Phantastisches Kleeblatt Bewertung:     Auf reges Interesse stieß die Veranstaltung der Buchhandlung Böttger in Bonn. Vom 20. bis zum 22. September 2024 ging es dort um phantastische Literatur, keine Fantasy, denn die Geschichten entspringen dem Alltag, um sich dann auf Abwege zu begeben. Die Autoren lasen und nahmen das Publikum mit auf Wege, die mancher von uns nicht beschreiten möchte, bergen sie doch Absurdes, Dunkles und angsteinflößende Horrorszenarien. Daraus entstand dieses Buch. Uwe Durst macht uns mit einem Arzt bekannt, zu dem eine alte, verwahrloste Frau in die Praxis kommt. Statt Hilfe bei ihm zu suchen, macht sie sich dort breit. Ihr bekleckerter Kittel, ihr essensverschmiertes Gesicht erwecken kein Mitgefühl bei ihm, sondern Ekel. Vielleicht ist das, was nun folgt die Abrechnung dafür: "Die Pause war vorüber, gegessen hatte ich fast nichts, aber miteinander kehrten wir zur Praxis zurück, so wie wir am Abend miteinander nach Hause gingen. Schweigend stiegen wir das Treppenhaus hinauf, ich öffnete die Wohnung, und wir traten ein, nahezu wie Mann und Frau. Ich machte mir ein Abendessen, während sie neben mir am Herd stand; ich verzehrte es in ihrer Gesellschaft. Anschließend nahm ich eine Flasche aus dem Kühlschrank und begann zu trinken. Der Alkohol tat seine freundliche Wirkung, Was ist so schlimm daran, wenn sie mir folgt.? Ich kann ein normales Leben führen, sagte ich mir, wenn ich nicht auf sie achte, wenn ich mich benehme, als ob sie nicht vorhanden wäre." (Schleichende Schatten. Unheimliche Geschichten, S. 17) Ob die Hoffnung des Arztes aufgeht, bleibt abzuwarten. Verfolgt wird auch Gregor in der Erzählung Zirkelschluss von Andreas Fieberg. Der Blick aus dem Fenster offenbart dem Protagonisten einen wartenden Mann, der auf das Umspringen der Ampel auf Grün wartet. Niemand ist außer ihm zu sehen. Erst nach Wochen verschwindet der Mann, und Gregor geht hinunter, steht nun selbst an der Stelle, wo der Mann ausharrte und seine Aufmerksamkeit fesselte. Er schaut zu seinem Fenster, wo die Lamellen auseinandergeschoben werden, und empfängt einen Blick, "der ihn gnadenlos aufspießt(e), wie ein präpariertes Insekt" (S. 113). Uwe Appelbe geht es in der Erzählung Weltzerstörer um die Macht der Bücher. Rieke zieht sich in die Welt der Geschichten zurück und findet nicht mehr heraus. Es sind immer wieder Alltagssituationen, die die Protagonisten einfangen, die mysteriöse Entwicklungen nehmen, Verstrickungen im Grauen, dass nur Könner der phantastischen Literatur in dieser Art hervorzaubern. Hubert Katzmarz war nicht unter den anwesenden Autoren. Der Bonner Schriftsteller und Kleinverleger ist 2003 gestorben. Andreas Fieberg, sein Weggefährte, hat ihn mit in den Kreis der Autoren genommen, da seine Literatur bis heute die phantastische Literatur beeinflusst. Bei ihm gilt es das Meisterwerk der Weltliteratur zu finden. Der Protagonist, dessen Urahn das ominöse Werk verfasst haben soll, begibt sich auf Recherchereise nach Wetzlar in die Phantastische Bibliothek. Dort gerät er an einen Wissenschaftler, der angeblich eine Zeitmaschine gebaut hat. Angetrunken steigt er ein und landet am gleichen Ort in der Zeit von Goethe. Der große Gelehrte könnte von dem Buch wissen. Abenteuer schließen sich an und am Ende gibt es das Buch tatsächlich, wie auch den Urahn – mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Vier Schriftsteller, die thematisch zueinander passen und die verschiedene Facetten des Genres Phantastik beleuchten. Dreizehn Geschichten, die die Leser durch spannende, geheimnisvolle, originelle und unerwartete Abenteuer führen. Ellen Norten - 8. Januar 2025 ID 15092 https://buchshop.bod.de/ Post an Dr. Ellen Norten Buchkritiken Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA! Vielen Dank.

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