Wenn es
zum Mars
geht…
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Bewertung:
Wir schreiben das Jahr 2039. Die erste Marsexpedition der Menschen steht vor der Tür. Genauer gesagt sind es noch drei Wochen bis zum Start, einundzwanzig Tage, in denen die Familien in einer Art Sternenstädtchen Abschied voneinander nehmen. Die Männer und Frauen der Crew werden drei Jahre unterwegs sein, mit eingeschränktem Funkkontakt und der realen Gefahr schwerer Pannen, Pannen, die für die Menschen an Bord tödlich enden können. Der Abschied ist also ein folgenschwerer. In der westlichen Welt kommt es nur sehr selten unter nahen Angehörigen zu einer so langen Trennung, und wir sind auf einen so dramatischen Abschied auch nicht eingestellt. Dazu werden die letzten Tage der Astronauten und ihrer Familien auf der Erde von den Medien akribisch verfolgt.
So durchlebt [in Kathleen Weises Wenn wir nach den Sternen greifen] die Ich-Erzählerin Ianthe, die siebzehnjährige Tochter einer der Astronauten, ein Wechselbad der Gefühle, während ihre jüngere Schwester Sanja beleidigt der Familie den Rücken kehrt und die Mutter Trost im Alkohol sucht. Aber auch der Vater steht zwischen Abenteuerlust und Zweifel. Darf er seiner Familie die lange Abwesenheit zumuten? Das Buch schildert die Ängste und Hoffnungen, den Stolz, aber auch die Wut, die diese Tage prägen. Dann ist der Abschied gekommen:
"Sanja reißt sich so sehr zusammen, dass sie mit den Zähnen klappert, ihr Mascara ist längst verschmiert. Als Ma und Pa sich umarmen, schaue ich zu Boden. Ich kann es nicht ertragen, zu sehen, wie sich ihr Gesicht verzieht.
'Scheiß drauf', sagt Ma nach einem Moment und löst sich von Pa.
'Ich geh da auf keinen Fall raus.' Sie wischt sich mit dem Handballen über die Augen.
Pa nickt." (S. 173)
Das Buch vermittelt viele Emotionen. Ianthe mit ihren siebzehn Jahren und ihre jüngere Schwester Sanja machen das Thema gerade für Jugendliche gut nachvollziehbar. Und tatsächlich könnten gerade diese die erste Marsexpedition der Menschheit noch erleben. Doch es geht im Buch um mehr, um Träume und den Preis, den wir zahlen, wenn wir sie verwirklichen. Das Abenteuer Mars bedeutet für die Familie Ansehen, wirtschaftliche Sicherheit, birgt aber auch enorme Angst.
Ianthe bekommt das Angebot kurz vor dem Start mit ihrer Band ein Konzert zu geben, das weltweit übertragen wird. Doch die Chance bedeutet auch, dass sie ihren Vater nicht mehr persönlich verabschieden kann. Jedes Ding hat zwei Seiten, und diese beiden Seiten versteht die Autorin vorzüglich zu beschreiben. Ein Buch, nicht nur für Jugendliche, ein Science-Fiction Roman, der eigentlich keiner ist, da er in einer noch fast überschaubaren Zukunft spielt. Die beigelegte CD Last Goodbye der Gruppe The Barn Poets vertont die von Ianthe im Buch entwickelten Musiken. Ein Buch, das nachdenklich stimmt und Gedanken und Gefühle zu neuen Herausforderungen zeichnet.
Ellen Norten - 4. Dezember 2019 ID 11864
Link zum Verlag
https://www.ueberreuter.de/
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