines Umfangs zeigen auf zwei edle Töpfe mit Kräutern, die vor ihm auf einer Bank mit Arkaden, die über drei Stufen zu erreichen ist, stehen. In Verlängerung der Gefäße, ganz am Ende der Bank, sitzt friedlich eine Katze. Sie ist vielleicht als Mäusejägerin ins Bild gekommen, denn Letztere liebten es, am Pergament zu knabbern. Die wertvollen Bücher in den Regalen um ihn herum weisen ihn eindeutig als Gelehrten aus. Auch wenn er allein in der Stube sitzt, trifft Einsamkeit hier nicht zu, jedenfalls nicht, wenn man das Leben links durch das Fensterkreuz betrachtet. Antonello lässt den Betrachter auf seine Stadt Messina blicken, auf eine friedliche Welt mit Architektur, Türmen, Hügeln, Wiesen, auf einen Fluss mit Booten und Menschen und das alles inmitten von paradiesischen Obsthainen. Rechts von Hieronymus, am Ende des Rundgewölbes, sieht es anders aus, auch dort gibt es eine Landschaft, aber sie ist leer. Das langgezogene Rundgewölbe und der geflieste Boden erzeugen eine außerordentliche Tiefenwirkung, wie die Flamen sie beherrschten. Fließen waren die Hauptzutat, um eine Szene in die richtige Perspektive zu setzen. Das tut Antonello aber nicht, denn nicht nur der Löwe, der aus einer halbschattigen Einsamkeit, humpelnd, auf drei Pfoten auf den Betrachter zukommt, ist zu klein. Vielleicht ist er ja auf der Suche nach dem Heiligen, damit dieser ihm den Dorn aus der Pfote ziehen kann, denn die Geschichte will es so. Antonello will aber, dass Hieronymus dem Löwen gegenüber eher misstrauisch ist, und platziert ihn deshalb so weit weg von ihm, in einen anderen Raum. Das Licht fällt von vorne, von drei Doppelfenstern oben und von den Seiten auf seine Lehrstube.
Hieronymus war ein zweideutiger Heiliger, man sagt ihm nach, nicht immer züchtig und keusch gelebt zu haben, und das Kloster in Bethlehem soll er mit dem Geld einer reichen Frau erbaut haben. In erster Reihe und gut sichtbar, ein Rebhuhn und ein Pfau, die sich den Rücken zukehren. Dem Rebhuhn dichtete man Vieles an: Isidor von Sevilla nannte es „schlecht und treulos“, und vergesslich soll es auch sein, während der Pfau als Symbol des Paradieses und der Erneuerung gilt. Hier vereint Antonello Isolation und Geselligkeit. Deshalb blickt das Rebhuhn auch auf das Fenster, hinter dem das Leben stattfindet. Es steht in einer Vertikalen zur Katze und zum gut sichtbaren Handtuch des Heiligen an der Wand. Direkt vor dem Pfau steht eine glänzende Wasserschale, vielleicht ein Hinweis auf die Reinwaschung seiner Sünden, jedenfalls sollen Antonellos Zeitgenossen das so interpretiert haben. Antonello da Messina malt die Zweifel des Heiligen, seine Angst vor der Versuchung, auch wenn er streng auf sein Buch blickt. Der Heilige ist hier noch jung und die Verlockung wütet vielleicht in ihm. So gesehen bleibt ihm nur die Wüste als Rückzugsort.
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Christa Blenk - 18. September 2022 ID 13809
In Neapel dürfte Antonello da Messina auch die neue, flämische Maltechnik (Harzölmalerei) erlernt haben. Dazu wurde das bis dahin üblich Ei als Bindemittel durch unterschiedliche Öle ersetzt, was es dem Künstler ermöglichte, die Farben transparenter, feinschichtiger aufzutragen. 1475 kam der Künstler nach Venedig, lehnte ein Angebot als Hofmaler in Mailand ab und ging nach Messina zurück. Entgegen früherer Annahmen, u.a. von Giorgio Vasari, war Antonello nie so weit wie bis nach Flandern gekommen, hat es aber geschafft, die italienische und die flämische Malerei perfekt zu verbinden. Das Bild Der heilige Hieronymus im Gehäuse hat man ursprünglich sogar Memling zugeschrieben. Antonello da Messina verstarb 1479, recht wohlhabend.
Das Bild misst 46 x 36,5 cm, entstand um 1470 und hängt in der National Gallery London.
Wikipedia-Link zum Hl. Hieronymus im Gehäuse
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