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Rezension

Alexander Broicher - Fakebook

Roman
Heyne Hardcore
ISBN: 978-3453676145



Doppelgänger 2.0

Frieder Kurtsmeier wurde von der Freundin verlassen. Und auch im Job läuft es nicht besonders gut. Generell gehört Frieder eher zu den Menschen, die die Sonnenseite des Lebens bloß vom Schatten aus betrachten dürfen. Aber das soll sich ändern: Teil eines ganz besonderen Makeovers ist Roc_Co, Frieders hippes Alter Ego auf Facebook. In den anonymen Sphären des Internets, wo Schein statt Sein die Netiquette dominiert, erfindet Frieder sich neu. Der Ex-Freundin und den unliebsamen Kollegen eins auswischen, das erweist sich plötzlich als ganz einfach. Aber so einfach ist es nicht, plötzlich zwei Identitäten zu verwalten. Schon bald gerät das Experiment außer Kontrolle und Roc_Co macht sich selbstständig.

Was die Genrezuordnung betrifft, verwischen bei Alexander Broichers Roman die Grenzen. Er ist sowohl eine Liebesgeschichte, als auch eine Gesellschaftsstudie oder -kritik, gepaart mit einem Hauch Magischen Realismus. Die Handlung ist trotzdem vorhersehbar. Und auch sprachlich ist der Roman recht witzlos, obwohl der Gegenstand eigentlich ausreichend Platz für ein bisschen Spitzzüngigkeit ließe. Der Zielgruppe (die gleichzeitig das Milieu ist, in dem der Roman angesiedelt ist) wird der Spiegel vorgehalten, ohne dabei mit dem erhobenen Zeigefinger zu schwingen. Ob das Buch etwas in den Köpfen der netzwerknutzenden Leser oder lesenden Netzwerkbenutzern bewegen wird, ist fraglich. Jedoch lässt sich Fakebook nicht nur aufgrund seiner Unkompliziertheit, sondern auch wegen seines unbestreitbaren Unterhaltungswertes zügig verschlingen. Dennoch gestaltet sich dieser eher kurzweilig.

Obzwar Fakebook ein Buch ist, das schon lange überfällig war, ist es schon fast wieder überflüssig. Das Wortspiel im Titel mit dem populärsten aller sozialen Netzwerke ist wahrscheinlich genauso alt wie das besagte Netzwerk selber. Es ist recht unwahrscheinlich, dass das Buch einen längeren Atem hat als sein Objekt der Kritik. Dass Internet vergisst zwar nicht, aber seine Benutzer sehr wohl. Diese werden sich nach der Lektüre höchstwahrscheinlich wieder hemmungslos ihren gehaltlosen Aktivitäten im Netz widmen, denn wenn selbst der Antiheld des Romans ungeschoren davon kommt, was soll ihnen dann passieren?
Broichers Fakebook ist wohl keine der Neuerscheinungen, die in die Literaturgeschichte eingehen und mit denen man in Zukunft ähnliche Romane messen wird. Ob das jedoch der Anspruch ist, den man an ein Buch haben sollte, bleibt letztendlich jedem Leser selbst überlassen.


Lisa Krawczyk - 7. September 2012
ID 00000006196


Siehe auch:
http://www.heyne-hardcore.de


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