Zeitloser Mythos
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„Über Geld spricht man nicht, Geld hat man“, lautet ein dummer Spruch, der den Umgang mit Geld leider auf den Punkt bringt. Da wird der Verdienst des Elternteils selbst im Bafög-Antrag nicht angegeben, und die Unterstützung vom Staat bleibt aus, nur damit das Verdienstgeheimnis in der Familie gewahrt bleibt. Verwandten, Freunden, selbst dem eigenen Partner wird das Einkommen verschwiegen. Ein teures Auto präsentiert der Besitzer stolz, selbst wenn es seine finanzielle Situation weit übersteigt und an anderen wichtigen Gütern nun gespart werden muss, Hauptsache der neue Wagen wird vom Nachbarn neidvoll beobachtet. Der eigenartige Umgang mit Geld pflanzt sich auf offizieller Ebene fort, wenn an der Schuldenbremse vorbei ein sogenanntes Sondervermögen bemüht wird, was lediglich ein anderer Name für Schulden ist.
Aber was ist Geld eigentlich? Die banale Frage lässt sich so leicht nicht beantworten. Uwe Springfeld hat den Versuch unternommen – schwere Kost, die anhand simpler Beispiele erklärt wird. Geld ist kompliziert. Es ist Wertmaßstab sowie universelles Tauschmittel und bewahrt Werte auf. Geld hat eine Tradition:
“Kieselsteine und Muscheln wurden von anderen Autoritäten in verschiedenen Kulturkreisen als Geld verwendet. Zigaretten waren nach dem zweiten Weltkrieg eine beliebte Schwarzmarktwährung. Es ist vollkommen egal was als Geld verwendet wird. Man muss sich nur einig sein: die Autorität hinter dem Geld muss eindeutig sein. Es könnte sogar der ‘Big Mac’ sein.” (Geld, S. 19)
Die Währung muss anerkannt sein, und dafür garantiert der Staat. Die europäische Zentralbank, kurz EZB, steuert den Euro, in den USA ist es die Fed, die den Dollar hütet. Geld neigt dazu sich zu sammeln, zu „klumpen“, z.B. in den Taschen von Elon Musk. Schon 2022, so berechnete der Autor, könnte dessen Vermögen helfen...
“…die weltweite Unterernährung zu beenden sowie Polio und Malariaauszurotten. Das Geld reicht auch noch, um die medizinischen Schulden aller US-Amerikaner zu begleichen plus alle 20 Vereine der englischen Premier League und die teuerste Yacht der Welt zu kaufen. Selbst dann könnte Elon Musk noch jeden Chinesen auf einen ‘Big Mac’ und jeden Briten auf ein Bier einladen. Die Rolling Stones könnten zu dieser Riesenparty ein Privatkonzert geben – ebenfalls von Musk finanziert. Trotzdem bliebe ihm mehr Geld übrig als das Bruttosozialprodukt von Jamaika: 16 Milliarden US-Dollar.” (S. 70)
Lediglich abstrakte Werte lassen sich nicht in Geld ausdrücken. Glück, Liebe und Lebenszeit bleiben auf der Strecke, dennoch berechnen selbst Versicherungen ein Menschenleben in Geld.
Es ist nicht leicht dieses Buch zu lesen, aber es ist wichtig die wirtschaftliche Grundlage unseres Lebens auf dieser breiten Basis zu verstehen. Geld ist eben nicht nur der Inhalt des Portemonnaies, es ist der schwer durchschaubare Motor von allen wirtschaftlichen Kreisläufen, ob es das Taschengeld eines Kindes, die Rücklagen auf dem Sparbuch, der Kauf eines Brotes, einer Immobilie oder von Waffen ist. Geld ist nichts anderes als Schulden, heißt es; wer das nachvollziehen kann, vor dem ziehe ich meinen Hut. Dennoch: Geld funktioniert, und das Buch von Uwe Springfeld hilft diesen komplexen Sachverhalt zu verstehen. Geld wird hier nicht bewertet, sondern von allen Seiten beleuchtet und das macht die hundert Seiten lesenswert.
Ellen Norten – 7. März 2025 ID 15176
Reclam-Link zum Sachbuch
Geld
Post an Dr. Ellen Norten
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