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Konzertbericht

Der Sommer

ist vorbei



Juli im Carlswerk Victoria in Köln | Foto © Ansgar Skoda

Bewertung:    



Ein stimmungsvoller Auftakt: Auf der Bühne prangt gegen 20 Uhr das Banner „Muryel is difficult“. Indie-Pop-Newcomerin Muryel lässt mit Charme und lässig entspannten, kraftvollen Gesang aufhorchen. Titel wie „Directors Cut“ und „Cry Happy“ der Songwriterin haben live wumms. Damian Ketteler begleitet die junge Künstlerin leidenschaftlich an der Gitarre. Muryel erzählt, dass ihre Songs oft von selbst Erlebtem und eigenen Emotionen handeln. Sie lässt auch die letzten, ins Gespräch vertieften, Konzertbesucher wohlwollend die Ohren spitzen, wenn sie sich für die eigene Aufgeregtheit während des Konzertes sympathisch entschuldigt und zeitgleich den nächsten Song markig anspielt.

Da vergeht die Wartezeit bis zu den angekündigten Deutschpoppern gegen 21 Uhr wie im Fluge. Juli aus Gießen gründete sich bereits 1996, damals noch unter dem Bandtitel Sunnyglide firmierend. Während der aktuellen Tour feiern die fünf Künstler eine sogenannte geile Zeit seit mehr als 20 Jahren. Gleich beim dritten Song „Insel“ bringen Sängerin Eva Briegel und ihre vier Musiker das Publikum bereitwillig mit Gesten zum Niederknien vor der Bühne. Briegel frotzelt und flirtet mit den Bandmitgliedern. „Ich höre jetzt auf dich sexy Simon zu nennen.“ - „Ach, du willst ja bloß, dass ich weggehe vom Mikro.“ Die Künstler nehmen sich nicht so ernst und witzeln gutgelaunt. Im Plauderton geht es so zwischen den Songs auch viel um die Bandhistorie, wenn Briegel ins Erzählen kommt:

„Also vor über 20 Jahren habe ich die Jungs dann mit dem Auto abgeholt – die hatten ja alle keinen Führerschein und nicht, weil sie aus irgendwelchen coolen Gründen weggeworfen hätten – nein, die hatten wirklich keinen - und bin mit denen dann an einen schönen Ort gefahren, wo wir davon geträumt haben, wie es ist als Band Erfolg zu haben. Wir haben überlegt, ob wir nur national die Charts stürmen wollen, oder auch international. Und nun stehen wir seit 25 Jahren auf der Bühne. Also, gebt eure Träume nicht auf, auch wenn es was ganz Verrücktes ist, glaubt an euch und haltet daran fest.“

Mitunter erklärt die Juli-Frontfrau Details in Songtexten: „Meine Mutter weiß jetzt, dass eine Stulle auch eine Droge sein kann,“ lacht Briegel. Sie reichert romantisch-melancholische Songs ihrer Band, wie „Tage wie dieser“ oder „Immer wenn es dunkel wird“ feierlich mit Anekdoten an: „Wenn man verliebt ist und in Berlin abends Fahrrad fährt, sollte man kein Alkohol getrunken haben,“ so ein Rat der Singer-Songwriterin.

Auch neuere Songs aus dem aktuellen Album Der Sommer ist vorbei (2023), das fünfte Werk der Band, kommen bei den Fans gut an. Bei „In unseren Händen“ bittet die 45-Jährige ihr Publikum, ein Feuerzeug zu zücken, oder die Handy-Lampen einzuschalten „Ich weiß, das geht auf das Akku, aber ich brauche euch jetzt“. Ein leuchtendes Lichtermeer bewegt sich nun im Kölner Carlswerk Victoria. Augenzwinkernd meint sie, der Einsatz von Handy-Lichtern sei ihre Idee gewesen, später hätten dann leider Coldplay oder Taylor Swift weniger cool diese Anregung übernommen. Ein Konzerthöhepunkt ist die Performance von „Anders“, ein Song, der von Individualität und fehlendem Biss eines angesprochenen Gegenübers handelt.

Briegel berichtet, dass sie bei Sing meinen Song – das Tauschkonzert in der 2024-Staffel ihre Band vertrat – wie bereits 2018 Judith Holofernes ihr unvergessliches Quartett Wir sind Helden und 2017 sowie 2023 Stefanie Kloß die Rockband Silbermond – beides Deutschpop-Bands mit Leadsängerinnen, die zeitgleich mit Juli kommerziell immens erfolgreich waren. Prompt kommt als Überraschungsgast Sammy Amara von den Broilers auf die Bühne, um Juli bei der Hymne „Fette wilde Jahre“ gesanglich zu unterstützen, die er für die diesjährige Staffel der Fernsehsendung gecovert hat.

Auch die Herren um die Frontfrau heizen dem Publikum gut ein, allen voran Schlagzeuger Marcel Römer. Er sorgt im Bühnenhintergrund zusammen mit Bassist Andreas Herde und den Gitarristen Jonas Pfetzing und Simon Triebel für eine treibende Soundkulisse einschließlich gefeierter Instrumentalsoli.

Bei den Hits „Geile Zeit“ und „Perfekte Welle“ bittet Briegel ihre Fans, die Handys auch mal wieder wegzustecken, um den Moment zu genießen und mit Armen und Händen mitgehen und eine Welle machen zu können. Sie überzeugt viele, aber leider längst nicht alle Konzertbesucher. Später bittet sie gar das Publikum noch herzlich, seitwärts mehrmals zu hüpfen, auch um neue Kontakte zu knüpfen.

Das Quintett spielt energiegeladen, mitreißend; die Songs verströmen eine Melancholie, unaufdringliche Nostalgie und Optimismus. Viele im Publikum schwelgen in Erinnerungen, singen mit oder tanzen. Als Zugaben performt Juli dann noch „Warum“, „Zerrissen“ und „Regen und Meer“, bevor sich der erfüllende, atmosphärische Konzertabend gegen 22:45 langsam dem Ende zuneigt.



Juli im Carlswerk Victoria in Köln | Foto © Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 19. September 2024
ID 14922
Weitere Infos siehe auch: https://www.juli.tv/


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