Insiderwissen
um den Panama-
kanal
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Bewertung:
Da bekomme ich von einer Agentur für Buchmarketing ein Buch angeboten, dessen Thema mich reizt: Der Panamakanal und die politischen Verflechtungen, die sich um dieses Jahrhundertbauwerk ranken - ein Thriller [Titel: Die Expansion], der sich mit der Erweiterung der wichtigen Wasserstraße beschäftigt. Erst als ich das Buch in der Hand halte, bemerke ich, dass es keinen Verlag hat, sondern als Books on Demand erschienen ist. Das ist ungewöhnlich bei dieser sonst eher von Verlagen wahrgenommenen professionellen Vermarktungsschiene. Und es gibt weitere Besonderheiten. Als Unternehmer, der lange in Panama gearbeitet hat, konnte der Autor dort einen Insiderblick auf das Land werfen, als Schriftsteller hatte er jedoch keine Erfahrung. Da es ihm vermutlich nicht an Geld mangelt, hat Christoph Martin (Zollinger) eine erfahrene Autorin, nämlich die australische Schriftstellerin Libby O´Loghlin für seine Idee gewinnen können, und das Duo hat den vorliegenden Roman produziert. Dem werden sogar drei weitere Teile folgen, und die englische Version des Buches wurde 2017 von den Mitgliedern des Onlinebookclub in den USA zum Buch des Jahres gewählt.
Hier, so scheint es für mich, hat sich ein Mann seinen Traum vom eigenen Buch erfüllt und die Hürde der Verlagsfindung umgangen. Mit entsprechendem Geld können eine erfahrene Co-Autorin, der Druck und die entsprechende PR-Agentur bezahlt werden. Soweit diese Vorbemerkungen.
Natürlich besticht der Autor mit seinem Wissen. Die Eckdaten um die Erweiterung des Panamakanals stimmen, und die politischen Verwicklungen mag man, auch wenn sie in dieser konkreten Schilderung fiktiv sind, glauben. Am Kanal, der dem ganzen Land ein enormes strategisches Gewicht verleiht, kämpfen die Mächtigen aus Politik und Wirtschaft verschiedener Staaten um den Großauftrag, der ihnen eine gewisse Kontrolle sichert.
Was den fiktiven Rahmen angeht, so sind die US-Agentin Karis Deen und der Chefingenieur Max Burns eher blasse Figuren, und die Liebesgeschichte zwischen den beiden wirkt fast schon konstruiert. Vermutlich hat sich der Unternehmer bei der Beschreibung von Gefühlen schwer getan, während er die politischen und wirtschaftlichen Verwicklungen hochspannend daher leiten kann. Auch die versnobte Gesellschaft, die am Kanal Golf spielt und sich noch weiteren Freuden hingibt, ist glaubwürdig geschildert.
"Sofia stand jetzt neben ihm. Max versuchte nicht auf ihre Brüste zu starren, die kaum von einem grellpinkenen Häkelbikini-Oberteil bedeckt wurden. Sie trug winzige Jeansshorts, die Sarah 'kaum einen Gürtel' genannt hätte.
'Bring die Mädchen zum Pier. Schmeiß alle so schnell wie möglich raus, damit sie das Boot nicht verpassen.' Er zeigte auf sie. 'Aber nicht Du. Du gehst nicht. Du wirst den Ingenieuren ihre Zimmer zeigen.'" (S. 90)
Man wundert sich, dass bei diesem Rahmenprogramm tatsächlich noch gearbeitet wird, aber das Projekt schreitet trotzdem oder gerade deshalb zügig voran.
Wie auch das geschilderte vierteilige Buchprojekt. Der Thriller ist durchaus lesenswert, liefert intime Details, dennoch stellt sich die Frage ob Bücher in Zukunft verstärkt diesen Weg gehen werden.
Ellen Norten - 3. September 2018 ID 10888
Link zum BoD-Titel:
Die Expansion von Christoph Martin
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