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Krimi

Das Fräulein

vom Amt





Bewertung:    



Das waren noch Zeiten, als unverheiratete Frauen als Fräulein bezeichnet wurden und verheiratete Frauen nicht oder zumindest nicht in bestimmten Berufen arbeiten durften. Eine "Frau vom Amt" hätte es 1922 nicht nur in Baden-Baden geben dürfen, und so kann und darf der Titel des Romans keineswegs gentrifiziert werden, denn das entspräche der Unwahrheit. Hundert Jahre ist es her, dass Frauen sich solchen Vorschriften und Formalitäten unterwerfen mussten. Mutige Frauen haben seither erreicht, dass sich viel – wenn auch nicht genug – verändert hat.

Alma Täuber, die Protagonistin des Romans (Fräulein vom Amt - Die Nachricht des Mörders) ist sicher keine Emanze, aber eine selbstbewusste, neugierige Frau, die so manchem Abenteuer nicht aus dem Weg geht. Sie arbeitet als Telefonistin, verbindet Gesprächspartner und bekommt manchmal freiwillig, doch meist eher unfreiwillig den einen oder anderen Gesprächsfetzen mit.


"'Ich wollte nur melden', sagte der Mann, und es klang, als wenn man Nägel über eine Schiefertafel zog, 'ich wollte nur melden, dass der Auftrag erledigt ist. Sie finden die Dame bei den Kolonnaden.'" (S. 18)


Handelt es sich um einen makabren Scherz, oder hat Alma gerade die Auftragsbestätigung eines Profikillers belauscht? Die Frage klärt sich, als am nächsten Morgen tatsächlich die Leiche einer jungen Frau bei den Kolonaden gefunden wird. Die Unbekannte trägt Jetons eines illegalen Spielkasinos bei sich und erweckt den Eindruck einer Prostituierten. Alma eilt ins Polizeipräsidium, um ihre Beobachtung zu melden, doch dort hält insbesondere der Kommissariatsleiter die Geschichte für starken Tobak. Frustriert geht Alma nach Hause, welches sie mit ihrer Freundin Emmi teilt. Die lebenslustige Emmi steht mit beiden Beinen im Leben und weiß sofort, warum Almas Hinweis auf wenig Interesse stößt. Es handele sich um einen sogenannten Kartoffelmord, meint sie.


"'Alma, ein Mord an einer Prostituierten! Das ist für einen Tag Stadtgespräch, und sie zerreißen sich die Mäuler darüber. Und dann?' Emmi blieb stehen und schlug mit der flachen Hand auf den Küchentisch. 'Dann wird die Zeitung dazu benutzt, Kartoffeln einzuwickeln. Niemand denkt mehr daran. Du hast deine Aussage gemacht und damit hätte die Sache erledigt sein sollen', fuhr Emmi fort.
'Ich musst die Frau sehen', verteidigte sich Alma.
'Die Leiche', stellte Emmi klar. 'Eine Leiche, Alma. Und nicht die deines friedlich im Bett gestorbenen Großvaters.'"

(S. 77)



Alma gibt nicht auf, macht sich zur Anwältin der Ermordeten und schafft es schließlich, deren Identität zu klären.

Die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts sprengen in mancher Hinsicht das biedere Korsett der nach außen gelebten Prüderie. Alma wird damit konfrontiert, dass es nicht nur illegales Glücksspiel gibt, sondern das Frauen auch Frauen lieben können, auch wenn dies eher im Verborgenen geschieht.

*

Der Roman von Charlotte Blum ist ein gut recherchiertes Gesellschaftsbild. In der winzigen Wohnung, die sich Alma mit ihrer Freundin Emmi teilt, sind Herrenbesuche nicht erlaubt und die Vermieterin, eine alte zeternde Witwe kontrolliert das Treppenhaus auf mögliche Besucher. Die allgegenwärtigen flotten Sprüche aus Männermündern, mit denen versucht wird selbstbewusste Frauen kleinzuhalten, liefern einen erstickenden Eindruck der „guten alten Zeit“. Alma muss bei ihren Ermittlungen gegen Vorurteile bis hin zu frauenverachtendem Verhalten ankämpfen.

Alma und ihre Freundin Emmi stammen passender Weise aus der Feder zweier Autorinnen, die gemeinsam unter dem Pseudonym Charlotte Blum schreiben. Charlotte Blum steht für Regine Bott & Dorothea Böhme, die beide bereits mit eigenen Werken erfolgreich waren und sind. Hier haben sich zwei kreative Köpfe zusammengetan und zwei originelle, wie überzeugende Frauencharaktere geschaffen. Da dies ausgewiesenermaßen der erste Fall für das Fräulein vom Amt ist,


Ellen Norten - 9. September 2022
ID 13795
Verlagslink zum Fräulein vom Amt


Post an Dr. Ellen Norten

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