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Werkbetrachtung

Allegorie der Liebe von

Agnolo Bronzino (1503-1572)



In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kehrte der Medici-Clan nach Florenz zurück und beschloss – mit Unterstützung von Papst Klemens VII. - seine Rolle in der europäischen Politik zu verstärken. Ein erster Schachzug in diese Richtung war 1533 die Verheiratung von Katharina de Medici mit dem französischen Thronfolger Heinrich II. (Man sagt ihr übrigens nach, die Urheberin der französischen Küche zu sein, denn die zukünftige Königin reiste nicht nur mit ausgesuchter Garderobe und Preziosen sondern auch mit kulinarischen Köstlichkeiten im Gepäck an den französischen Hof.) Der neue Herrscher in Florenz, Cosimo I., interessierte sich zwar auch für Kunst, pflegte aber ansonsten nicht den freundschaftlichen Umgang mit den Künstlern, wie dies seinerzeit Lorenzo il Magnifico de Medici praktizierte. Der Manierismus strebte vor allem den Verlust der Idealisierung an, und so verdrängte die Spätrenaissance mit kalter Starrheit und reservierter Unnahbarkeit die Harmonie der Hochrenaissance und erreichte mit seinem berühmtesten Vertreter Agnolo Bronzino (1503-1572) den Gipfelpunkt. Die Wahrheit wird enthüllt durch die Zeit oder Die Enthüllung der Üppigkeit hat der Kunsthistoriker Panofsky eines der bekanntesten Bilder der Gegenreformation, nämlich Bronzinos Allegorie der Liebe [auch unter solchen Titeln wie Venus küsst Amor oder Venus, Cupido, Wahnsinn und Zeit überliefert] genannt. Die verschiedenen Gesichter der Liebe oder eine Allegorie auf das wollüstige Laster?



Allegorie der Liebe von Angelo Bronzino | Bildquelle: Wikipedia


Es herrscht ein Gedränge auf diesem Bild. Ein körperliches, distanziert-gekühltes Durcheinander. Im Mittelpunkt Venus. Groß, weiß und makellos ähnelt sie einer Skulptur wie sie halb sitzend, halb liegend und seltsam verdreht auf einem hellen Tuch verweilt. Der rote Apfel der Hesperiden in ihrer linken Hand, den sie seinerzeit von Paris für ihre Schönheit bekommen hat, berührt ihr linkes angewinkeltes Bein. Sie dreht ihren Kopf Amor entgegen, der mit stark verrenktem Körper hinter ihr steht. Mit ihrem rechten und nach oben führenden, angewinkelten Arm rahmt sie Amors Kopf ein, lässt ihn nicht entkommen. Er kniet auf einem weichen, roten, flauschigen Kissen. Sein rechter Fuß tritt gerade noch nicht auf die Taube am unteren linken Bildrand. Es ist ein erotischer Kuss, den Mutter und Sohn hier tauschen. Amors rechte Hand umschließt die Brust seiner Mutter, seine Linke liegt auf ihrem perlengeschmückten, blonden Haarschopf. Ein Putte rechts im Bild verstreut Rosen über sie. Amor kann nicht sehen, dass Venus ihm hinter seinem Rücken gerade einen Pfeil aus dem Köcher genommen hat. Wir wissen auch nicht, was sie damit vorhat. Direkt hinter Amor rauft sich eine sehr alte, ausgemergelte Frau die Haare. Für Vasari steht sie für eifersüchtigen Wahnsinn. Zwischen dem Putto und Venus‘ Kopf sieht man das schöne Gesicht eines jungen Mädchens mit einem eleganten Diadem. Ihr Kopf wirkt auf den ersten Blick abgeschnitten, körperlos und wie gemalt auf dem blauen Hintergrund. Erst beim genaueren Hinsehen sieht man, dass sie ein Mischwesen ist. Das liebliche Renaissance-Gesicht, ihr schuppiger Fisch-Vogelkörper, die Tatzen und der Schlangenschwanz werden als Falschheit und Tücke interpretiert. Die beiden Masken in der rechten unteren Ecke, neben dem Fuß der Venus und die Tatsache, dass die Kreatur eine Honigwabe mit der rechten Hand reicht, die in Wirklichkeit die linke ist, verstärken diesen Gedanken. Der alte, bärtige und zornig blickende Mann rechts oben trägt eine Sanduhr auf der Schulter. Es handelt sich hier um Chronos, der die Zeit symbolisiert. Die Frau ihm gegenüber ist wahrscheinlich eine Allegorie der Wahrheit, allerdings ist ihr Gesicht auch eine Maske. Die Beiden scheinen diese Lasterhaftigkeit nicht zu tolerieren und wollen sie schnell bedecken, bevor der Sand durchgelaufen ist. Dafür hat Bronzino den blauen Vorhang ins Bild gebracht.

*

Giorgio Vasari, Maler und Zeitgenosse von Bronzino, hat das Bild Venus, Cupido, Torheit und Zeit oder Die Enthüllung der Üppigkeit genannt. Vergnügen, Spiel, Tücke, Eifersucht und unterschiedliche Leidenschaften der Liebe sieht er in diesem Gemälde. Von Vasari stammen auch die meisten Interpretationshinweise. Diese seltsam anmutende, makellose Unterkühltheit, die affektierten, ungemütlichen Posen und die schwere Durchschaubarkeit im Werk sind typisch für Bronzinos Manierismus, der sich Mitte des 16. Jahrhunderts in Florenz etablierte.
Christa Blenk - 27. Januar 2023
ID 14020
Agnolo Bronzinis Bild Allegorie der Liebe entstand 1543/44. Cosimo I. de Medici schenkte es Franz I., und so kam es nach Frankreich und sollte dort maßgeblich die Schule von Fontainebleau beeinflussen. Später gelangte es in den Besitz von Lord Spencer, bis es 1860 die National Gallery London erwarb, und dort hängt es immer noch. Das Gemälde misst 146 x 116 cm und ist mit Öl auf Holz gemalt.

Diese distanzierte Emotionslosigkeit findet man auch bei Bronzinos aufwendigen Porträts, wie z.B. Portrait der Eleonora von Toledo mit ihrem Sohn Giovanni de Medici. Die schneidende Kälte seiner Farbzusammenstellung, der jegliche Wärme fehlt, definiert sein komplettes Werk und ist unverkennbar. Im Manierismus sollte auf den Portraits vor allem erkenntlich sein, welche gesellschaftliche Stellung die oder der Porträtierte innehatte. Mit knapp 40 Jahren wurde Bronzino Hofmaler von Cosimo I. de Medici. Die prächtigen Konzepte zur Ausschmückung von Cosimos Hochzeit brachten dem Künstler diese Stelle ein. Wir bewundern heute vor allem die brillante Technik des Malers. Obwohl Bronzino in seinen letzten Lebensjahren die Position des Hofmalers an den Künstlerbiographen Giorgio Vasari abgeben musste, starb er 1572 in Ehren.


Wikipedia-Link zum Bronzino-Bild


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