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Debatte

Jörg Bernig,

der PEN und

die Aufforderung

zur Prüfung







Das Präsidium des deutschen PEN hat heute folgendes Statement veröffentlicht:


„Am vergangenen Mittwoch, den 20. Mai d. J., wählte der Radebeuler Stadtrat mit den Stimmen von AfD und CDU den Schriftsteller Jörg Bernig zum neuen Leiter des Kulturamtes. Da uns diverse Rückfragen zu diesem Vorgang und zu Jörg Bernig, der seit 2005 Mitglied des deutschen PEN ist, erreichen, sehen wir uns zu folgender Stellungnahme veranlasst:

Der deutsche PEN als Mitglied im internationalen PEN wendet sich mit aller Schärfe gegen nationalistische Bewegungen, insbesondere gegen Positionen, wie sie AfD, Pegida und ähnliche Gruppierungen vertreten. Derartige politische Formationen stehen den Grundüberzeugungen des PEN – Freiheit, Vielfalt, Solidarität – diametral entgegen. Laut unserer Charta, die jedes Mitglied bei Aufnahme in den PEN unterzeichnet, stehen wir ein für das Ideal einer einigen Welt und einer in Frieden lebenden Menschheit. Wir verpflichten uns, jedwede Form von Hass – wie etwa Rassen-, Klassen- oder Völkerhass, Hass aufgrund des Geschlechtes oder der sexuellen Orientierung – mit äußerster Kraft zu bekämpfen
[PEN-Charta; Gemeinsame Erklärung, 2017].

Erinnern möchten wir in diesem Zusammenhang an den vom deutschen PEN anlässlich der 90-Jahr-Feier im November 2014 als europäische Autoreninitiative auf den Weg gebrachten Aufruf „Schutz in Europa“, dem sich über 1100 internationale Schriftstellerinnen und Schriftsteller angeschlossen haben
[Schutz in Europa]. Darin appellieren wir an die Staaten der Europäischen Union, ein gemeinsames menschenwürdiges Asylrecht zu schaffen und Menschen, die in Europa Schutz suchen, nicht länger zu behandeln, als wären sie Feinde, die es abzuwehren gilt. Die Rettung von Menschenleben und die Wahrung der Menschenrechte müssen oberste Priorität haben.

Diese Resolution, zu deren Erstunterzeichnern im November 2014 die Ehrenpräsidenten Günter Grass und Christoph Hein zählten, ist immer noch von trauriger Aktualität und Gültigkeit. Äußerungen zu Migration im Allgemeinen und Migranten im Besonderen, wie sie aus dem Umkreis der neuen Rechten kommen, sind hiermit nicht kompatibel. Wichtiger Teil der Arbeit der PEN-Zentren, auch des deutschen, ist die konkrete Unterstützung von Schriftstellerinnen und Schriftstellern im Exil. Mit der „Make Space“ Kampagne hat der Internationale PEN diese Arbeit seit 2018 noch einmal in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit gerückt
[MAKE SPACE].

Vor diesem Hintergrund bitten wir Herrn Bernig zu prüfen, inwieweit er seine Verpflichtung gegenüber der PEN-Charta wahrnehmen kann, und ggfs. die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Für das PEN-Zentrum Deutschland

Regula Venske
Präsidentin“



Seit Jahren liegen Veröffentlichungen von Jörg Bernig vor, deren Aussagen mit den in der Charta des PEN festgelegten Grundsätzen nicht vereinbar sind. In der von Bernig unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung 2018 beispielsweise heißt es:


„Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.“


Schon zwei Jahre zuvor eiferte Bernig in der Lessing-Stadt Kamenz in einer Rede:


„In welche Hände ist unser Land geraten? Immer noch halten sich abertausende Migranten unerkannt in unserem Land auf. Es gibt Terroranschläge, es gibt Übergriffe auf Frauen und Mädchen, es zieht eine islamische Kleiderordnung auf Straßen und in Schulen ein, die ein Ausdruck des Nicht-Dazugehören-Wollens ist.

Man spricht von Islamisten, Unterstützern, Gefährdern. Die Bundeskanzlerin wiederholt, gleichsam als wollte sie damit die alles entscheidende Geisterarmee herbeibeschwören, ihr Wir-schaffen-das. Wer ist ihr Wir? Und was will sie denn schaffen? Den Umbau der Gesellschaft? Den Eingriff in kulturelle Zusammenhänge? Die deutsche Gesellschaft ist gespalten, die europäischen Nachbarn haben sich von Deutschland abgewandt. Der politisch-mediale Komplex verteidigt die Deutungshoheit mit Intoleranz und Aggressivität.
Das ist die Lage.“



Der Ideologe der Neuen Rechten Götz Kubitschek wertet diese Rede des „Denkers“ Jörg Bernig als „ein Anzeichen dafür, dass die Bewegung in die richtige Richtung weitergeht, dass sie sich ausweitet.“ Mit der „Bewegung“ ist die Pegida gemeint.

Bedurfte es also der Berufung Bernigs zum Leiter eines Kulturamts, damit der PEN zu zweifeln beginnt, ob dessen verlautbarten Ansichten eine Mitgliedschaft im Schriftstellerverband zulassen? Steht die geistige Nähe zur AfD erst dann in Widerspruch zur PEN-Charta, wenn diese Partei eine Wahl unterstützt? Darf man bis dahin wider besseres Wissen so tun, als läge kein Problem vor? Und das betrifft im deutschen PEN nicht nur Jörg Bernig.

Vor diesem Hintergrund sollten Regula Venske und das Präsidium des PEN prüfen, inwieweit sie ihre Verpflichtung gegenüber der PEN-Charta wahrnehmen können, und ggfs. die notwendigen Konsequenzen ziehen.



Thomas Rothschild - 25. Mai 2020
ID 12263
Website vom PEN-Zentrum Deutschland


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