Medea von
Benda
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Bewertung:
Dass es zig Medea-Opern im Barockzeitalter gab, hatten wir sonntags - anlässlich der Charpentier-Médée, welche die Staatsoper Unter den Linden zu den aktuell stattfindenden BAROCKTAGEN 2023 auf den Spielplan setzte, randbemerkt.
Auch etwas kleinere Formate hinsichtlich des unerschöpflichen Medea-Themenkreises taten seiner Zeit das Licht der Welt erblicken - so z.B. das Medea-Melodram von Georg Anton Benda (1722-1795):
"...daß da nicht gesungen, sondern deklamiert wird und die Musik wie ein obligiertes Rezitativ ist; bisweilen wird auch unter der Musik gesprochen, welches alsdann die herrlichste Wirkung tut", schrieb der 22jährige Mozart in einem Brief aus Mannheim, wo er das besagte Melodram von Benda mit der Seylerischen Truppe, die hiermit dortselbst (in Mannheim) auf Tournee war, live erlebte.
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Jetzt wurde es mit der Akademie für Alte Musik Berlin (Leitung: Bernhard Forck) im Pierre Boulez Saal aufgeführt:
Das Dirigentenpult inmitten der es kreisförmig umbaut habenden Akamus war vorzüglich für Meike Droste, die den großen Monolog einer vor Eifersucht und Abgewiesenheit sich ganz und gar verausgabenden Jason-Hasserin (prägnanter Schlussauftritt "von oben" her: Max Urlacher) - verschiedentlich und unterschiedlich lang durch illustrierende Orchesterkommentare - aus sich sonderte, bestimmt. Auf einem Jason gegenüberliegenden Treppenabsatz waren, von ferne, Hugo Kern & Julian Greschonig (als die zwei Söhne der Medea) sowie Susi Wirth (als deren Gourvernante) mit ein paar Repliken mitten in dem Melodram zu hören und zu sehen.
Meike Droste fing allein, bar jeglicher Musik, mit ruhiger und gesetzter Stimme an; ich hörte, wie sie einst von Kolchis nach Korinth geraten war und sich dortselbst an einen Feigenbaum, den sie von früher kannte, rückbesann, aber sie fand sich in Korinth nicht mehr zurecht und zweifelte, ob sie das jetzt real oder im Traum wahrnahm - dann setzte das Orchester ein, spielte die Ouvertüre; und ich konstatierte, skeptisch und vorausschauend, ein Missverhältnis zwischen Drostes ruhiger und gesetzter Stimme und dem deutlicheren Lärmpegel seitens der Akamus, o Gott, wenn das jetzt mal so weiterginge, dachte ich... aber ich hatte mich gottlob gerirrt, denn:
Droste glich sich den sie umschließenden Musikerinnen und Musikern zunehmend an, ihr Stimmvolumen inflationierte, ihr bei Weitem nicht nur stimmgestalterischer Ausdruck wuchs und wuchs, ja und je mehr sie sich in ihrer Rolle sozusagen vorkatastrophierte, desto tobender und völlig aus sich raus geratender geriet ihr der zu sprechende Medea-Part - und das Orchester, das diesem hysterischen Medea-Treiben immer wieder illustrierend-mäßigende Tutti's zugestehen wollte, war dann von der Droste, wie sie die Medealeiden laut und immer lauter aus sich litt, ganz offensichtlich angerührt und inspiriert.
Was für ein großartiges Schauspiel- und Musikereignis!
Ungezügelte Begeisterung.
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Meike Droste (als Medea) inmitten der Akademie für Alte Musik Berlin - beim BAROCKFESTTAGE-Konzert am 20. November 2023 im Berliner Pierre Boulez Saal Foto (C) Stefan Maria Rother
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Andre Sokolowski - 21. November 2023 ID 14484
MEDEA von Benda (Pierre Boulez Saal, 20.11.2023)
Georg Anton Benda: Sinfonie B-Dur
Johann Gottlieb Graun: Ouvertüre und Allegro d-moll
Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonie A-Dur KV 134
Benda: Medea (mit Musik vermischtes Drama)
Meike Droste (Medea)
Max Urlacher (Jason)
Susi Wirth (Hofmeisterin)
Hugo Kern und Julian Greschonig (Söhne der Medea)
Akademie für Alte Musik Berlin
Leitung an der Violine: Bernhard Forck
Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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