Stillleben mit Blumen, goldenem
Kelch, Mandeln, getrockneten
Früchten, Bonbons, Keksen, Wein
und ein Zinnkrug von Clara Peeters
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Anfang des 17. Jahrhunderts arbeiteten in den Niederlanden teilweise über 700 Künstler. Diese brachten jährlich mehr Kunstwerke auf den Markt als 200 Jahre früher die überaus produktive italienische Renaissance. Möglich gemacht wurde diese Kultur-Explosion auch durch einen 12-jährigen Waffenstillstand, den die damalige spanische Statthalterin der südlichen Niederlande und Lieblingstochter des spanischen Königs Philipp II., Isabella Clara Eugenia, 1609 mit den nördlichen Provinzen verhandelt hatte. Diese florierende Zeit schaffte einen neuen Kundenstamm: die Kaufleute. Diese wollten nicht nur den spanischen oder französischen Wein aus venezianischen Gläsern trinken, Rebhuhn, Krebse, Artischocken und fetten Käse von chinesischem Porzellan oder versilberten Tellern essen und zum Nachtisch Mandelkuchen und getrocknete Feigen naschen sondern legten auch Wert auf Statussymbole wie seltene Bücher, Bilder und Kunstgegenstände, mit denen sie ihre prächtigen Häuser schmückten und die Gäste beeindruckten. Und was es in Antwerpen nicht gab, wurde per Schiff oder auf dem Landweg herangeschafft. Selber hatte man hochwertige Textilien und Stoffe anzubieten. Das Stillleben wurde zur eigenständigen Kunstkategorie, oft gemalt von Künstlern, die sich diese kulinarischen Köstlichkeiten nicht leisten konnten.
Künstlerinnen gab es im 17. Jahrhundert wenige, und ihre Motivpalette beschränkte sich auf Familienportraits, Selbstportraits oder eben Stillleben. Die unbekannte, niederländische Künstlerin Clara Peeters (um 1590 bis 1655 ca.) brachte all das, was der Adel oder wohlhabende Kaufleute auf ihrem Tisch sehen wollten, auf die Leinwand. Ein aussagekräftiges Beispiel ist das 1611 entstandene Stillleben mit Blumen, goldenem Kelch, Mandeln, getrockneten Früchten, Bonbons, Keksen, Wein und ein Zinnkrug. Es misst 53 x 73 cm und hängt im Madrider Prado.
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Stillleben mit Blumen, goldenem Kelch, Mandeln, getrockneten Früchten, Bonbons, Keksen, Wein und ein Zinnkrug von Clara Peeters | Bildquelle: Wikipedia
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Peeters malt hier vor allem Südfrüchte, Süßigkeiten und Luxusgebäck, nichts, was man zum Leben wirklich gebraucht hätte. Anstelle von Edelgemüse stellt sie links einen farbenfroh und schillernden Frühlingsstrauß in einem weißen Krug auf den Tisch. Obwohl die mit Rosinen, Mandeln, Datteln und Feigen gefüllte Porzellanschule in der Mitte leicht von einem wertvollen Messingkelch verdeckt ist, will man sofort hineingreifen. Auf dem bläulich schimmernden Zinnkrug rechts daneben entdeckt man bei genauerem Hinsehen mehrere Selbstportraits, hier bediente sie sich der Tradition von Van Eyck. Peeters beobachtete sich selber beim Malen und uns beim Betrachten des herrlichen Gefäßes. Verführerisch schimmert der Rotwein in dem hohen, feinen Weinglas im Hintergrund und korrespondiert mit der Tulpe. Die edlen venezianischen Gläser wurden in dieser Zeit in Antwerpen von italienischen Glasbläsern hergestellt. Auf dem Zinnteller rechts vorne liegen süße Kringel und Zuckerbrezen. Der leicht schräge Blick von oben versetzt den Betrachter in die Lage, alle Objekte gleichberechtigt zu sehen. Jedes Ding spielt eine Hauptrolle, und die Gegenstände scheinen alleatorisch platziert. Farblich hat sie nichts dem Zufall überlassen. Blumen und Wein verwandeln dieses Stillleben in eine Vanitas, denn einige Blüten sind abgebrochen und liegen vor der Vase auf dem Tisch. Sie werden ohne Wasser schnell welken, und irgendjemand wird das Weinglas leeren. Auch eine von den süßen Brezen ist schon halb aufgegessen, was den dekorativen Tisch zum Gebrauchsgegenstand macht.
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Christa Blenk - 2. März 2022 ID 13494
Isabella Clara Eugenia blieb zwar nach dem Tod ihres Gatten Albrecht Stadthalterin, konnte aber nicht verhindern, dass die südlichen Niederlande nach 1621 wieder an Spanien zurückfielen, wo König Philipp IV. und sein Minister, der Graf von Olivares, nichts anderes anstrebten, als die Zentralgewalt auszubauen, und dafür mussten wieder Kriege geführt werden. Da konnte auch der Diplomat und Hofmaler Rubens auf seinen Geheimmissionen nichts erreichen. Philipp IV., der sich "Der Große" nennen ließ, steht für den Niedergang der spanisch-habsburgischen Macht, für Kriege, Staatsbankrott und Hegemonieverlust.
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Über Clara Peeters wissen wir sehr wenig. Zwischen 1607 und 1621 war sie in Antwerpen, Amsterdam und Den Haag aktiv tätig. Mit ihren minutiös und perfekt gemalten Stillleben muss sie sich nicht hinter ihren Zeitgenossen Rubens, Bruegel d.A. oder Snyders verstecken. Über ihre Ausbildung weiß man nichts, und auch in den entsprechenden Gilden gibt es keinen Hinweis auf sie. Das könnte aber auch daran liegen, dass sie als Frau eventuell von ihrem Vater unterrichtet wurde, was durchaus üblich war. Ihr Privatleben ist ebenfalls ein großes Fragezeichen. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass ihre künstlerische Tätigkeit um 1607 begann. Aus dieser Zeit gibt es ein von ihr datiertes und signiertes Stillleben. Weltweit kennt man heute ca. 40 Werke von Clara Peeters.
Wikipedia-Link zum Stillleben von Clara Peeters
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