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Rezension

Andy Strauß - Kuck dir die Tiere an, wie glücklich die immer sind

Roman
Unsichtbar Verlag, 2012
ISBN 978-3942920155



Das Beste zum Schluss

„Fatalistisch todesnahes Teenager Fuck Off-Dasein“ (S. 105) - mit diesen Worten beschreibt Stäbro, der Protagonist des Romans, sein eigenes Leben oder zumindest das, was ihm davon nach seiner Krebsdiagnose noch übrig bleibt. Doch eins nach dem anderen…

Bereits vor der Diagnose wird der Leser mit dem Tod konfrontiert. Der angedeutete Suizid Karlas zum Auftakt des Romans steht dabei in starkem Gegensatz zu der Art und Weise, wie ihr Freund dem Tod ins Auge schaut. Stäbros letzte Wochen sollen vor allen Dingen eines werden – der größte Spaß seines Lebens. Doch Stäbro hat vorher noch eine ernst zu nehmende Mission zu erfüllen: Nichts ahnend will er Karla unbedingt die heiß ersehnte Rolle der Kerze verschaffen – wäre er nicht so abgelenkt. Oder feige.

Abgelenkt von den Eskapaden des Protagonisten, welche die chronologisch nummerierten Kapitel umfassen, wird der Leser von den Kapiteln A bis F, die eine Parallelhandlung abdecken. Dort hat Peter Salmiak mit einer „posttraumatischen Stressverknibbelung“ zu kämpfen. Diese führt zu Blackouts, während der Salmiak Frauenbekanntschaften heimlich putzige Tiermotive tätowiert. In welcher Beziehung die Lebens- und Leidensgeschichten Peter Salmiaks und Stäbros zueinander stehen, erfährt man an einem der vielen kleinen Gipfelpunkte, in denen der Roman mündet.

In Andy Strauß‘ Roman kommt jedoch nicht nur auf der Handlungsebene das Beste zum Schluss. Der Autor hat nämlich verstanden, welche zerstörende Wirkung so manches Vorwort haben kann (ich persönlich habe Doris Lessings Das goldene Notizbuch wütend in die Ecke geschmissen, nachdem das Vorwort mir den unverfälschten ersten Leseeindruck genommen hatte), und hat dieses ans Ende gestellt. (Und das habe ich an dieser Stelle nur unter der Bedingung verraten - bitte trotzdem zuerst das Buch zu Ende zu lesen und das „Vorwort mit literaturwissenschaftlichen und dubiosen Anmerkungen“ lieber Nachwort sein lassen!) Schade ist allerdings, wenn ebenjenes Vorwort beinahe gewitzter daherkommt als der eigentliche Text. Beinahe!

Denn Kuck dir die Tiere an, wie glücklich die immer sind ist ein Roman, der auch im Angesicht des nahenden Ablebens viel Spaß bereitet. Andy Strauß trifft sprachlich gesehen den Nerv der Generation Poetry Slam, bei der sich Wortakrobatik und ungefilterter Bewusstseinsstrom paaren. Im Gegensatz zu dem Schicksal, das viele Slammer ereilt, können Strauß‘ Geschichten jedoch auch im Buchformat überzeugen, was insbesondere der sorgsam gewebten Handlung zu verdanken ist. Überdies versteckt sich hinter der Fassade des unreifen „Teenager Fuck Off-Daseins“ eine ernste Thematik. Dabei macht es der „Roman über Schuld, Sühne und Suggestion“ für den Leser nicht leicht zu entscheiden, wer eigentlich wie viel Schuld und Verantwortung trägt für sich und seine Mitmenschen.


Lisa Krawczyk - 26. September 2012
ID 6239
Andy Strauß - Kuck dir die Tiere an, wie glücklich die immer sind
Unsichtbar Verlag, September 2012
192 Seiten
Gebunden
€ 14,95
ISBN: 978-3942920155



Siehe auch:
http://www.unsichtbar-verlag.de


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