Schaurig
schrecklich
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Bewertung:
"Die Weiße Frau stand noch an derselben Stelle zwischen den beiden jungen Fichten. Ihr Gesicht war eine grauenerregede, verzerrte Fratze, wie Regina, noch keine zuvor gesehen hatte. Ihr Puls raste, und sie musste gegen den Drang ankämpfen, sich auf dem Hochsitz zusammen zu kauern, um sich zu verstecken.
Denn jetzt kam die Gestalt über die langgestreckte, mit hohem trockenem Gras und Fichten bestandene Lichtung auf sie zu. Taumelte hin und her, strauchelte, ging zu Boden, richtete sich wieder auf. Dabei zuckte ihr Kopf hin und her wie der eines Raubvogels, und sie fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, als versuchte sie, irgendwo Halt zu finden." (Die Lieferung, S. 8)
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Der Text könnte einem Schauerroman aus dem vorletzten Jahrhundert entstammen. Die Frau in Weiß von Wilkie Collins erschien 1860. Doch der Thriller ist brandneu und kommt aus der Feder von Andreas Winkelmann, der für perfiden Horror, nicht aber für Gespensterliteratur bekannt ist. Wer ist also diese Frau in Weiß? Das bleibt lange Zeit unklar. Immerhin gelingt es der Polizei die unheimliche Fremde zu fassen. Sie ist aus Fleisch und Blut, doch hat sonst wenig Menschliches an sich. Sie schlägt um sich, beißt und redet unverständlich. Als man die Frau ins Krankenhaus bringt und dort fixiert, beißt sie sich die Zunge ab und erstickt an ihrem Blut. Nun wird es noch schwieriger das Rätsel, um ihre Person zu lösen.
Wir begleiten Polizeikommissar Jens Kerner und seine querschnittsgelähmte Kollegin Rebecca Oswald bei den schwierigen Ermittlungen. Eins wird schnell klar; die Frau in Weiß scheint geflüchtet zu sein, doch vor wem? Endlich kann sie identifiziert werden, und es wird offensichtlich, dass auch andere verschwundene Frauen mit dem Täter in Zusammenhang gebracht werden können. Denn es gibt ein auffälliges Muster: Die verschwundenen jungen Frauen sind alle außergewöhnlich schön, und sie haben eine zweite Person an ihrer Seite, die zum Zeitpunkt ihres Verschwindens umkommt.
Vor diesem Hintergrund lernen wir die attraktive Altenpflegerin Viola kennen, die sich verfolgt fühlt und Schutz bei ihrer Freundin Sabine sucht. Gemeinsam bemerken sie einen Mann, der sich an Viola wie ein Schatten heftet, ein extrem unauffälliger Mann, der lediglich durch seine hellblaue Tasche augenfällig wird. Sabine schießt ein Handyfoto von ihm, der bemerkt dies und fühlt sich erkannt. So leitet er „entsprechende“ Maßnahmen ein.
Nun startet ein Horrorszenario vom feinsten, und jede Seite des Buches offenbart dunkelsten Grusel. Nur das sympathische Ermittlerpärchen mit seinen originellen Angewohnheiten bildet hier einen heiteren Gegenpol. Das funktioniert allerdings auch nur so lange, bis die im Rollstuhl sitzende Kriminalassistentin in die Fänge des Psychopathen gerät.
Wieder sind es Frauen, die bei Winkelmann Opfer eines kranken Gewalttäters werden. Doch obwohl der Autor dieses Thema in mehreren seiner Thriller aufgreift, weiß er es immer wieder neu und unvorhersehbar zu lösen. So liest sich das Buch von der ersten bis zur letzten Seite spannend - gute Nerven sind die Voraussetzung für diese Lektüre.
Ellen Norten - 8. Juli 2019 ID 11554
Link zum Krimi
Die Lieferung von Andreas Winkelmann
Post an Dr. Ellen Norten
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