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Der Weg

vom Krimi

in den Tod





Bewertung:    



Der Tod kommt per WhatsApp. Die Buchhändlerin Faja Bartels erhält ein Video, auf dem ihr Buchbloggerkollege Claas Rehagen in Klarsichtfolie verpackt und geknebelt dasitzt. Nur eine wirklich gute Geschichte bestehend aus fünf Worten kann Rehagens Leben retten, so verkündet es eine schriftliche Botschaft, die das Opfer in der Hand hält.

Ist dies ein schlechter Scherz oder grausame Realität? Als Rehagens Leiche kurze Zeit später gefunden wird und ein weiterer Leichenfund folgt, wird das perfide Muster eines Serientäters offensichtlich. Doch was steckt dahinter, was sind seine Motive? Diese Fragen verfolgen Kommissar Jaro Schrader und sein Kollege Simon Schierling. Offensichtlich ist, das die Fundorte der Leichen mit Literatur in engem Zusammenhang stehen.


"Diese Wohnung sieht aus wie eine Miniaturbibliothek, schoss es Simon durch den Kopf. Es ist die Welt der Bücher, in der sich der Täter oder die Täterin auskennt, hier spielt seine oder ihre Geschichte. Und er oder sie hat gewollt, dass dieser unbekannte Tote rasch nach Rehagens Ableben gefunden wird." (S. 122)


Wir erfahren viel über Literatur und über berühmte und weniger berühmte Autoren. Die Geschichte aus fünf Worten hat es bei Ernest Hemingway tatsächlich gegeben, im englischen Original sind es allerding sechs: „For sale: Baby shoes. Never worn.“ (dt.: "Zu verkaufen, Babyschuhe ungetragen.") Die deutsche Übersetzung kommt sogar mit vier Worten aus. Doch Faja Bartels ist eben nur Buchbloggerin und Fachverkäuferin und keine Schriftstellergröße wie Hemingway, und so können die Forderungen des Täters nicht erfüllt werden.


"Je näher er der Leiche kam, desto intensiver wurde der Verwesungsgeruch. [...] Trotz der geschlossenen Fenster hatten Fliegen den Weg zur Leiche gefunden. Aggressiv summend stoben sie auf, als sich Simon in ordentlichem Abstand an dem Toten vorbeischob. Viele waren dreist genug zu bleiben, wo sie waren: an den wenigen Stellen, die nicht von der Folie bedeckt waren, hauptsächlich aber an den Augen. Einige hatten einen Weg unter die Folie gefunden, wo sie in den Faltenkanälen hektisch hin und her liefen auf der Suche nach einem Ausgang, der sich wahrscheinlich geschlossen hatte, als das Fleisch gequollen war." (S. 123)


Eine deutliche Schilderung, die für den hartgesottenen Krimileser nichts zu wünschen übrig lässt. Neben den Leichen findet sich das Buch von David Sanford, Dunkelheit mein Freund, dessen Titel dem Lied von Simon und Garfunkel "Hello darkness, my old friend, I´ve come to talk with you again", entliehen ist. Teilweise verwirrend laufen die Fäden der realen Fälle und der fiktiven Fallbeschreibungen zusammen, um zu einem fast unerwarteten Ende zu führen. Hier könnte aus meiner Sicht mehr Spannung aufgebaut werden.

*

Andreas Winkelmann zeichnet sich in seinen Romanen u.a. dadurch aus, dass er topaktuelle Themen bedient. Diesmal ist es die Literatur selbst und der Krimiautor, die das Thema für den Thriller liefern. Damit folgt er anderen Erfolgsautoren, wie etwa Nele Neuhaus, die sich in ihrem Kriminalroman In ewiger Freundschaft in die düsteren Bereiche des Literaturbetriebs begibt. Auch bei Autoren der Phantastik wie etwa Michael Siefener, liefert dessen Buch Haus am Ende der Träume ein Forum für skurrile Schriftsteller mit dunklen Visionen.

Hier nun geht es um Buchblogger, die sich in erster Linie online über neueste Bücher austauschen und diese – kritisieren. Das solche Kritik vom Autor nicht immer gerne gelesen wird, ist nachvollziehbar. Dass er dadurch selbst zum Täter werden könnte, scheint zwar unwahrscheinlich, doch lässt es mich über meine eigenen Worte nachdenken. Denn sollte am Ende auch Winkelmann zum Killer werden, so ihm meine Rezension nicht gefällt? In seinen Gedanken sicherlich, sonst wäre er nicht auf die Idee zu dem Buch gekommen, aber in der Realität fühle ich mich wie bei jedem guten Krimi nur wohlig gegruselt.


Ellen Norten - 5. Mai 2024
ID 14733
rororo-Link zu Nicht ein Wort zu viel


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