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Singend ins Aus



Programmheft-Cover zu Kurtágs Fin de partie an der Wiener Staatsoper

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In jedem Jahr seiner kurzen Intendanz bei den Salzburger Festspielen kündigte Alexander Pereira eine Oper von György Kurtág nach Samuel Becketts Fin de partie (Endspiel) an: glücklos. Der ungarische Komponist wurde nicht und nicht fertig. 2018 dann – Pereira war inzwischen ausgewandert – wurde die Oper an der Mailänder Scala uraufgeführt. Jetzt folgte an der Wiener Staatsoper die österreichische Erstaufführung. Für die Regie holte man sich Herbert Fritsch.

In einem Gespräch mit Alan Schneider sagt Beckett:


"Such nicht überall tiefere Gründe. Wenn es da einen gibt, ist er mir nicht bekannt. Wirklich unlogisch, dass H[amm] und C[lov], die eingesperrt sind, rote Gesichter haben sollen. Dramaturgisch dient es dazu, die Paare zu betonen und getrennt zu halten."


Das gilt nicht nur für die Opernfassung, Fritsch hält sich daran. Er zeichnet, wie üblich, auch für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich. Schrägen und spitze Winkel wie im Film Das Cabinet des Dr. Caligari bestimmen den Hintergrund hinter den vier Figuren, die sich, außer Clov, nicht vom Fleck bewegen. Am Schluss zerfällt die Kulisse vorhersehbar, wie es sich für ein Endspiel ziemt.

Nell und Nagg in den Mülleimern werden in manchen Inszenierungen der Originalfassung gestrichen. Kurtágs Oper macht sinnfällig, wie unverzichtbar sie sind. Sie bilden dramaturgisch wie musikalisch das Gegenstück zu Hamm und Clov.

György Kurtág folgt dem Text wie nur wenige Opernkomponisten und Fritsch wiederum gehorcht Musik und Libretto. Fast für jeden Ton, jede Phrase erfindet er eine Körperhaltung.

Nicht jede Inszenierung an der Wiener Staatsoper befindet sich auf der Höhe der Zeit. Auf das Niveau des Gesangs kann man sich verlassen. So auch hier. Charles Workman singt den Nagg, Hilary Summers die Nell, Philippe Sly den Hamm und Georg Nigl den Clov, allesamt traumwandlerisch, als wären sie mit zeitgenössischer Musik aufgewachsen. Dirigentin ist die international gefragte Australierin Simone Young.

Zu seinen Wünschen an die Sänger sagt der 98-jährige Komponist, der immer noch an Fin de partie weiterarbeitet:


"Die Sänger sollten in der Lage sein, den Text unabhängig von der Gesangstimme so auszudrücken, als ob sie Schauspieler wären. Ein Sänger, der seinen Part nur singt, tut noch nichts. Vielmehr muss er die Syntax der Sätze und die Botschaften hinter den Worten verstehen und vermitteln."


Ein Sonderlob gebührt dem Programmbuch. Es enthält substantielle Auskünfte anstelle des üblichen Geschwätzes. Allerdings muss man schon ein ausgewiesener Musikkenner sein, um zu hören, was da detailgenau beschrieben wird.
Thomas Rothschild - 20. Oktober 2024 (2)
ID 14973
FIN DE PARTIE (Wiener Staatsoper, 19.10.2024)
von György Kurtág

Musikalische Leitung: Simone Young
Inszenierung, Bühne & Kostüme: Herbert Fritsch
Licht: Friedrich Rom
Besetzung:
Nagg ... Charles Workman
Nell ... Hilary Summers
Hamm ... Philippe Sly
Clov ... Georg Nigl
Premiere war am 16. Oktober 2024.
Weitere Termine: 25., 29.10.2024


Weitere Infos siehe auch: https://www.wiener-staatsoper.at/


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