Vom Salz
und anderen
Chemikalien
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Bewertung:
Anscheinend kann man bei Jussi Adler-Olsen nichts falsch machen. Wer einen spannenden Krimi sucht ist hier gut bedient. Wieder konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen und wieder war es das Team um Carl Mørck, das mit Akribie und Logik vorging.
Die schwierigsten Fälle für einen Ermittler sind vermutlich die, die als Mord gar nicht auffallen. Sie geschehen als Unfall bzw. Selbstmord oder es gibt einen Vermissten, der vielleicht zum Aussteiger wurde oder aber dessen Leiche irgendwo verscharrt liegt.
Im Jahr 1988 kommt es in Kopenhagen in einer Kfz-Werkstatt zu einer Explosion, bei der alle Beschäftigten umkommen. Auch ein kleiner Junge, der seine Mutter begleitet, die ein Fahrzeug abholen will, stirbt. Nichts deutet bei der damaligen Untersuchung auf ein Verbrechen hin. Die Mutter des toten Jungen wird mit dem Verlust nicht fertigt und begeht im Jahr 2020 Selbstmord, was Carl Mørck und sein Ermittlerteam untersuchen. Zwar scheint der Selbstmord der Mutter das zu sein, was er vorgibt, doch der Unfall in der Werkstatt, der damit noch einmal nach oben gespült wird, wirft seine Zweifel auf.
Ungewöhnlich ist der Fund von Kochsalz, also Speisesalz, auf dem Gelände, und dabei handelte es sich keineswegs um die billige Variante zum Streuen und Schmelzen von Eis und Schnee. Das feine Natrium Chlorid [so auch der Titel dieses Thrillers] hatte die Ermittler damals nicht stutzen lassen, doch nun findet sich ein weiterer Toter, in dessen Nähe Kochsalz zu sehen ist - Zufall?
Sonderdezernat Q würde seinem Ruf als Spezialeinheit für das Lösen alter Fälle nicht gerecht, wenn die Spürnasen Carl, Rose, Assad und Gordon nicht sofort in diese Richtung fahnden würden. Und tatsächlich, sie entdecken weitere Fälle, bei denen Salz gefunden wurde.
„'Oh my God, so bringt sich doch kein Mensch selber um! Scary, echt!', flüsterte Gordon und ließ sich schwer auf seinen Platz sinken.
'Ja sein Tod wurde als Arbeitsunfall deklariert, und ja, die Fabrik wurde anschließend geschlossen. Aber…' Rose nickte Assad zu, ein Klick und das nächste Foto erschien. Es handelte sich um die Nahaufnahme von zwei abgehackten Händen, die direkt hinter der Maschine auf so etwas wie Sägespänen lagen.
Hinter ihnen ein dumpfer Aufprall. Gordons Kopf war unsanft auf den Tisch geknallt. Aber er atmete relativ normal und hatte schon wieder die Augen offen. Na also." (S. 92)
Das Salz liegt neben der Maschine. Obwohl sich zwischen den Opfern kein Zusammenhang zeigt, scheint es diesen doch zu geben. Handelt es sich also um einen Serienmörder? Doch was ist sein Motiv, wo lebt er und wie plant er seine Taten?
Erschwert wird die Fahndung durch einen anderen alten Fall, bei dem Mørck selbst unter Verdacht gerät. Die interne Ermittlung und die Drogenpolizei halten ihn nicht nur für verdächtig, sondern sind davon überzeugt, dass Mørck mit Rauschgift in großem Stil gehandelt hat und sogar an einem Mord beteiligt gewesen sein soll. Dieses „Strickmuster“ ist in so manchem Krimi vorhanden, und ich frage mich, ob tatsächlich Kriminalbeamte selbst so häufig unter Verdacht geraten. Zudem ist es für mich erschreckend, dass langjährige Kollegen, wie auch die in der Umgebung von Carl Mørck, ohne mit der Wimper zu zucken einen seit Jahrzehnten engagierten, beliebten und zuverlässigen Kollegen das Vertrauen entziehen und ihn der anderen Seite, nämlich der Seite des Verbrechens, zuordnen. Da dieses Phänomen auch in anderen Krimis anzutreffen ist und ein renommierter Schriftsteller wie Jussi Adler-Olsen davon Gebrauch macht, befürchte ich, dass sich diese Abgründe der menschlichen Seele in Kommissariaten wohl tatsächlich offenbaren, vielleicht dadurch bedingt, dass das Verbrechen dort so nahe liegt. Der Verdacht um Carl Mørck wird nicht aufgeklärt und könnte die Vorlage für den 10 Band der Krimireihe liefern. Ich bin gespannt.
Ellen Norten - 21. Dezember 2021 ID 13374
dtv-Link zum Krimi
Natrium Chlorid
Post an Dr. Ellen Norten
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