Oslo Philharmonic
Klaus Mäkelä
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Bewertung:
"Ja, am liebsten hab' ich es, wenn so eine Art von Ping Pong entsteht. Ich mache einen Vorschlag, die Musikerinnen und Musiker nehmen ihn auf und geben mir etwas zurück und dann bin ich wieder dran. Das ist ein wunderschönes Spiel. Und man sollte nicht so viel erklären. Je weniger man spricht und je mehr man zeigt, desto besser." (Klaus Mäkelä, 2023, auf BR-KLASSIK)
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Im selben Interview erklärt Klaus Mäkelä mit Verweis auf den 90järigen Herbert Blomstedt, dass das Alter überbewertet wird und er nur noch selten Fragen zu seinem Alter beantworten muss. Warum aber informiert man sich trotzdem, bevor man den erst 28 Jahre alten finnischen Ausnahmedirigenten das erste Mal hört? Von Mäkelä gibt es auf YouTube eine Vielzahl von Mittschnitten, und natürlich habe ich da vorher mal durchgeschaut und war beeindruckt von der Kombination aus Selbstsicherheit und Zurückhaltung.
Live im Konzertsaal bestätigt sich der Eindruck. Immer wieder nimmt Mäkelä sich und die Oslo Philharmonic zurück, um den Fokus auf die Einspielungen von Einojuhani Rautavaaras Mitschnitten der Geräusche und Stimmen von Vögeln zu lenken. Das exzellente Soundsystem der Philharmonie hüllt den Saal vollkommen in die Naturgeräusche ein. Aber dann kommen Phasen, wo das Orchester in einen breiten und satten Klang verfällt, besonders im ersten Satz. Howard Shore muss diesen Klang gekannt haben, bei der Konzeption seiner Herr der Ringe- Sinfonie.
Und skandinavisch geht es weiter. Kaija Saariahos spätes Stück Vista oszilliert zwischen Musik und Geräusch. Die Partitur umspielt Narrative, welche sich aber nie vollends preisgeben. Die helle farbige Musik hat ihren Grund in einem mikrotonalen Geflecht der Weite und Offenheit. Saariaho sei von der kalifornischen Landschaft zu diesem Stück inspiriert worden. Für Mäkelä eine wunderbare Vorlage für seinen offenen Umgang, sein Ping-Pong mit dem Orchester. Immer wieder überlässt er die Musikerinnen und Musiker ihrem eigenen Fluss und greift nur proaktiv ein, wenn die Partitur die Richtung ändert.
Es gibt wohl wenige Werke in der Musikgeschichte, über die so viel geschrieben wurde wie über Dmitri Schostakowitschs 5. Sinfonie. Weniger offen und straff notiert ist dieses Werk, was heute besonders im Kontrast zu Kaija Saariahos Stück deutlich wird. Mäkelä dirigiert ohne Partitur, das gibt ihm die Freiheit sich um die kleinsten Details der Partitur zu kümmern. Die Musikerinnen und Musiker folgen ihrem Chef auf die winzigste Regung. Und auch ohne am Ende in ein rasendes Jubelfinale zu verfallen, packt einem die Kraft der Musik. Die Menschen im ausverkauften Großen Saal der Philharmonie toben nach dem letzten Ton, und Mäkelä muss viele Male wieder auf der Bühne erscheinen, bevor sich die Begeisterung gelegt hat.
Fazit: Kluge Programmauswahl, ein exzellentes Orchester und ein Dirigent, der seine genaue Vorstellung von der Musik im Ping Pong mit dem Musikerinnen und Musikern aufladen lässt.
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Oslo Philharmonic Orchestra, Klaus Mäkelä (Dirigent) | © John-Halvdan Olsen-Halvorsen
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Steffen Kühn - 2. September 2024 ID 14899
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 01.09.2024)
Einojuhani Rautavaara: Cantus Arcticus op. 61, Konzert für Vogelstimmen und Orchester
Kaija Saariaho: Vista für Orchester
Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47
Oslo Philharmonic
Dirigent: Klaus Mäkelä
https://www.berlinerfestspiele.de/musikfest-berlin
Post an Steffen Kühn
http://www.hofklang.de
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