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nachDRUCK # 5

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Konzertkritik

...da ihr

"Eperimente

Spaß machten"



Programmheft-Cover; Bildquelle: dso-berlin.de

Bewertung:    



„Kein Konzert  ohne Komponistin!“ lautete das Motto des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin in der Saison 2023/24. Es sei „eine Initiative feministischer Musikpolitik, um  die Werke von komponierenden Frauen verstärkt hörbar zu machen“. Auch in  der aktuellen Spielzeit wird dieser zukunftsweisende Weg fortgeführt. Dabei verstecken sich die Kompositionen von Frauen nicht etwa nur in den Kammerkonzerten oder bilden die kurze Eröffnungsmusik, sondern auch großangelegte Werke historischer Komponistinnen werden zu Gehör gebracht.

So wurde jetzt das Konzert für Violine, Horn und Orchester der Engländerin Ethel Smyth (1858–1944) gespielt. In vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Stück. Smyth schrieb es in ihrer Spätphase trotz fortgeschrittener Ertaubung und nach einer Schaffensphase von 35 Jahren, in der sie fast ausschließlich Vokalmusik und Opern komponiert hatte, und wählte dann eine so ungewöhnliche Instrumentenkombination wie Violine und Horn als Soloinstrumente, da ihr "Experimente Spaß machten". Inspiriert hatte Smyth ihr großes Idol Johannes Brahms und dessen Trio für Horn, Violine und Klavier Es-Dur op. 40 sowie dessen Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83. Auch wenn sie das Werk dem befreundeten englischen Dirigenten Henry Wood („To the best friend of English Music“) widmete, schrieb sie die Hornpartie für den renommierten britischen Hornisten Aubrey Brain, der die absteigenden Akkorde der Kadenz im Pianissimo am Ende des vierten Satzes spielen konnte. Für andere Hornisten fügte sie Vorschläge für eine vereinfachte Version ein. Und wie so oft zitierte sich die Komponistin außerdem selbst, nämlich im zweiten Satz, betitelt mit Elegy, greift sie ein Motiv in C-Dur aus einer Arie aus ihrer dritten Oper The Wreckers auf, welches sie ebenfalls in der Ouvertüre der Oper verarbeitet hatte und das zu dem Titelzusatz „(in memoriam)“ geführt hat.

Am Sonntag waren Stefan Dohr (Horn), Renaud Capuçon (Violine) sowie der Dirigent Pablo Heras-Casado mit diesem Werk beim DSO zu Gast, die alle drei ihrem erstklassigen Ruf alle Ehre machten. Mit Bravour gelang es ihnen gemeinsam mit dem DSO die durchaus unterschiedlichen Charaktere der drei Sätze differenziert zu musizieren, den ersten Satz beschwingt, ja hüpfend, teils aber auch kraftvoll und mit deutlichen Spannungsbögen, den zweiten ruhigen Satz sehnsuchtsvoll-melancholisch, eben eine Elegy, und beim dritten Finalsatz schließlich kommt der Hornsolist vollends zu seinem Recht, denn dieser trägt Militärmusikcharakter und erinnert an die bugle calls, die Hornrufe, die Smyth in ihrer ein Jahr zuvor aufgeführten Nachkriegsoper Entente Cordiale verwendete. Nur genau diese führten auch dazu, dass die klangliche Ausgewogenheit bei diesen zwei sehr unterschiedlichen Soloinstrumenten nicht immer aufrechterhalten werden konnte.

*

Nach der Pause widmete sich das DSO der Fünften Symphonie von Anton Bruckner...

Auch wenn Bruckner und Smyth Zeitgenossen waren, begann sie gerade erst mit ihrem Studium am Leipziger Konservatorium, als er dieses Hauptwerk vollendete. Im direkten Vergleich ist es harmonisch und von den Klangfarben her weniger interessant. Die Stärke liegt hier vor allem in der komplexen Architektur, der formalen Ausdifferenziertheit und der Erhabenheit des Klangraums, der an eine Kathedrale erinnert.

Diese 80 Minuten Musik verlangten vom DSO und dem Dirigenten nicht nur Ausdauer, sondern vor allem eine trotz des monumentalen Charakters variantenreiche Interpretation ab, und genau dies ist ihnen meisterhaft gelungen. Mal war ein Klangteppich aus flimmernden Streichern zu hören, mal klanggewaltiges Blech, immer wieder wanderten Themen durch die Instrumentengruppen mit jeweils individueller klanglicher Ausgestaltung. Insbesondere das Scherzo dirigierte Heras-Casado leichtfüßig und verspielt, während er auch dem Choralhaften der Bläser sowie der sanften Antwort der Streicher im Finalsatz deutlich Rechnung trug.

Dem DSO gelang so ein musikalisch programmatisch sowie interpretatorisch durch und durch grandioser Konzertabend, der zurecht mit Begeisterungsrufen und tosendem Applaus des Publikums beschlossen wurde.
Marleen Hoffmann - 29. Oktober 2024
ID 14993
DEUTSCHES SYMPHNONIE-ORCHESTER (Philharmonie Berlin, 27.10.2024)
Ethel Smyth: Konzert für Violine, Horn und Orchester A-Dur
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 5 B-Dur
Renaud Capuçon, Violine
Stefan Dohr, Horn
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Pablo Heras-Casado


Weitere Infos siehe auch: https://www.dso-berlin.de


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