Eine Bibel
für Ungläubige
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Es sind die Fragen, die mir oft durch den Kopf gingen und für die ich keine Antwort fand. Als Naturwissenschaftlerin und Biologin zog ich den Gott meiner Kindheit immer stärker in Zweifel. Warum stellte der Gott der Christen den wahren Gott dar, während andere Götter selbstverständlich als nichtexistent charakterisiert wurden. Richard Dawkins sieht diese Fragen, und er beantwortet sie auch, sie bestärken ihn in seinem Atheismus, und den möchte er den Lesern näherbringen.
"Im Lauf der Geschichte wurden auf der Welt Tausende von Göttern angebetet. Polytheisten glauben an viele Götter gleichzeitig. Der Obergott der Wikinger war Wotan (oder Odin). [...] Auch die alten Griechen und Römer waren Polytheisten. Ihre Götter waren wie die der Wikinger sehr menschenähnlich und hatten starke menschliche Gefühle und Begierden." (S. 14)
Es kommt also darauf an, zu welcher Zeit und in welchem Land wir geboren werden. Wir „lernen“ die Religion unserer Eltern. Der Gottesglaube ist ein Glaube, wissenschaftlich beweisen kann man die Existenz Gottes, ob nun unseres oder einer der vielen Gottheiten, die auf dem Globus auch noch existieren, nicht.
"Ich glaube auch nicht an Jahwe, denn Gott der Juden. An ihn glaubst du wahrscheinlich, wenn du als Jude, Christ oder Muslim aufgewachsen bist. Der jüdische Gott wurde von den Christen und (unter dem arabischen Namen Allah) von den Muslimen übernommen. [...] Jahwe, heute der beherrschende Gott, den die meisten Menschen meinen, wenn sie 'Gott' sagen, fing relativ klein an als Stammesgott der alten Israeliten, die sich für sein 'auserwähltes Volk' hielten und glaubten, er werde für sie sorgen." (S. 15)
So nüchtern werden die Weltreligionen selten betrachtet. Doch Dawkin geht noch weiter. Er kritisiert die Bibel sowohl inhaltlich als auch in ihrem historischen Wahrheitsgehalt. Dazu nimmt sich Dawkins viel Raum und präsentiert akribische Recherchen. Die historische Existenz von Jesus sieht er lediglich in einem Quellentext bestätigt, das Alte Testament vergleicht er mit den Schriften Homers, die für ihn nach dem Motto „stille Post“ stark an Wahrheitsgehalt eingebüßt haben und eher für einen Mythos stehen.
Dawkins ist Evolutionsbiologe, er folgt den Lehren von Charles Darwin. Nur hatte Darwin nicht den missionarischen Eifer die Menschheit von der Nichtexistenz Gottes zu überzeugen. Er sah seinen evolutionsbiologischen Ansatz eher als eine unvermeidbare Erschütterung der Glaubensprinzipien an und beobachtete an seiner Frau, wie schwer es für einen Menschen sein kann, diesen unverbrüchlichen Glauben zu gefährden.
Dawkins hat diese Probleme nicht. Vielleicht liegt seine Popularität sogar darin begründet. Sein schon 1976 erschienenes Buch Das egoistische Gen gilt als zentrales Werk der Evolutionsbiologie und ist ein Plädoyer für das Erbmolekül DNA. Das, oder zumindest die Gene darin „wollen“ überdauern und tun dies, indem sie in unseren Kindern und Kindeskindern weiterleben. In der Soziobiologie wird damit die Vetternwirtschaft erklärt. Wer keine eigenen Kinder hat, der fördert seine Nichten und Neffen, denn sie teilen immerhin noch eine gehörige Portion gemeinsames Erbgut mit ihrem Onkel oder ihrer Tante. Und mit eigenen Kindern sind Familienbande ohnehin hilfreich, wie heißt es so schön: Blut ist dicker als Wasser.
Atheismus für Anfänger erinnert in seiner Strategie an religiöse Schriften. Es gilt den (jungen) Menschen vom Atheismus zu überzeugen und stellt sich damit gegen Religionen und Gottesglauben schlechthin. Das Buch richtet sich an junge Menschen, ist sicher lesenswert, doch verlässt es die Ebene der Sachlichkeit. Damit gibt es Raum für Kontroverse, für eigene Gedanken und zur Diskussion.
Ellen Norten - 8. Februar 2020 ID 11987
Verlagslink zum Sachbuch
Atheismus für Anfänger
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