Handwerker -
in die Oper!!
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Bewertung:
Verachtet mir die Meister nicht hat der Berliner Opernkritiker und -kenner Heiko Schon sein Sachbuch überschrieben, das es seit paar Tagen in den Buchläden zu kaufen gibt - es ist vielleicht das gängigste, wohl aber sicherlich das am bekannteste Zitat aus Wagners Meistersingern.
In der Komischen Oper Berlin inszenierte der damalige Intendantenregisseur Andreas Homoki das Werk in grau-gräulicher Optik, um es dann mit Eintritt in die sogenannte "Festwiese" (und also erst im vierten Viertel dieses mit weit über 5 Spielstunden ellenlangen Stücks) in Farbe einzutauchen, es mit Farbe sozusagen zuzuschütten - nämlich ab dem Punkt, wo alle mitwirkenden Handwerker, Gesellen oder andere Gewerkler massenszenig auftreten und ihre Handwerke, Gesellenstücke und Gewerke so vor aller Augen vorführen; so etwas tut natürlich allgemeinen Frohsinn weit und breit erzeugen, ja und deshalb sagte sich Homoki vor vier Jahren: Dieses machen wir jetzt halt, nach all dem Gräulich-Grauen vorher, einmal richtig bunt.
Genauso (oder ähnlich) ist es mit dem vorliegenden Buch:
Der Buchdeckel, obzwar mit einer hübsch-lustigen Umschlagkarikatur von Walter Hanel versehen [s.o.], ist an sich schon ziemlich grau in Grau - doch wenn man aufschlägt und das Inhaltsverzeichnis vor sich hat, wird man rasch neugierig (und immer neugieriger) eingestimmt, denn: Bunt und farbig scheint es auf den nachfolgenden über 200 Buchseiten "zuzugehen"...
Und so blättert man sich peu à peu nach hinten und - - bleibt in den kurzen und prägnanten (Opern-)Texten Heiko Schons tatsächlich (und v.a. ungelangweilt!) hängen und vertieft!!
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"Zahllose Barbiere und Tischler, Schlosser und Näherinnen, Bäcker und Brauer bereichern das Operngeschehen. Denn dass es kein Theater und keine Aufführung ohne Handwerker gäbe, ist auch den Komponisten bewusst: kein Orchester ohne die Instrumentenmacher, keine Kostüme ohne die Schneiderinnen, kein Bühnenbild ohne die Tischler, keine Beleuchtung ohne die Elektriker usw. Und so haben unsere Komponisten die unterschiedlichsten Handwerker in ihren musikalischen Werken verewigt, haben aus ihnen interessante Haupt- und Nebenfiguren gemacht, und so manche Oper führt sogar in ihrem Titel einen Handwerksberuf, nicht nur bei der Hochzeit des Figaro! Wer sich da auf welcher Bühne tummelt und was in den Stücken so alles passiert" (Quelle: vh-buchshop.de) - das in 500 Opern recherchiert zu haben, muss man wohl mit Fug und Recht als Meisterleistung anerkennen, und zwar sachkenntlicher wie auch handwerklicher Art, denn:
Heiko Schon versteht es, mit sehr leichter Hand dem eigentlich ja "schwerbrockigen" Thema Oper auf das Zärtlichste, Ironischste und damit Federnste zu Leib' zu rücken. Es in seinen abgehob'nen Vorurteilen zu entkräften und zu erden. Es den (jetzt nicht missverstehen, bitte bloß nicht!) "stinknormalen" Handwerkerinnen und Handwerkern - die dieses Buch dann bitte lesen und gebrauchen sollten - schmackhaft gemacht zu haben resp. schmackthaft zu machen. Oper macht ganz einfach Riesenspaß!
Aber auch "Spezialisten" aus dem Opernfach könnten sich aus dem minutiös vom Autor Zusammengetragenen Inputs und Anregungen für die zukünftigen Arbeiten ihrer "Spezialgewerke" (Achtung Opernintendanten, Opernregisseure, Operndirigenten!!!) holen - oder haben Sie etwa schon mal etwas von diesen Opern hier gehört:
Rolf Liebermanns Leonore 40/45, Wenzel Müllers Der Barometermacher auf der Zauberinsel, Thomas Adès Ihre letzte Maske, Giorgio Battistellis Experimentum mundi, Adolphe Adams Die Nürnberger Puppe, Gaetano Donizettis Peter der Große oder Der Tischler von Livland, Giacomo Meyerbeers Der Nordstern, Norbert Schultzes Schwarzer Peter, Charles Gounods Mireille, Wilhelm Kienzls Der Evangelimann, Max Brands Maschinist Hopkins und und und???
Alles Werke, die total abseits vom Abgenudeltsein des immer wieder gleichen Repertoires der Staats- und Stadttheater stehen! Nachschlagen lohnt sich also auch diesbezüglich.
Oder wussten Sie, dass der amerikanische Komponist Philip Glass mal früher selber Handwerker (Klempner, Installateur) gewesen war und/oder dass die russische Starsopranistin Anna Netrebko früher mal als Putze im St. Petersburger Mariinski Theater "gehandwerkt" haben soll?? Nein? - Sehen Sie!
Auch so was steht nämlich in dem hiermit von uns herzlichst empfohl'nen Buch.
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Andre Sokolowski - 3. November 2014 ID 8220
Heiko Schon | Verachtet mir die Meister nicht
Das Handwerk auf der Opernbühne
12,8 x 21,3 cm
Gebunden, Leinen
228 Seiten
19,80 €
Verlagsanstalt Handwerk GmbH, 2014
ISBN 9783869502991
Weitere Infos siehe auch: http://vh-buchshop.de/handwerk-auf-der-opernbuehne.html
Post an Andre Sokolowski
http://www.andre-sokolowski.de
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