Anbetung des Kindes von
Filippo Lippi (1405-1469)
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Fra Filippo di Tommaso Lippi (1405-1469) war ein Maler der Frührenaissance und ähnlich seinem Vorbild Masaccio vom Architekten Brunelleschi fasziniert und beeinflusst. Der große Biograph Giorgio Vasari dichtet ihm seltsame Abenteuer und pikante Frauengeschichten an, die eher an eine spannende Geschichte von Boccaccio denken lassen und nicht an einen braven Mönch, der fast ausschließlich Bilder mit religiösem Hintergrund malt. Die Anbetung des Kindes entstand 1459 im Auftrag der Medici-Familie und gehört zu seinem Spätwerk. Das Anbetungsbild ist eines seiner Meisterwerke und zierte wahrscheinlich eine Altarnische der Hauskapelle der Medicis.
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Anbetung des Kindes von Filippo Lippi | Bildquelle: Wikipedia
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Die dargestellten Personen auf dem geometrischen Bild sind Maria, der Gottvater, der Heilige Geist in Form einer Taube, Johannes der Täufer, ein Mönch und das Neugeborene. Es herrscht eine eher unrealistische Märchenstimmung. Das Jesukind liegt inmitten eines moosig-grünen Blütenmeeres im Wald, und man denkt wirklich zuerst an Wasser. Es hat weder Stroh noch eine Krippe, was bis dahin ziemlich ungewöhnlich war. Lippi holt den Betrachter ins Bild, in dem alles nach oben strebt. Die Szene passiert in einem imaginären Zauberwald, einem Waldstillleben, in dem sich Menschen, Tiere, Pflanzen und die Heilige Dreifaltigkeit ein friedliches Stelldichein geben. Ein paar dünne Baumstämme rechts führen aufgereiht hintereinander in den Bildhintergrund. Daneben fließt ein Bach, der sich unter einer Brücke auf der Höhe von Marias Schultern teilt. Etwas unter der perspektivisch zu kleinen Brücke, vor einem umgestürzten Baum, erkennt man einen weißen Fischreiher, der noch seine Beute im Schnabel hat, dahinter im Wasser eine Ente. Eine kleine Meise sitzt auf einem Baumstamm vor dem Neugeborenen. Symbolisch-mächtig thront der Gottvater inmitten eines leuchtenden Sternenhalbkreises. Sein Umhang über den ausgebreiten Armen flattert auf beiden Seiten von ihm weg, was ihn optisch größer erscheinen lässt. Der Heilige Geist befindet sich direkt darunter. Links im Bild steht Johannes der Täufer mit Stab und Spruchband. Er blickt überrascht aus einem einfachen, blassrosa Gewand auf den Betrachter. Ein Dornenzweig schwebt zwischen Johannes und dem Mönch, bei dem es sich um den Eremiten Bernhard von Clairvaux handelt. Direkt über ihm, im lichteren Teil des Waldes, kann man seine Klause erkennen. Seltsame Felsformationen scheinen eine unruhige Treppe in den Himmel zu bilden. Lippis Lichtführung geht von links nach rechts, die gewässert wirkenden Farben werden auf der rechten Seite kräftiger. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Anbetungsszene und Marias firnblauem Mantel, der sich von dem Grünbraun des waldigen Hintergrundes absetzt. Blau war damals eine teure Farbe und trieb die Rechnung immer in die Höhe. Marias zartes Gesicht, die feine Linienführung und der unspektakuläre Faltenwurf gehören eindeutig in die Renaissance. Die Gotik ist endgültig vorbei. Ihr Haar ist von einem zarten, transparenten Schleier bedeckt. Das rot-grüne Unterkleid der Knieenden bedeckt den linken Fuß des Neugeborenen. Sein Heiligenschein ist rotgold wie der vom Gottvater. Marias Aureole hellgold und die von Johannes transparent. Der Heilige Geist schickt Lichtpfeile auf das Kind, das in leicht rosigem Inkarnat zwischen roten und weißen Blumen liegt. Maria und Kind blicken sich nicht an. Ihre Augen über den gefalteten Händen gehen zwar betend nach unten aber erreichen höchstens ihren Mantel. Das Kind hat den Kopf zur Seite, zum Betrachter hin, geneigt. Die Personen im Bild stehen nicht miteinander in Verbindung, sind aber oval angeordnet. Die leuchtenden Farben im Vordergrund werden matter je weiter man in das Bild hinein blickt.
Das Bild misst 129 x 118 cm und hängt heute in der Gemäldegalerie Berlin
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Der Waise Filippo kam als achtjähriger in Florenz ins Kloster und interessierte sich nur fürs Zeichen. Masaccio malte in dieser Zeit gerade die Brancacci-Kapelle aus, und der junge Filippo wurde dort zum Dauerbesucher, während er dem Unterricht in Latein und in den Wissenschaften fern blieb. Lippi durfte später auch selber einzelne Szenen in den Klosterngängen malen. Vasari weiß auch zu berichten, dass Filippo Lippi mit 17 Jahren die Kutte abgelegt hat, nach Ancona ging und dort während einer Bootsfahrt mit Freunden von einem maurischen Schiff zuerst gefangen genommen und dann mit seinen Begleitern verschleppt worden sei. Achtzehn Monate war er angeblich angeketteter Sklave im Berberreich. Eines Tages soll er mit einem Stück Holzkohle den Anführer der Sklaventreiber in seiner maurischen Kleidung so lebensnah an die Wand gezeichnet haben, dass man von einem Wunder redete und dies sich schnell bis zum Räuberchef rumsprach. Dieser war begeistert, befreite den jungen Künstler von seinen Ketten und schenkte ihm nach ein paar weiteren Bildern die Freiheit. Filippo Lippi kam sicher nach Neapel und kehrte von dort nach Florenz zurück, wo Cosimo von Medici auf ihn aufmerksam wurde. Filippo Lippi wurde sehr schnell ein angesehener Maler, betrieb eine gut gehende Werkstatt und malte fast ausschließlich religiöse Bilder oder Fresken in Kirchen oder Klöstern. Man sagte ihm allerdings nach, Rechtsdokumente gefälscht zu haben. Durch die Fürsprache der Medicis durfte er aber trotzdem Kaplan werden, wurde aber nach ein paar Jahren wieder entlassen. 1456 ging er auch wieder als Kaplan und Künstler nach Prato, erblickte während seiner Arbeit die Novizin Lucrezia Buti, in die er sich sofort verliebte. Zuerst malte er sie und brannte anschließend mit ihr durch, als sich die Gelegenheit bot. Ein Jahr später wurde sein Sohn Filippino geboren, der dann später Schüler von Sandro Botticelli und selber ein bekannter Maler wurde. Filippo Lippi starb 1469 in Spoleto. Als Lorenzo de Medici seinen Leichnam dort abholen und nach Florenz bringen wollte, hat man diesen nicht herausgeben wollen. Der Grund dafür war ein Überfluss an bedeutenden Männern in Florenz und ein Defizit solcher in Spoleto.
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Christa Blenk - 23. Dezember 2022 ID 13974
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