Primavera von Sandro Botticelli
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Die Medicis prägten ab Ende des 14. Jahrhunderts das wirtschaftliche und kulturelle Leben in Florenz. Cosimo de‘Medici (der Alte) war die Spinne im Netz, die Politiker, Kirchenvertreter und reiche Handelsleute ein- und versetzte, wie und wo sie nützlich waren oder sein werden. Macht und Wohlstand ließen Kultur entstehen und florieren und Skandale und Intrigen gedeihen. 1436 stellte der Baumeister und Architekt Filippo Brunelleschi mit seinem Kuppelbau ein Meisterwerk der Früh-Renaissance fertig. Mehr oder weniger zur selben Zeit entstand der Bronze-David von Donatello. Die knapp 160 cm hohe Plastik war der erste männliche Akt nach der Antike. Während der Philosoph und Politiker Niccolò Machiavelli in seinem Werk Il Principe (dt.: Der Fürst) Macht, Moral und Ethik und die daraus resultierende Rücksichtslosigkeit untersuchte und analysierte, klagte der Bußprediger Savonarola das Lotterleben in Florenz an. Der Vorzeige-Mäzen allerdings wurde Cosimos Enkel, Lorenzo de’Medici, genannt „il Magnifico“ (der Prächtige), der sich am liebsten im Kreise von Künstlern und Gelehrten aufhielt.
Eines der schönsten frühen Renaissance-Gemälde hat Sandro Botticelli 1482 gemalt. Primavera (dt.: Frühling) wurde hingegen nicht von Lorenzo dem Prächtigen in Auftrag gegeben, sondern von Lorenzo di Pierfrancesca de’Medici, einem aufstrebenden Konkurrenten aus einer neueren Medici-Linie.
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Primavera von Sandro Botticelli | Bildquelle: Wikipedia
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Primavera erzählt auf 201 x 314 cm das Erwachen der Natur und lässt hierzu neun Personen in einem Orangenhain auftreten. Sieben stehen auf der Erde. Amor, der ständige Begleiter von Venus, ist da, wo er hingehört, nämlich in die Luft - und rechts außen, halb fliegend: der Windgott Zephyr. Amors Augen sind verbunden und sein Pfeil zielt zwischen die drei Grazien. Der vielseitige Götterbote, der hier eine Ähnlichkeit mit Donatellos David hat, trägt zehenfreie, geharnischte Stiefel und fuchtelt mit dem Caduceus-Stab in den Wolken herum. Er soll wohl dafür sorgen, dass sich der Himmel über Florenz nie trübt. Sein mit Lilien verziertes Schwert könnte auf die Auseinandersetzung von Lorenzo il Magnifico mit Lorenzo die Pierfrancesco hinweisen. Ersterer hatte Schulden beim Auftraggeber des Primavera-Gemäldes und war auch neidisch darauf. Die Lorbeerbäume ganz rechts haben ebenfalls eine Botschafterrolle und verkünden eine neue Epoche. Lorenzo (von Laurus = Lorbeer) hießen die männlichen Medicis allerdings fast alle.
Venus, die Göttin der Liebe oder Aphrodite bei den Griechen, tritt graziös und lieblich aus einem natürlich gewachsenen Arkadenbogen ins Bild. Mit der rechten Hand zeigt sie auf die drei tanzenden Grazien vor ihr, die als Sinnbild für weibliche Anmut und Schönheit in der Renaissance gerne als ihre Begleiterinnen auftraten. Venus trägt ein leichtes, hellblaues Kleid, das halb von einem rot-blauen Mantel bedeckt wird. Sie ist auch die einzige, die Sandalen trägt. Auffällig sind die aufwendigen Schmuckstücke, die die transparenten Kleider der drei Schönen offensichtlich zusammen halten sollen. Auch auf Venus‘ Brust glänzt eine wertvolle Kette mit Rubinen, mit der Botticelli an seine Goldschmiedezeit erinnert. Hinter den dichten, ewige Jugend verheißenden Orangenbäumen, stiehlt sich das Blau des Himmels durch. Venus scheint schwanger zu sein. Wahrscheinlich war die Frau des Auftraggebers in der Entstehungszeit des Bildes guter Hoffnung. Links von ihr, in vorderster Reihe, steht die rosenstreuende Frühlingsgöttin Flora. Ein Blumenkranz ziert ihr blondes Haar, ein weiterer hängt um ihren Hals, und auch ihr luftiges Sommerkleid ist mit Rosen und Kornblumen bestickt. Laut Ovid kommen die Rosen direkt aus dem Mund der Nymphe Chloris neben ihr. Botticelli malt mit der Doppelung Flora-Chloris die Verwandlung, die passiert, sobald der Windgott Zephyrs Chloris einfängt. Die drei hängen unweigerlich zusammen, aber während Flora mit beiden Füßen auf der Erde steht, berühren Chloris flüchtende Füße kaum den Blumenteppich. Bis auf den bläulich-kalten Zephyr sind alle anderen Personen in warme Farben getaucht. Botticellis Technik, mit einem Hell-Dunkel-Kontrast Bewegung ins Bild zu bekommen, hat gut funktioniert. Das Bild strotzt nur so von Symbolen und Andeutungen auf die Kulturhochburg Florenz und deren Verwalter.
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Drei Jahre später malt Botticelli den ersten Frauenakt in der Renaissance, und die zweite Huldigung an die Liebesgöttin: Die Geburt der Venus ist mit 184 x 285 cm etwas kleiner als Primavera und zeigt auch nicht, entgegen dem Titel, die Geburt der Venus sondern ihre Ankunft auf Zypern. Diese Venus ist nach dem Kanon von Praxiteles gemalt. Alles wurde vermessen, sogar der Abstand zwischen Busen und Nabel. Das süchtige Streben nach Perfektion ist hier weit ausgeprägter als bei Primavera. Botticellis Venus soll die Gesichtszüge von Simonetta Vespucci tragen, die Verehrte von Giuliano di Piero de Medicis während der Pazzi-Verschwörung 1478 umkam.
Obwohl die Geburt der Venus später nur knapp Savonarolas Scheiterhaufen entging - auf dem er später selber landen sollte - war Botticelli zeitweise sogar Anhänger des radikalen Predigers und liebäugelte mit seinen Theorien - das sagt jedenfalls der Künstlerbiograf Giorgio Vasari. Auf jeden Fall stürzte die Hinrichtung von Savonarola den Künstler in eine Schaffenskrise. Das Erscheinen auf dem Kunstparkett des genialen Trios Leonardo (1452-1519), Michelangelo (1475-1564) und Raffael (1483-1520) könnte auch zu seinem Stimmungs- und Schaffenstief beigetragen haben. Ab 1500 ging es mit seiner Werkstatt bergab. Botticelli starb verarmt 1510 in Florenz.
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Christa Blenk - 26. Februar 2021 ID 12771
Sandro Botticelli (1445-1510), ursprünglich Goldschmied von einfacher Herkunft, konnte mit Hilfe der Medicis bei Fra Filippo Lippi Unterricht nehmen, und es sind vor allem Botticellis idealisierte Madonnenbilder, die ihn schnell bekannt machten. 1481 gehörte er deshalb auch zur Elite-Truppe von Künstlern, die Papst Sixtus IV. an den Vatikan holte, um in der Sixtinischen Kapelle zu arbeiten. In Rom konnte Botticelli Frauengestalten der Antike in einer römischen Privatsammlung bewundern und skizzieren. Ein Jahr später und wieder zurück in Florenz, erteilte ihm Lorenzo di Pierfrancesca de’Medici den Auftrag zu einer Allegorie und Botticelli beschritt den Weg der Mythologie.
„Frühling und Venus kommen, und vor ihnen schreitet der flügeltragende Herold der Venus, und nahe den Spuren Zephyrs streut vor ihnen Flora, die Mutter, den Weg vollständig aus und erfüllt ihn mit auserlesenen Farben und Düften.“ So steht es bei Lukrez in Die Natur der Dinge.
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