Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 4

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Werkbetrachtung

Gefällter Baum von

Hans Thuar (1887-1945)



Bei den Rheinischen Expressionisten handelte es sich um eine avantgardistische Künstlergruppe, die vor dem Ersten Weltkrieg neben München und Berlin das Rheinland zu einem dritten, zeitgenössischen Kunstmekka machen wollte. Ihre Maxime war es, durch Formenschlichtheit der Farbe eine besondere Bedeutung beizumessen. Die Vereinigung setzte sich bewusst von der Künstlerbewegung „Die Brücke“ ab. Die Lieblingsmotive der Rheinischen Expressionisten waren Landschaften; Fauvismus und Futurismus neben dem Expressionismus die Kunsttendenzen. Ihr Hauptvertreter war August Macke, der auch den Begriff geprägt hatte. Eine Ausstellung dieser Gruppe 1912 in Köln führte – auf Mackes Drängen - ein Jahr später zu einer Schau in Bonn. Zeitweise waren es 25 Künstler, die gemeinsam etwas bewegen wollten. Neben August Macke, Heinrich Campendonk und Max Ernst gehörte auch der in der Niederlausitz geborene Hans Thuar (1887-1945) zu ihnen.

Sein Bild Gefällter Baum ist ein autobiografisches Frühwerk.



Gefällter Baum von Hans Thuar | Bildquelle: Wikimedia


Wie ein Totem liegt er da. Der sauber gefällte Baum durchquert das Bild horizontal. Es sind keine Jahresringe zu sehen. Der Baum scheint jung und noch nichts erlebt zu haben, also viel zu früh gefällt worden zu sein. Dabei ist er der Kräftigste unter ihnen. Blutig rot ist die Schnittstelle, an der er gefällt wurde. Wie eine frische, schmerzende Wunde, die noch nicht aufgehört hat zu bluten. Der zackige Baumstumpf passt irgendwie gar nicht zur Schnittstelle. 1912 war Thuar 25 Jahre alt und saß bereits seit 13 Jahren im Rollstuhl. Der dicke Baumstamm versperrt praktisch den Weg ins dahinter liegende Dorf und in die Zukunft. Man müsste über ihn springen. Wurzeln, die wie zwei Beine aussehen, umklammern den Stamm, halten ihn fest. Thuar hat seinem gefallenen Kunstwerk ein trauriges Gesicht gemalt. Der Baumstamm liegt am Waldrand, und auch hier hat Thuar auf Naturfarben verzichtet und aus dem Waldboden eine türkis-grün-gelbe Farbfläche mit Lichtungen gemacht. Auf der rechten Seite, hinter dem Kopf des Baumes, umschlingen sich zwei dünne Stämme und bilden ein Kettenmuster. Die triste Stimmung in der kargen Landschaft wird von den Hauptfarben Lila und Blau verstärkt. Die zum Teil in Gruppen zusammenstehenden Bäume sind filigraner, feiner, haben weder Äste noch Blätter und verlassen oben und an den Seiten allesamt das Gemälde. Die Häuser im Hintergrund nehmen die Farbe der Baumwunde auf. Das Bild ist ein Leidensweg und dürfte farblich gesehen eines der mutigeren Bilder von Thuar sein.


Gefällter Baum entstand im Herbst 1912 in Flodeling (Bonn-Endenich) und misst 51 x 80 cm. Es ist Eigentum des Bonner Kunstmuseum. Das Bild wurde in der von Macke 1913 organisierten Ausstellung Rheinischer Expressionisten gezeigt.

Christa Blenk - 16. April 2023
ID 14148
Hans Thuar kommt als Sechsjähriger nach Köln, weil sein Vater von Berufswegen dorthin versetzt worden war. Schon auf dem Gymnasium begegnet er dem gleichaltrigen August Macke. Sie freunden sich an, und es ist Macke, der Thuar nach seinem Unfall zur Malerei bringt. Der Zwölfjährige war beim Spielen von einer Pferdebahn erfasst und überrollt worden und hat beide Beine eingebüßt. 1900 ziehen beide Künstler nach Bonn. Während Thuar an der Kunstakademie in Düsseldorf lernt, verlässt der Schulabbrecher Macke diese bereits wieder. Ein paar Jahre lang gehen sie – vor allem durch Mackes viele Reisen - getrennte Wege. Erst 1910 treffen sich die Freunde wieder in Bonn, in dem Haus, das heute das Bonner Macke-Haus ist. Zwei Jahre nach Entstehen dieses Bildes fällt Macke im Ersten Weltkrieg, und Thuar verfällt in eine Depression. Er versucht sich als Kaufmann für Aromatherapieartikel und widmet sich erst nach dem Krieg wieder der Malerei. 1924 wird Thuar Mitglied in der Bonner Künstlervereinigung. Mit der Wirtschaftskrise sinkt er erneut in die Tiefe, bekommt aber 1930 endlich eine Unfallrente, von der er sich ein Haus kauft und mit der Familie einzieht. Zwischendurch versucht er sich in unterschiedlichen Berufen und landet wieder beim Vertrieb von ätherischen Ölen. Später eröffnet seine Frau einen Kunstgewerbeladen. 1933 werden die Werke der Rheinischen Expressionisten als "undeutsch" aus den Museen verbannt.

Thuars Tochter Gisela heiratet Mackes jüngsten Sohn, und dieser überredet ihn auch zu einem Sommeraufenthalt in der Nähe des Kochelsees, wo er drei Monate bei Maria Marc, der Witwe von Franz Marc, verbringt und in der Folge Berge malt. 1944 wird sein Haus in Ramersdorf zerstört. Ein paar Monate nach Kriegsende stirbt Hans Thuar in Langensalza.

Das Kunstmuseum Bonn vergibt jährlich den Hans-Thuar-Preis an einen im Bonner Umkreis wirkenden Künstler. Die Stadt Bonn hat ihm auch eine Straße gewidmet.


Wikimedia-Link zum Gefällten Baum von Hans Thuar


Post an Christa Blenk

eborja.unblog.fr

Ausstellungen

Kulturspaziergänge

Museen

Werkbetrachtungen



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:




KUNST Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

AUSSTELLUNGEN

BIENNALEN | KUNSTMESSEN

INTERVIEWS

KULTURSPAZIERGANG

MUSEEN IM CHECK

PORTRÄTS

WERKBETRACHTUNGEN
von Christa Blenk



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)