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Festival

Konzerte mit Attila the Stockbroker, Lindisfarne und Youssou N´Dour




Immer im August verdoppelt Edinburgh mal eben seine Einwohnerzahl auf das Doppelte. So kann man es zumindest vom Tour-Guide beim Rundgang durch die Altstadt erfahren und dann auch gleich noch warum. Edinburgh ist nicht nur Magnet für architektur- und kunstaffine Liebhaber des UNESCO-Weltkulturerbes, sondern mutiert jeden Sommer auch für einen Monat zum größten Straßen-, Kneipen- und Club-Festival-Event Europas. Neben dem Edinburgh International Festival laufen auch das Edinburgh Book Festival, das Edinburgh International Film Festival, das Royal Edinburgh Military Tattoo, das Edinburgh Jazz and Blues Festival und das Edinburgh Festival Fringe. Und das sind dann tatsächlich noch nicht alle Festivals, die hier im August ihr Publikum anziehen.

Bewegt man sich zwischen den parallel verlaufenden Party-Meilen Princess Street Gardens, Royal Mile, The Cowgate und Grass Market durch die Altstadt, kann man dem bunten Treiben kaum entgehen. Neben Straßentheater, Akrobatik und Musikdarbietungen aller Art ist es vor allem die Stand-up-Comedy, die den Großteil der Events z.B. auf dem Edinburgh Fringe ausmacht. Viele der Comedian zeigen ihre Shows in kleinen Pubs und Bars umsonst und hoffen einmal in den großen Hallen der Stadt auftreten zu können. Etwas überhand hat diese Form der Kunst beim Fringe schon genommen. Das veranlasste auch den britischen Dichter und Musiker Attila the Stockbroker, seit den 1990er Jahren regelmäßiger Fringe-Teilnehmer, zum genervten Ausspruch: „I love humor, but I hate comedy.“ Der 66jährige linke Punkpoet, der nach Toni Blairs Beteiligung am Irakkrieg bei Labour austrat und ein markiges „New Labour, Just Fuck Off and Die!“ (Guy Fawkes' Table) dichtete, lud zu 14 je einstündigen Soloauftritten in Bannerman‘s Bar, einer Punkkneipe in der Cowgate.



Attila the Stockbroker | Foto (C) Stefan Bock


Jede Show sollte anders sein. Das ist bei einem Schaffen von gut 40 Jahren auch kein Kunststück. Beim Besuch einer dieser kostenlosen Auftritte im Hinterzimmer der Bar, wo auch sonst jeden Abend Punkkonzerte stattfinden, gab der Künstler eine Probe seines Könnens als Dub-Poet. Eine sehr witzige und bissige Spoken-Word-Performance zu gesampelten Dub-Beats aus dem Handy. Der Lieblingsfeind von Attila ist immer noch das New Economic Establishment, das mit Tony Blair seinen Einzug hielt. In Deutschland würde man Neoliberalismus sagen. Der alte Mann ist immer noch very angry und rappt gegen den medialen Mainstream an, besonders die Daily Mail, der er das schöne Poem Russians at the DHSS! widmete. Es handelt sich um das so nicht mehr existente Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit (englisch kurz DHSS), also sowas ähnliches wie Arbeit und Soziales. Der Spaß, dass dieses von den Russen unterwandert sei, mag heute etwas makaber sein, aber in Sachen Fake News ist die britische Boulevardpresse immer noch Spitze. Abschließend lässt sich das Credo des Künstlers in dessen eigen Worten ganz gut so zusammenfassen: „Attila the Stockbroker - ranting rebel MC. Dean of the Social Surrealist University. Welcome to my wild poetic journey!”

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Schon etwas bekannter und etablierter ist da die britische Folk-Rock Band Lindisfarne, die beim Fringe in der ehrwürdigen Queens Hall spielte. In wechselnder Besetzung ist die Band, die sich nach der bekannten schottischen Insel benannt hat, seit 1969 aktiv. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die in die Jahre gekommenen Herren vor allem auch ein etwas älteres Publikum anziehen. Zahlreich war das Edinburgher Publikum erschienen. Die komplett mit Sitzen ausgefüllte Halle, eine ehemalige Kirche mit zwei Galerien, war fast ausverkauft. Und das Publikum machte sich auch sofort mit Songwünschen bemerkbar. Das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied Rod Clements, 77 Jahre alt, nahm auf einem Stuhl platz, unterhielt das Publikum aber sehr launig und spielte wie gewohnt eine an Eric Clapton erinnernde Slide Gitarre. Der nach dem Tod des Sängers Alan Hull in die Band eingetretene Sänger, Gitarrist und Keyboarder Dave Hull-Denholm, mit 57 der Youngster, überzeugte durch eine sehr hohe, fast schon falsettartige Stimme. Aber auch die anderen Bandmitglieder gaben ihre Beiträge, so dass sich die Stimmung in der Halle zu den Hits wie Meet Me on the Corner, Lady Eleanor, Run for Home, Fog on the Tyne und We Can Swing sicht- und auch hörbar steigerte.

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Ein internationaler Star ist in jedem Fall der senegalesische Pop-Sänger Youssou N’Dour, dessen Konzert in der Usher Hall zu den Highlights des Edinburgh International Festivals gehörte. Edinburghs größtes, 1914 eröffnetes Konzerthaus verfügt über 2.200 Sitzplätze auf drei Ebenen. Die Bestuhlung im Parkett wurde für das Konzert komplett herausgenommen. Nur in den beiden Galerien waren Sitzplätze vorgesehen. Auf der Bühne vor der beeindruckenden Pfeifenorgel war das Setting für die 14köpfige Begleitband inklusive Backgroundgesang und Tänzer aufgebaut. Der rhythmische senegalesische Mbalax-Sound wird vor allem durch Perkussion-Instrumente wie Schlagzeug, Djembé, Congas und Bongo-Trommeln sowie der Tama, einer afrikanischen Sprechtrommel, unterstützt. E-Gitarre, Bass, Saxophon, Flöte und Keyboard gehören ebenso zum mitreißenden afrokubanischen Musikstil, dem Youssou N’Dour seine einfühlsame Stimme lieh.



Youssou N´Dour | Foto (C) Andrew Perry


Der „King of African Pop“ ließ sich zunächst etwas Zeit und erschien erst nach einem Intro mit Publikumsanheizer. Danach hatte der Sänger sein Publikum fest in der Hand. Youssou N’Dour ist eine afrikanische Identifikationsfigur und kann auf eine gut 40jährige Karriere nicht nur als Musiker zurückblicken. Er war auch ein Jahr Kulturminister im Senegal. Zwischen einzelnen Songs nahm sich der Meister gelegentlich etwas zurück und ließ Mitglieder der Band in den Vordergrund wie einen Trommler, einen Gitarristen oder einen Tänzer, der immer wieder mit akrobatischen Sprüngen und rhythmischen Tänzen für Stimmung sorgte. Der Groove auf der Bühne übertrug sich direkt ins Publikum, das sehr gut mitging. Höhepunkt des Abends war dann sicher N’Dours wohl bekanntester Song 7 Seconds, einst mit Neneh Cherry eingesungen, jetzt mit einer Background-Sängerin vorgetragen. Aber auch ein Song wie New Africa begeisterte nicht nur die afrikanische Communty.

Stefan Bock - 17. August 2024
ID 14872
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