Nonsens
für Kinder
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Bewertung:
Man sollte Kinder nicht unterschätzen. Der spielerische Umgang mit Sprache ist ihnen vertraut. Sie lernen erst allmählich, die Kommunikation rationalen und ökonomischen Prinzipien unterzuordnen. Deshalb verfügen sie über eine Affinität zum Nonsens, zu einer Sprachverwendung, die sich der Logik entzieht, mit anderen Worten: „absurd“ erscheint. Im englischsprachigen Bereich ist diese Erkenntnis tiefer verwurzelt als in der deutschsprachigen Tradition. Nursery Rhymes liefern einen reichen Schatz an Nonsens-Gedichten und -Liedern und haben sich über Jahrhunderte gehalten. Wo deutsche Kinderverse zum pädagogischen Gestus neigen und dabei nicht immer eine aufklärerische Position vertreten, erfreuen Nursery Rhymes durch intelligentes „Geblödel“. Sie erschaffen eine Gegenwelt, wie wir sie auch aus Lewis Carrolls Alice in Wonderland kennen.
In der deutschsprachigen Literatur findet man derlei am ehesten in Büchern, die nicht in erster Linie für Kinder gedacht sind: bei Peter Bichsel, Franz Hohler oder Barbara Frischmuth. Jetzt haben Christian Futscher und Raffaela Schöbitz unter dem schönen Titel Gute Reise, Eierspeise! ein schmales Büchlein veröffentlicht, das sich dezidiert an Kinder wendet. Die Gedichte sind in die ganzseitigen pastellfarbenen und dünn gestrichelten Bilder integriert. Futscher, Jahrgang 1960, hat bereits ein umfangreiches Werk für Erwachsene vorgelegt und zahlreiche Preise eingeheimst, Raffaela Schöbitz, Jahrgang 1987, ist eine erfahrene Grafikerin und Autorin. Sie hat unter anderem das umfangreiche Romankonvolut Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen von Philipp Weiss illustriert.
Gleich das erste Gedicht schlägt den Ton an:
"Husch, husch,
was floh ins Gebusch?
War es ein Schwein?
War es ein Stier?
War es allein?
Waren es vier?
Ich gehe
zum Gebusch
und sehe:
Es war ein Husch!"
Was ein Husch nun ist, verrät auch die Illustration nicht. Man sieht nur das Gebüsch, auf das ein Junge, ein Schwein und ein Stier starren. Der Fantasie der Betrachter werden keine Fesseln verpasst.
Eine weitere Kostprobe:
"Der Affe und das Schwein
Ein Affe sprach zu einem Schwein:
'Du bist so fett,
das darf nicht sein!'
Da sprach das Schwein zum Aff‘:
'Und du bist nett.'
Da war der Aff‘ baff."
Was können wir daraus lernen? Nicht arg viel. Außer eben, das Reime, Metrum und Rhythmus sowie Unsinn Spaß machen. Den sollte man Kindern gönnen.
Thomas Rothschild – 18. Juni 2020 ID 12307
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Gute Reise, Eierspeise!
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