Der Erdtrabant
als Wirtschaftsfaktor
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Drei Tage Flug, und wir hätten unseren Mond erreicht. Dass dies in den letzten 50 Jahren nicht geschehen ist, liegt einzig und allein am Geld. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wollten die US-Amerikaner die Russen beim Wettrennen ins All um jeden Preis schlagen, und mit der ersten Mondlandung von Neil Armstrong und Edwin Aldrin gelang ihnen dieser spektakuläre Erfolg. Raumfahrt mit Menschen an Bord ist teuer, weitaus teurer als es die unbemannte Raumfahrt ist, denn schon die Sicherheitsmaßnahmen und die zwingende Rückkehr zur Erde treiben den Preis enorm in die Höhe. Das Apollo Programm wurde aus Kostengründen eingestellt, die Faszination für den „Mann im Mond“ blieb jedoch bestehen.
Wenn in einem Wirtschaftsverlag ein Buch mit dem Titel Zurück zum Mond erscheint, dann müssen hier andere, neue Kriterien zu Grunde liegen, die eine bemannte Station auf dem Mond rechtfertigen. Und so präsentiert der US-amerikanische Astrophysiker Joseph Silk alle Argumente, die für eine Besiedlung des Mondes sprechen.
Da stehen an erster Stelle die seltenen Erden, die auf der Erde (wie der Name bereits andeutet) nur in geringer Menge zu finden sind und deren Abbau auf unserem Planeten leider gewaltsame Konflikte und massive Umweltzerstörungen mit sich bringt. Der Abbau ließe sich alternativ auf den Mond auslagern, ein etwas zynischer Vorschlag, denn die genannten Probleme könnten auch bei uns politisch geregelt werden. Doch selbst wenn es zu einer solchen industriellen Ausbeutung des Mondes käme, wäre dies noch sehr lange hin, und die Menschen vor Ort und die Umwelt heute würden davon jetzt nicht profitieren.
Realistischer ist das Argument, dass es schon erste Weltraumtouristen gibt, die nahezu unbegrenztes Kapital für eine eigene Fahrkarte ins All zur Verfügung stellen. Zudem sind neben den Amerikanern und den Russen mittlerweile wir Europäer und die Chinesen an der bemannten Raumfahrt beteiligt, und weitere Nationen stehen in den Startlöchern, was den Erfolg vergrößert.
Silks Visionen zur Besiedlung des Mondes sind konkret, sie beschreiben die natürlichen unterirdischen Lavagänge, in denen die Mondarbeiter vor der gefährlichen kosmischen Strahlung geschützt sind. Neben dem industriellen Abbau von Mondgestein präsentiert er auch sympathischere Ideen, wie etwa Erholungszentren an den Mondpolen, die den Lesern seine Zukunftsideen schmackhaft machen sollen. Silk wird nicht müde, diese Schritt für Schritt zu entwickeln, doch die meisten Leser des Buches, wie auch Silk selbst, werden deren Realisation nicht mehr erleben.
Für den Forscher Silk steht jedoch nicht die kommerzielle Ausbeutung des Mondes, sondern die damit verbundene wissenschaftliche Erkenntnis im Vordergrund, die quasi fast nebenbei mitgeliefert werden könnte, letztendlich also die Suche nach fremdem Leben im All.
"Die eigentliche Zukunft für die Suche nach erdähnlichen Planeten liegt im Bau von Mondteleskopen. Nur auf dem Mond könnte es gelingen, ein ausreichend großes Teleskop zu bauen. Die Teleskopgröße stellt auf dem Mond kein Hindernis dar. (…) Ein Mondobservatorium wird nur ein kleines Extra bei der geplanten Erschließung des Mondes sein, vergleichbar mit dem Bau einer weiteren Hotelanlage für Mondtouristen." (S. 188)
Und Silk will das sogenannte dunkle Zeitalter aufklären, also die direkte Folgezeit nach dem Urknall. Entsprechende Teleskope könnten die Daten liefern, die einen Blick in die früheste Vergangenheit ermöglichen, sprich nach dem Anfang von Allem, wenn es einen solchen Anfang gibt.
Ein umfassendes und interessantes Buch, in dem Wissenschaft allerdings auch als Vorwand für industrielle Interessen missbraucht wird.
Ellen Norten - 11. August 2023 ID 14329
Verlagslink zum Sachbuch
Zurück zum Mond
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