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Eichhörnchen, Igel oder Wildschwein - die Auswahl an Tieren, die uns im neuen Band von Brehms Tierleben erwarten, ist auch dem Nichtzoologen bekannt. Doch wo zieht das Eichhörnchen seine Jungen auf, und wann paart sich der Igel? Über das Wildschwein wissen wir hauptsächlich, wie es schmeckt.

In Zeiten von Internet und Smartphone haben Enzyklopädien an Bedeutung verloren. Ein Mausklick macht Informationen schnell verfügbar. Wir kennen zwar die Quellen, doch der Mensch dahinter, der den Text verfasste, ist weitgehend unbekannt. Dies war in der Vergangenheit anders, und das zehnbändige Nachschlagewerk über die Tiere trug den Namen des Verfassers sogar im Titel: Brehms Thierleben. Brehm hat durch seine Sicht die Beschreibungen der verschiedenen Tierarten maßgeblich beeinflusst.



"Aus heutiger Sicht war Brem als Student ein bunter Vogel. Er lebte gemeinsam mit zwei Affen, und man nannte ihn (durchaus anerkennend) den 'Pharao'. Mit anderen Worten, er war ein cooler Typ – und wusste das auch." (S. 13)


So beschreibt ihn der Verhaltensbiologe Karsten Brensing in seiner Einführung. Allein die Tatsache, dass Brehm mit Tieren zusammenlebte und mit seiner Schimpansin Molli sogar das Kaffeehaus aufsuchte, (eine Originalillustration von H. Leutemann aus Die Gartenlaube ist hier abgedruckt) zeigt ihn als einen ungewöhnlichen Menschen, der Tiere nicht nur als zoologische Forschungsobjekte sah. Neben den wissenschaftlichen Fakten schildert er auch persönliche Eindrücke, die er auf seinen Reisen oder in seiner Heimat gewinnen konnte. Den Beschreibungen der Tiere legte er seinen persönlichen Stempel auf, wie dem folgenden Originaltext zum Eichhörnchen zu entnehmen ist.


"Aeltere Eichhörnchen begatten sich zum ersten Male im März, jüngere etwas später. Ein Weibchen versammelt um diese Zeit oft zehn oder mehr Männchen um sich, und diese bestehen dann in Sachen der Liebe blutige Kämpfe miteinander. Wahrscheinlich wird auch hier dem tapferen der Minne Sold: das Weibchen ergibt sich dem stärkeren, hängt ihm vielleicht sogar eine Zeitlang mit treuer Liebe an. Vier Wochen nach der Paarung wirft es in dem bestgelegensten und am weichsten ausgefütterten Neste drei bis sieben Junge, welche ungefähr neun Tage blind bleiben und von der Mutter zärtlich geliebt werden." (S. 58)


Diese liebevolle Sicht der Tiere war für das neunzehnte Jahrhundert ungewöhnlich. Tatsächlich vermenschlichte Brehm die Tiere, was ihm von Seiten anderer Experten vorgeworfen wurde. Auch die Bewertung manch tierischer Verhaltensweisen geschah nach seinem Wertesystem, was ihn über manche Kreatur auch abwertend schreiben ließ. Dennoch in Summe brach Brehm eine Lanze für die Tiere.


"Man kann es Brehm gar nicht hoch genug anrechnen, dass er keine Angst vor möglichen Kontroversen hatte, sondern es als wichtige Aufgabe sah, den Menschen das Verhalten der Tiere so zu schildern, wie er es wahrgenommen hatte." (S. 20)


Für Brehm verdienten Tiere Respekt, Anerkennung und Liebe und mit dieser Einstellung war er wohl der Pionier in Sachen Tierschutz. Das vorliegende Buch mit seiner bibliophilen Aufmachung und Originalillustrationen versucht auch in unserer modernen Zeit diese Haltung zu unterstützen. Die Auswahl der Tiere, die in diesem Buch zwangsläufig getroffen werden musste, umfasst hauptsächlich die Lebewesen, denen wir in unserer Nachbarschaft auch begegnen, seien es Landschnecken, Schmetterlinge oder eben Eichhörnchen.


Ellen Norten - 12. November 2018
ID 11038
Link zum Buch: https://www.duden.de/presse/Brehms-Tierleben-Die-Gefuehle-der-Tiere


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