Collegium Vocale Gent
Philippe Herreweghe
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Bewertung:
Seit jeher legte das MUSIKFEST BERLIN - neben seinen spektakulären Orchestergastspielen und Werken zeitgenössischer und "etwas älterer" Musik - auch Wert darauf, dass ab und an berühmte und v.a. maßgebende Zünfte so genannter Alter Musik repräsentiert waren. Und ich erinnere mich daher gern an die halbszenischen Darbietungen sämtlicher Monteverdi-Opern in 2017, die der (wer auch sonst?!) britische Monteverdi Choir nebst den English Baroque Soloists unter Sir John Eliot Gardiner aufführten. Oder auch an das schier unvergesslich bleibende Acapella-Konzert des von Justin Doyle einstudierten und geleiteten RIAS Kammerchors in 2020.
Gestern Abend nun ein neuerliches absolutes Highlight in der von mir aufskizzierten Richtung:
Philippe Herreweghe (75) und "sein" vor über 50 Jahren gegründetes Collegium Vocale Gent gastierten mit Monteverdis Vespro della Beata Vergine in der Philharmonie.
"'Das Ziel, das gute Musik haben muss, ist, zu bewegen', schrieb Claudio Monteverdi im Vorwort seines Achten Madrigalbuchs. Sein bevorzugtes Mittel hierfür? Der dramatische Kontrast, 'weil ich weiß, dass es die Gegensätze sind, die in großem Maße unser Gemüt bewegen'. Bestes Beispiel für diesen affektgeladenen Ansatz, der manch nüchterne*n Zeitgenoss*in überforderte, ist Monteverdis Vespro della Beata Vergine. Denn die ebenso komplexe wie kühn durchdachte Gesamtarchitektur dieser Marienvesper bietet mit ständig wechselnden Besetzungen und Klangfarben eine damals ungeahnte musikalische Vielfalt – und ergibt trotz aller wohlkalkulierter Kontraste ein absichtsvolles, homogenes Ganzes. Dabei fügte Monteverdi zusätzlich zu den üblichen Vesper-Bestandteilen wie Psalmen, Antiphonen und Hymnen auch sogenannte 'Concerti' ein, die sich unverkennbar an der zeitgenössischen weltlichen Vokalmusik orientieren. Gerade sie erreichen eine leidenschaftliche, geradezu sinnliche Intensität, die damals in der geistlichen Musik etwas vollkommen Neues war." (Quelle: MUSIKFEST BERLIN)
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Vor zwölf Jahren war es, dass ich die Marienvesper letztmals live (mit Choir & Orchstra of the Age of Enlightenment) erlebte, seidem nicht mehr.
Jetzt also unter dem legendären Herreweghe!!
Und er ging es transparent und luftig an, auch (was dann lediglich am Anfang etwas irritierte) forsch, fast zügig.
Dass das Werk seinen ihm innewohnenden Zauber bevorzugt im sakralen Raum und möglichst unter Nachhall zwingend also viel, viel besser zu entfalten in der Lage wäre, ließ sich aktuell wegen der fast schon wüstentrock'nen Nüchternheit, die die unhallige Akustik im Sharoun-Bau nun mal bietet, konstatieren. Insbesondere die Echo-Stellen (aus Concerto IX) kamen, fast schon naturgemäß, so überhaupt nicht idealisch 'rüber; aber, wie gesagt, das lag am Raum, nicht an den Sängern. Apropos:
Man findet keine Worte dafür, dass menschliche Stimmen solch Art von Wundertöne fabrizieren können wie diejenigen der 22 Gesangssolistinnen und -solisten des Kollegiums aus Gent - ich hatte Gänsehaut und hätte weinen wollen noch und noch...
Beglückend.
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Monteverdis Marienvesper mit dem Collegium Vocale Gent beim MUSIKFEST BERLIN am 14. September 2022 | (C) Fabian Schellhorn/Berliner Festspiele
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Andre Sokolowski - 15. September 2022 ID 13806
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 14.09.2022)
Claudio Monteverdi: Vespro della Beata Vergine für Chor, Solostimmen und Orchester
Dorothee Mields, Sopran I
Barbora Kabátková, Sopran II
Benedict Hymas, Alt I
William Knight, Alt II
Reinoud Van Mechelen, Tenor I
Samuel Boden, Tenor II
Peter Kooij, Bass I
Wolf Matthias Friedrich, Bass II
Collegium Vocale Gent
Ensemble des Collegium Vocale Gent
Dirigent: Philippe Herreweghe
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/de/musikfest-berlin/start.html
https://www.andre-sokolowski.de
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