Wiener
Philharmoniker
Christian Thielemann
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Bewertung:
Noch ehe Christian Thielemann sich erstmals offiziell - in seiner Funktion als neuer GMD der Staatsoper Unter den Linden - seinem Publikum bei einem Staatskapelle-Konzert (am 7. und 8. Oktober d.J.) zeigen wird, leitete er die Wiener Philharmoniker anlässlich ihres ersten Gastspiels beim MUSIKFEST BERLIN. Das fand dann gestern Abend in der ausverkauften Philharmonie statt.
Sie hatten Schumanns sog. Frühlingssinfonie und Bruckners Erste (in der Wiener Fassung) auf den Notenpulten liegen, Thielemann kam ohne die Papiere aus und dirigierte auswendig.
Die Kombination der beiden Werke erwies sich, was den ersten Teil ihres Programms betraf, als mehr oder weniger unglücklich:
Ich kann mich nicht entsinnen es jemals mit einer derart behäbigen und also träge-langweiligen Dargebrachtseinsweise der 1. Sinfonie des Zwickauers zu tun gehabt zu haben - mit Harnoncourt, der wie der Thielemann auch ein gebürtiger Berliner war, wäre das sicher nicht passiert, er kannte "seine" Wiener aus dem Bauch heraus und hatte das Talent bei meistens allem, was er je so dirigierte, sauerstoffverteilender sprich luftig-leicht zu sein; als er mit ihnen vor 10 Jahren Schuberts Rosamunde im Konzerthaus am Gendarmenmarkt aufführte, kriegte man so eine lichte Ahnung von dem allen...
Vielleicht wäre es daher optimaler gewesen, wenn die Wiener statt Schumann etwas Zeitgenössisches oder zumindest etwas Neuereres als dezentes Gastgeschenk'chen mitgebracht hätten - ihr Österreicher hattet/ habt so tolle Komponisten!
Aber gut.
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Als Höhepunkt war ohnedies Bruckners Erste vorherbestimmt.
Der Thielemann kennt sich inzwischen mit dem Bruckner wie kein Zweiter aus. Die Wiener Philharmoniker bestimmten ihn daher auch, dass er flugs mit ihnen das sinfonische Gesamtwerk auf CD veröffentlichen sollte. Diese 11er Box (mit Live-Konzertmitschnitten ab 2019) kann seit letztem Jahr käuflich erworben werden, ja und sie enthält sogar, über die sog. Nullte noch hinaus, ein zusätzliches Unikat, nämlich jene als "Studiensymphonie" bezeichnete Ur-Vorpreschung des Ansfelders in das Sinfonische schlechthin, nachdem er vorher "nur" Sakralmusiken komponierte. [Thielemann und die Berliner Philharmoniker empfahlen sich mit jenen zwei besagten Vor-Erstlingen Bruckners in ihren drei März-Konzerten dieses Jahres.]
"Diesem Anfang wohnte viel Arbeit und wenig Zauber inne, auch wenn die Leserschaft der Wiener Gemeinde-Zeitung am 20. Mai 1868 eine vielversprechende Notiz vorfand: 'In Linz kam eine neue Symphonie (c-Moll) von Anton Bruckner im großen Redoutensaale kürzlich zur Aufführung und fand bei dem zahlreichen, sehr gewählten Publikum wie bei der Kritik eine außerordentlich günstige Aufnahme. Der Komponist, bekanntlich Dom-Organist in Linz und wohl der bedeutendste Orgelspieler in Oesterreich, dirigirte selbst und wurde wiederholt gerufen. Wenn die Nachricht von Bruckner’s bevorstehender Anstellung am Wiener Konservatorium sich bestätigt, können wir dieser Lehranstalt nur gratuliren.'
Tatsächlich ließ Bruckner in dieser Zeit seine oberösterreichische Heimat und das Dasein eines Kirchenmusikers hinter sich, um in der Hauptstadt des Habsburgerreichs Anerkennung als Sinfoniker zu finden. Damit begann eine schmerzensreiche Zeit, in der nur noch wenige gute Kritiken über Bruckners Orchesterwerke zu lesen waren – mit der Folge zahlreicher Anpassungsversuche. So wurde die 1868 uraufgeführte 'Linzer Fassung' der 1. Sinfonie mehrfach überarbeitet, bevor sie 1890/91 einer abermals revidierten 'Wiener Fassung' wich..."
(Olaf Wilhelmer im Programmheft)
Es gibt jede Menge Einspielungen dieser Ersten in der Linzer Fassung; ich hörte mir Tage zuvor noch paarmal Kurt Masurs Einspielung mit dem Gewandhausorchester Leipzig (1977) an und war von ihr gelangweilt.
Die Wiener Fassung, die ich noch nicht kannte, klingt natürlich viel, viel "reifer" und ist dahingehend deutlich spannender.
Kurzum, ich war hellwach und stark beeindruckt davon, was der Dirigent und das Orchester aus der Ersten alles so herausholten.
Nicht enden wollender Applaus.
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Wiener Philharmoniker | © Lois Lammerhuber
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Andre Sokolowski - 16. September 2024 ID 14919
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 15.09.2024)
Robert Schumann: Sinfonie Nr. 1 B-Dur, Op. 38 Frühlingssinfonie
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 1 c-Moll (Wiener Fassung 1890/91)
Wiener Philharmoniker
Dirigent: Christian Thielemann
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/musikfest-berlin
https://www.andre-sokolowski.de
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