Tod eines
Roboters
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Bewertung:
Androiden, humanoide Roboter, die kaum mehr von Menschen zu unterscheiden sind, stürmen (als Thema) den Büchermarkt. Nicht nur in die Science-Fiction, sondern auch in andere Genres halten sie Einzug, so eben auch in Jugendbücher. Das KI dem Buch jedoch als Titel dient, ist fantasielos und nennt das Kind gleich beim Namen: Künstliche Intelligenz. Der Protagonist Eric, Spitzname Slick, ist ein Android, ein sympathischer Vertreter, dem die Freundschaft vorprogrammiert ist. Wir lernen Slick in seinem Umfeld kennen, Familie, Schule und Clique.
Die Konversation zwischen Slick und seinen Freunden funktioniert ein wenig nach dem Schema der Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling. Auch Slick hat seinen sehr speziellen Blickwinkel auf Dinge. Er versteht nur das, was ihm als Wissen zuvor einprogrammiert wurde und zieht daraus seine Schlüsse, mal kurios und mal ernst.
"Wir gehen jeden Freitag zu Dr. Killman, aber von dem Besuch heute erzähle ich deshalb, weil Dr. Killman nicht da war. Stattdessen hat sich Dr. Neumund um mich gekümmert. Als ich an der Reihe war, fragte ich ihn, ob er Zahnarzt geworden wäre, weil er Neumund heißt. Er lachte, dann blieb er stehen und starrte mich an.
'Hast du gerade einen Witz gemacht, Eric?'
So wie er das gefragt hat, klang es, als hätte ich was falsch gemacht.
'Nein.'
'Du wolltest also nicht witzig sein?'
'Nein. Tut mir leid, wenn das unhöflich war. Es ist nur, dass Dr. Neumund so ähnlich klingt wie Dr. Neuer Mund. Und Zahnärzte machen doch die Münder von den Leuten neu.'
'Dann hast du also nur eine Tatsache festgestellt?'
'Ja.'" (S. 21)
Slick, der seinen Spitznamen von einem Firmenlable für Sneaker herleitet, entwickelt sich in seiner Persönlichkeit weiter. Er beginnt Dinge, die er nicht versteht, kritisch zu hinterfragen und kann zwischen echten und scheinbaren Freunden unterscheiden. Er wird zu einem „warmherzigen, mitfühlenden Wesen“ und bleibt doch ein Computer, von Kabeln durchzogen, der täglich aufgeladen werden muss. Tragisch geschildert wird der „Tod“ von Eric/Slick am Ende des Buches, denn Slick gerät seinen Erbauern außer Kontrolle und wird für sie zum Sicherheitsrisiko. Monica M. Vaughan versteht es dabei hervorragend, das schwierige Problem des Ichbewusstseins und der Leidensfähigkeit bei künstlichen Intelligenzen zu thematisieren.
Vielleicht hätte die Geschichte von Slick auch funktioniert, wenn wir nicht sofort gewusst hätten, dass er ein Android ist, zumal er es selbst im Roman recht spät erfährt. Es hätte spannend sein können, seine Identität Schritt für Schritt mit seinen Freunden Danny und Vito zu entdecken. Auch der zu Beginn gegebene Hinweis auf den Tod von Slick nimmt den Ausgang des Romans in gewisser Weise vorweg. So bleibt es ein unterhaltsames Buch, in dem jugendrelevante Themen wie Markenidentität und soziale Netzwerke kritisch unter die Lupe genommen werden, und es ist ein Buch über Freundschaft und den Wert, den sie schon für Kindern hat.
Ellen Norten - 19. Juni 2020 ID 12309
dtv-Link zum
Jugendbuch KI
Post an Dr. Ellen Norten
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