Feine Gesellschaft
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Im Kölner Südpark wird eine Frauenleiche gefunden. Die Tote starb an einer Überdosis Heroin, war allen Untersuchungen zufolge aber kein Junkie. Offensichtlich handelt es sich um Mord, und Kommissarin Theresa Rosenthal ermittelt. Über diese Polizistin erhalten wir zunächst einige Informationen.
Rosenthal hat eine adelige Herkunft, den goldenen Löffel hat sie jedoch ausgespuckt und einen bürgerlichen Mann geheiratet. So etwas soll vorkommen. Dass der Liebhaber der Ermordeten ebenfalls blaublütig ist, sogar aus einem alten italienischen Adel stammt, strapaziert den Zufall gewaltig. Als der Conte Sandro Farinesi dann noch bei der adeligen Tante der Kommissarin kurzfristig Unterschlupf gewährt bekommt und die drei sich einen formvollendeten Abend gönnen, bin ich kurz davor das Buch in die Ecke zu werfen. Ich lese keine Yellow-Press.
Doch dann nutzen die Adeligen ihre Beziehungen, und da das Opfer Claudia Ruppert, eine investigative Journalistin, zudem mit einem Staatssekretär verheiratet war, gibt es einige Hintergrundinformationen, die bei einer normalen Ermittlung nicht so leicht verfügbar wären. Es geht um die Firma Cambridge Analytica, die seit 2018 Cultural Risk Advisors heißt berichtet Sandro an dem Mordabend.
"'Und wie sieht das Geschäftsmodell genau aus?', wollte Rosenthal wissen. 'Die bieten ganze Wahlfälschungen auf dem freien Markt an. Und ihr glaubt es kaum, Kundschaft aus der ganzen Welt rennt denen die Tür ein. Landschaftspflege – ein hübsches Geschäftsfeld. , Geheimdienstsprache für:
'Mich erstaunt kaum etwas.' Theresa schüttelte den Kopf. 'Aber ein bisschen schlecht darf einem bei dieser Information werden.'
'Claudia und ein paar andere Leute von den Rheinjunkern haben tiefer gebohrt und meinen, dass die Pharma-Industrie ebenfalls Geld an Cultural Risk Advisors zahlt. Die Pillendreher kochen ihr eigenes Süppchen.'
'Es geht um Millionen, eher Milliarden. Dafür lässt man sicher gerne ein paar Euro springen', grübelte Theresa. 'Und kommt ihnen jemand in die Quere, lassen sie die Muskeln spielen. Mord nicht ausgeschlossen.'" (S. 132)
In Köln geht es, wie sollte es anders sein, um den kölschen Klüngel, in diesem Fall um die Sanierung der Oper, deren Kosten von ursprünglich 230 Millionen auf mittlerweile weit über eine Milliarde Euro gestiegen sind, und ein Ende ist nicht abzusehen. Als eine Mitarbeiterin des Baudezernats einbetoniert im Keller der Baustelle gefunden wird, ist ein Zusammenhang mit dem Mord an der Journalistin naheliegend, denn diese recherchierte ebenfalls über das Opernhaus. Nun gilt es gleich zwei Morde aufzuklären.
All das könnte einen interessanten Krimi liefern, wenn, ja wenn da nicht der überkandidelte Adel wäre. So schildert Autorin Maren Friedlaender ein ganzes Kapitel lang, wie die Kommissarin, um sich zu beruhigen, eine Golfpartie mit einem ehemaligen Verdächtigen aus einem anderen Fall spielt. Insiderausdrücke zum Golfspiel fallen, und die Kommissarin sonnt sich darin, dass ihr Golfpartner ihrer Meinung nach in sie verliebt ist. Dafür lässt sie gerne ihren Mann Sonntagsvormittag zu Hause schmoren. Die einzigen Probleme von Theresa Rosenthal bestehen in ihrem zunehmenden Alter und der Sorge, dass sie vielleicht nicht mehr der Schwarm aller Männer ist, insbesondere derer, mit denen sie beruflich zu tun hat. Schön, selbstbewusst und erfolgreich, das ist die Devise der Kommissarin, die mich stark an Charlotte Lindholm alias Maria Furthwängler aus dem hannoverschen Tatort erinnert.
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Schade, der eigentliche gut angelegte Krimi Das Opern-Phantom enthält viele Hintergrundinformationen, ist in seiner Handlung aber leider arg vorhersehbar. Und mit der Kommissarin und ihrer adeligen Umgebung kann ich einfach nicht warmwerden. Insofern werde ich kein weiteres Buch aus der Krimireihe um Theresa Rosental lesen, aber dies ist meine persönliche Einschätzung.
Ellen Norten - 5. November 2024 ID 15001
Gmeiner-Link zum
Opern-Phantom
Post an Dr. Ellen Norten
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