Faszinierende
Werkschau
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David Hockney: My Parents, 1977 | Tate, © David Hockney, Foto: Tate (Bildquelle: buceriuskunstforum.de)
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Bewertung:
David Hockney [s. auch unter Bukolischer Dandyismus] ist vielen nur durch seine Swimmingpoolbilder unter kalifornischen Palmen bekannt. Dass der 1937 in Bradford, UK geborene Maler über eine wesentlich breitere Palette an Themen verfügt, ist derzeit in der Ausstellung David Hockney. Die Tate zu Gast im BUCERIUS KUNST FORUM Hamburg zu sehen. Die kleine Retrospektive mit zahlreichen Leihgaben der Londoner Tate Gallery widmet sich seinem vielseitigen Schaffen als Maler, Zeichner und Grafiker. „Ich male, was ich mag, wann ich mag und wo ich mag, mit gelegentlichen nostalgischen Ausflügen…“ kann durchaus als treibendes Motto in Hockneys Kunst gelten. Auf Moden oder geltende Konventionen legt er keinen Wert.
Nach einer Ausbildung am Royal College of Art schwamm der junge Künstler gegen den Strom der damals vorherrschend abstrakten Nachkriegsmoderne, wogegen Hockney einen eher naturalistischen Stil bevorzugte. Inspiriert von Zeitgenossen wie Jean Dubuffet und R. B. Kitaj malte er gegenständlich, wenn auch weitestgehend modern und recht experimentell. Ein weiteres großes Vorbild ist ihm lebenslang Pablo Picasso, von dem er das Interesse an Ausdrucksformen, Perspektiven und Möglichkeiten der Darstellung der menschlichen Physiognomie übernahm. Zwischen Realismus und Abstraktion experimentierte David Hockney in all seinen Schaffensphasen.
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Hockneys Kunst orientiert sich auch an den Orten ihrer Entstehung. Im verklemmten Großbritannien, in dem Homosexualität noch unter Strafe steht, malte er Anfang der 1960er Jahre seine Doll-Boy-Bilder mit verschlüsselten Texten des ebenfalls homosexuellen Dichters Walt Whitman. Nach Kalifornien übergesiedelt entdeckte er Sonne und Farben. Hier entstanden die besagten Bilder von Swimmingpools unter Palmen, nackte duschende Männer. Schöne Oberfläche, scheinbar ohne Tiefe, Spiegel einer hedonistischen Welt. Die Ausstellung beschränkt sich hier auf nur wenige Beispiele, die Hockneys Darstellung flirrender Wasseroberflächen und Lichtbrechung zeigen. Cleanliness is the next Godliness heißt ironisch ein Siebdruck eines duschenden männlichen Models im Stil der Popart [s.u.].
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David Hockney: Man in Shower in Beverly Hills, 1964 | Tate, © David Hockney, Foto: Tate
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David Hockney: Mr and Mrs Clark and Percy, 1970/71 | Tate, © David Hockney, Foto: Tate
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Ganz naturalistisch sind dagegen seine Portraits befreundeter Paare aus den 1970er Jahren wie Mr and Mrs Clark and Percy [s.o.], von dem auch einige der zahlreichen zeichnerischen Vorstudien zu sehen sind, oder George Lawson and Wayne Sleep. Exzellent komponierter Bildaufbau, der aber vor allem die Distanz und Leere zwischen den Porträtierten betont. Zu sehen auch im Bild My Parents (s.o.re.]. Hockney versteckt in den Bildern auch kunsthistorische Zitate und eigene Werke. Papierarbeiten, etwa eine Lithographie mit dem Portrait von Billy Wilder, runden diese Abteilung ab.
Graphikfolgen gehören auch zum Oeuvre Hockneys. Ausgestellt sind hier die 16 Radierungen zum Zyklus A Rake’s Progress, die Hockney frei nach den Kupferstichen von William Hogarth anfertigte. Eine persönliche Verarbeitung seiner Erlebnisse und Begegnungen Anfang der 1960er Jahre in New York. Ebenfalls eine Erwähnung verdienen die Illustrationen zur versteckt homoerotischen Lyrik des griechischen Dichters Konstantinos Kavafis, die Hockney 1966 bei einem Besuch in Beirut schuf.
In den 1980 und 1990er Jahren werden die Farben wieder kräftiger, der Stil expressiver und kubistisch. In den Portraits ist nun klar das Vorbild Picassos zu erkennen. Vor allem in An Image of Gregory. Hockney malte hier seinen langjährigen Partner im Stuhl sitzend in der Pose von Picassos Frau Jacqueline. Portraits, Interieurs, Landschaften, alles dient dem Experiment mit Perspektive, Form und Farbe. Hockney findet über Picasso seinen eigenen Weg zur Abstraktion, hier zu bewundern in dem aus 60 Leinwänden zusammengesetzten Gemälde A Closer Grand Canyon.
Hockneys Foto-Collagen sind in der Ausstellung nur Randthema, auch wenn ihn die ca. 3 mal 7,5 m große digitale Collage In the Studio, bestehend aus einer Vielzahl an Fotografien seines Ateliers in Los Angeles, inmitten von neuer Gemälden zeigt. Ob am Farbkopierer, auf dem iPad oder Plein Air, Hockneys Arbeitswut und Experimentierfreude sind auch mit 82 Jahren keine Grenzen gesetzt.
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Stefan Bock - 10. August 2020 ID 12388
Weitere Infos siehe auch: https://www.buceriuskunstforum.de/
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