Leuchtende
Tote
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Bewertung:
Wer die Thriller von Andreas Winkelmann regelmäßig liest, ist gleichzeitig über die neuen Trends in der Gesellschaft auf dem Laufenden. War es Im Haus der Mädchen eine private Zimmervermittlung nach Vorlage von Airbnb, so ist es diesmal der private Fahrdienstanbieter Mydrive. Außerdem steht das eitle Vermarkten eigener Fotos über Instagram, das mit Beautyfiltern die eigene Schönheit aufpeppt und so Follower garantiert im Mittelpunkt des Geschehens.
Die neuen Trends bergen Gefahren, und Winkelmann wäre nicht Winkelmann, wenn er hier nicht die Möglichketen für perfide Morde und ihre „durchgeknallten“ Täter herausstellen könnte. So erwartet uns auch diesmal ein spannender und hochmoderner Thriller, bei dem mehrere Frauen bestialisch zu Tode kommen.
Diesmal sind die Gesichter der Toten mit Leuchtfarbe bemalt. Besonders perfide, der Täter spielt Katz und Maus mit der Polizei, kündigt seine Tat nicht nur im Account des Opfers auf Instagram an, sondern dokumentiert dort auch den Verlauf. Kommissar Jens Kerner und seine Mitarbeiterin Rebecca Oswald geraten so gleich in mehrfacher Hinsicht unter Druck, denn es geht sowohl darum das Leben weiterer Opfer zu retten als auch um die Tatsache, dass die Arbeit der Polizei öffentlich lächerlich gemacht und als Unfähigkeit dargestellt wird.
Natürlich trifft dies auf das Ermittlerteam, das wir bereits aus den Vorgängerromanen kennen, nicht zu. Besonders positiv ist dabei Rebecca (Becca) zu vermerken, die eigentlich „nur“ als Büroangestellte im Kommissariat arbeitet, mit ihrer Ruhe und Logik aber den Kollegen oft eine Nase voraus ist.
"Was war das Wesen eines Rätsels? Es musste durch Denken gelöst werden, und die Lösung wurde meistens durch mehrdeutige und irreführende Angaben erschwert. Ziel eines Rätsels war es, es dem Rater so schwer wie möglich, wenn nicht sogar unmöglich zu machen, die Lösung zu finden. Oftmals erschien etwas richtig, war es aber nicht…
(…)
Die Opfer schienen zu leuchten, aber es war nur die fluoreszierende Farbe. Die Farbe die einen Bezug zum Täter haben musste, so schien es. Aber was, wenn er damit absichtlich eine falsche Spur legte oder, noch ausgeklügelter eine richtige Spur, die als solche aber nicht zu erkennen war?
Was, wenn er durch die Leuchtfarbe zu verstehen geben wollte, dass nichts so ist, wie es scheint?
Steckte darin nicht auch eine Verbindung zu den (…) sozialen Netzwerken? Dort gab sich auch niemand so, wie er in Wirklichkeit war, man erschuf eine Scheinwelt, einen schöneren Schein von sich selbst."
(Der Fahrer, S. 341)
Es ist reizvoll den Überlegungen von Becca zu folgen, die von ihrem Kollegen Jens Kerner mehr als nur geschätzt werden. Beide verbindet eine tiefe Freundschaft, bei der sich andeutet, dass daraus einmal mehr werden könnte. Doch die Ermittlungen und ihre Dringlichkeit stehen möglicher Erotik im Wege - vielleicht ändert sich dies ja beim nächsten Fall.
Schade ist es vielleicht, dass in den Winkelmannschen Büchern, wie auch in aktuellen Thrillern anderer Autorinnen und Autoren, regelmäßig gerade Frauen gequält und zu Tode gebracht werden. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die Täter, doch wünschte ich manchmal, dass die wirklich extrem spannenden Handlungen einmal ganz anderen Ideen folgen würden.
Ellen Norten - 2. September 2020 ID 12431
Rowohlt-Link zum Thriller
Der Fahrer von Andreas Winkelmann
Post an Dr. Ellen Norten
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