Nico Lumma, Stefan Rippler, Branko Woischwill I Berufsziel Social Media
Wie Karrieren im Web 2.0 funktionierenSpringer Gabler Fachmedien, 2013 ISBN 978-3-658-01245-8
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Soziale Netzwerke verändern die Nachrichtenströme und lassen unser Leben immer digitaler werden. Die strategische und operative Integration dieser Kulturtechnik gestalten in der Praxis oft sogenannte Social Media Manager, die dem Unternehmen im Social Web ein Gesicht geben - als Ansprechpartner für Kundenanfragen, Zuhörer, Beobachter, Mitdiskutant oder Marktforscher. Neben Social Media-Abteilungen in Großkonzernen wie der Deutschen Telekom, Bosch oder Siemens beschäftigt etwa auch die Deutsche Bahn 12 Mitarbeiter alleine für die Ausführung ihres Twitter-Accounts für Personenverkehrs-Themen. Doch der Beruf des Social Media Managers ist bisher nicht geschützt, und es gibt keine geregelte Berufsausbildung. Die Ausbildungsmöglichkeiten im Social Media-Bereich sind überschaubar und deshalb spielt die Praxis eine große Rolle.
Soziale Medien als Teil einer Gesamtstrategie
Der Ratgeber Berufsziel Social Media bietet einen Überblick zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, stellt die wichtigsten sozialen Netzwerke sowie Social Media-Strategien bekannter Unternehmen kurz vor und enthält zehn Expertengespräche mit u. a. Mirko Lange und Katharina Borchert sowie ein Glossar, welches 58 Begriffe der Social Media-Welt gerafft erklärt. Einleitend wird verdeutlicht, dass soziale Medien als Querschnittsdisziplin in eine Gesamtstrategie des Unternehmens integriert gehören und sich der Social Media Manager deshalb stets in einem regen Austausch mit anderen Abteilungen des Unternehmens befindet. Neben grundsätzlichen Anregungen, zu denen auch das vielzitierte „Thinking Outside The Box“ gehört, erwähnt der Band auch einige Werkzeuge für den praktischen Einsatz.
Social Media Guidelines und Crowdsourcing
Social Media Richtlinien und eine sogenannte Netiquette sollten Unternehmen vor dem Einrichten von sozialen Medien vereinbaren, damit Firmengeheimnissen gewahrt bleiben und eine Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Nutzung auch im Sinne einer Work-Life-Balance unproblematisch ist. Regelmäßig eingebettete, manchmal anekdotenreiche und manchmal recht oberflächliche Expertengespräche lockern den theorielastigen Ratgeber etwas auf. Andreas Maurer vom Internet-Provider 1 & 1 erzählt etwa, dass sie in ihrem Unternehmen bereits im April 2010 Social Media Guidelines verabschiedet haben. Sabine Brockmeier von der XING AG hebt die Bedeutung von starken Nerven für ihre Tätigkeit als Social Media Managerin hervor: „Die Leute da draußen sind manchmal einfach böse zu Dir (ob mit oder ohne guten Grund), das muss man als Social Media Manager aushalten können.“ Im Mittelteil des Ratgebers werden „20 Köpfe“ mit Kurzinfos gelistet, die man im Social Media-Bereich kennen sollte – neben dem twitternden Regierungssprecher Steffen Seibert und dem Autor und Strategieberater Sascha Lobo zählen hier unter anderem auch der PR-Blogger Klaus Eck und der Wirtschaftsjournalist und Blogger Thomas Knüwer zur digitalen Elite. Praktische Ideen liefert der Ratgeber insbesondere, wenn es um den direkten Umgang mit Fans oder Followern des Unternehmens geht. Ein Ratschlag lautet, dass Social Media Manager etwa die aktivsten Fans ihrer Fanpage beim bisher erfolgreichsten Netzwerk Facebook belohnen sollten, beispielsweise indem sie diese „Power User“ in eine private Facebook-Gruppe einladen, die sie selber als Administratoren betreuen. In einer privaten Facebook-Gruppe können neben dem Unterbreiten exklusiver Angebote auch Ideen für neue Innovationen ausgetauscht und entwickelt werden.
Werbemöglichkeiten: Promoted Accounts und Frictionless Sharing
Interessant wird der Ratgeber auch, wenn die Autoren die monetäre Aufwertung von Facebook-Fanpages oder Twitter-Profilen behandeln. Unternehmen, die mehr Interaktion bei Status-Updates ihrer Fanseiten bei Facebook erreichen möchten, können einen kleinen Beitrag pro Post an Facebook zahlen. Dann bekommen wesentlich mehr Fans ihre Posts im News- oder Activity Stream angezeigt. Auch das Microblogging-Netzwerk Twitter bietet Werbemöglichkeiten gegen Bezahlung, da etwa promotete Nachrichten oder Tweets optisch hervorgehoben und einem breiteren Publikum angezeigt werden können, als der Absender des Tweets selber Follower hat. Bei Twitter besteht sogar die Möglichkeit, sogenannte Promoted Accounts als Unternehmensprofile zu erstellen, die dann anderen Nutzern in einer „Who to follow“-Liste von Twitter erscheinen. Der Algorithmus des Netzwerkes, das die Listen normalerweise aufgrund der Nutzerinteressen erstellt, wird umgangen, und Twitter schlägt das Unternehmen anderen Nutzern vor. Die Autoren des Buches erwähnen auch den Open Graph als eine werbewirksame Schnittstelle, die es Entwicklern erlaubt, Apps mit Facebook zu verbinden. Frictionless Sharing nennt es Facebook selber, wenn Social Reader-Apps einiger Zeitungen oder auch die Musik-App „Spotify“ Aktivitäten des Anwenders auf seine jeweilige Timeline in den News- oder Activity-Stream übertragen. Die Facebook-Freunde des jeweiligen Users können dann sehen, welchen Artikel er gerade liest oder welchen Song er gerade hört. Leider macht der Ratgeber hier keine genauen Angaben zu den Kosten, die auf ein Unternehmen zukommen können, wenn es eigene Profile über einen längeren Zeitraum hinweg monetär aufwerten möchte.
Social Media-Tools und Plattformen entwickeln sich rasend schnell weiter
Wenn die spezifischen Charakteristika einzelner Netzwerke behandelt werden, ist der Informationsstand des Buchs nicht immer aktuell, und einige Beschreibungen sind zu ungenau. Heute können etwa sogenannte Hashtags, mit denen man Wörter oder Buchstabenkürzel mit dem davor gesetzten Sonderzeichen „#“ automatisch verschlagwortet nicht nur bei Twitter, sondern auch bei Facebook oder Google+ gesetzt werden. Der Ratgeber bietet bei den Bewertungen von Aus- und Weiterbildungsangeboten im Social Media-Bereich kaum Mehrwert, da diese fast ausschließlich auf zitierten Urteilen der Stiftung Warentest beruhen. Insgesamt gibt Berufsziel Social Media jedoch einen guten Überblick über die Möglichkeiten in diesem noch recht jungen Berufszweig. Die zahlreichen Expertengespräche hinterfragen implizit einige vom Berufsverband für Community Management e.V. mit unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkten festgelegten Berufsbilder, wie den Junior/Senior Community Manager, den Junior/Senior Social Media Manager sowie den Social Media Consultant/Konzeptioner/Spezialist. Denn das Berufsbild enthält oftmals Komponenten aller oben genannten Berufsbezeichnungen, wandelt sich ständig und setzt dabei stets interdisziplinäres Denken und eine hohe Flexibilität gegenüber neuen Entwicklungen voraus.
Bewertung:
Ansgar Skoda - 9. Februar 2014 ID 7587
Lumma, Rippler, Woischwill I Berufsziel Social Media
119 S./ 14,8 x 21 cm/Taschenbuch
EUR: 24,99
Springer Gabler Fachmedien, 2013
ISBN 978-3-658-01245-8
Siehe auch:
http://www.springer.com/springer+gabler/vwl/book/978-3-658-01245-8
Post an Ansgar Skoda
ansgarskoda.wordpress.com
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