Großformatige
Arbeiten eines
Holzschnittkünstlers
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Bewertung:
Nach den ersten Corona-Lockerungen vor zwei Wochen fahren die deutschen Kulturinstitutionen ihre Angebote langsam wieder hoch. Neben Berlin haben auch in Dresden die ersten Museen wieder geöffnet, und es gibt die Gelegenheit eines Besuches von außerhalb mit Übernachtungsangeboten. Ab dem Pfingstwochenende ist das ja nun auch bundesweit möglich. Ein guter Anlass also für einen Besuch der sächsischen Landeshauptstadt, die gerade ihre Museen in Etappen wieder für die Öffentlichkeit zugänglich macht. Erste Publikumsschlangen mit gebotenem Abstand bilden sich momentan vor der frisch renovierten Gemäldegalerie im Zwinger. Ab 30. Mai folgen die Staatlichen Kunstsammlungen im Residenzschloss und im Juni die Galerie der Moderne im Albertinum.
Wer es ruhiger mag, kann auch die recht sehenswerte Städtische Galerie im Stadtmuseum Dresden besuchen. Dort ist die im Februar eröffnete und während des Corona-Lockdowns nur im Internet präsente Sonderausstellung des Holzschnittkünstlers Frank Lippold bis in den August verlängert worden. Ganz ohne Zeitfensterticket bekommt man hier Zugang. Lippold, 1970 in Greifswald geboren, zog 1974 nach Dresden und studierte dort ab 1990 an der HfBK. Seit 2015 lebt der Künstler in Baden-Baden. Bereits 2005 gab es eine Schau seiner ungewöhnlichen Arbeiten im Leonhardi-Museum in Dresden-Loschwitz unterhalb des Villenviertels Weißer Hirsch nahe dem Blauen Wunder.
Die Besonderheit Lippolds ist es, den Holzstock, in den er seine Bilder schneidet, selbst zum Kunstwerk zu machen. Eine Kopfportraitserie der 1990er Jahre, Brettspiel genannt, ist noch auf Papier abgezogen. Die Reliefs auf Sperrholzplatte hängen neben den schwarzen Druckabzügen. Schwarz ist auch die vorherrschende Farbe, die mit der braunen Holzmaserung der Platten kontrastiert. Lippolds Motive sind aber vorwiegend aus der Natur. Er schneidet Landschaften und auch ganz verwinkelte Gebäudereliefs in die zunächst aus alten Möbeln gebrochenen, dann immer größer werdenden Sperrholzplatten. Eine minutiöse Millimeterarbeit, bei der aus einzelnen Pixeln und Streifen fast fotografische Bilder entstehen, die eine erstaunlich verzerrte Dreidimensionalität vortäuschen. Man kann die Werke aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder neue sehen. Die Ausstellung benutzt daher im Titel auch die deutsche Umschreibung für den Begriff der Anamorphose.
Die großen Formate erinnern ebenso an labyrinthische Phantasiearchitekturen von M. C. Escher wie die ab den 2010er Jahren immer abstraktere Formen annehmenden Figurenbilder und malerischen Farbkompositionen an Vasarelys Spielereinen mit der Dreidimensionalität. Nun halten nämlich auch weitere Acryl-Lack-Farben Einzug in die Werke Lippolds. Es dominieren dabei parallel verlaufende, ins Holz geschnittene Linien, die in verschiedenen Winkeln aufeinander treffen und farblich voneinander abgesetzt sind. Ebenfalls ein bewundernswertes Spiel mit der Perspektive. Wer einen ersten Eindruck gewinnen will, kann sich auch den von Kurator Johannes Schmidt moderierten kurzen Rundgang durch die Ausstellung auf dem YouTube-Kanal der Museen der Stadt Dresden anschauen.
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Frank Lippold: Bellwald, 2017 | Foto (C) Michael Belogour
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Stefan Bock - 31. Mai 2020 ID 12270
Weitere Infos siehe auch: https://www.galerie-dresden.de
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