Gut gemeintes Gerede
Michel Friedman und Iris Berben beim DSO-Konzert "Friede auf Erden"
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Bewertung:
Um den "Frieden auf Erden" ist's derzeit nicht gut bestellt.
Auch nicht um die Demokratie, deren Bewahrung und Verteidigung (auch hierzulande!) auf ernst zu nehmende Proben gestellt wird.
Beide Themen tangieren auf durchaus beeindruckende Weise eine nicht hoch genug anzuerkennende Kampagne des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, deren aktuelles Resultat im fast ausverkauften Konzert von gestern Abend erlebbar war:
Der vor und nach seinem Auftritt von Personenschützern eskortierte Publizist und Autor Michel Friedman - seit seinem CDU-Austritt nach der historischen Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag in aller Munde - hielt einen klugen und kämpferischen Vortrag über Kunst & Leben in Freiheit, an dessem Schluss er sich als "verzweifelter Optimist" bezeichnete und wofür er, auch nachdem er seinen uns alle ermahnenden Imperativ zum Demokratie-Bewahren zum Ausdruck brachte, Standing Ovations erhielt.
Zuvor erklang der von Lili Boulanger 1916 vertonte Psalm 24 ("Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen."), ein vierminütiges Chorstück mit Orgel- und Bläserbegleitung; man kriegt es wohl nicht allzu oft zu hören.
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Nach Friedmans Vortrag gab's das Schicksalslied von Brahms - auch hier überzeugten die Stimmen der Damen und Herren vom Rundfunkchor Berlin, der abschließend und sozusagen abrundend auch noch den programmtitelgebenden Friede auf Erden von Arnold Schönberg ("mit kleinem Orchester") sang.
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Michel Friedman als Redner beim DSO-Konzert "Friede auf Erden" in der Philharmonie Berlin | Foto (C) Marlene Pfau
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Als musikdramaturgisch desaströs muss allerdings im Nachhinein der absurde Versuch bewertet werden, Richard Strauss' dreiviertelstündige Tondichtung Also sprach Zarathustra mit Brief- und Werkzitaten Friedrich Nietzsches deklamatorisch zu unterbrechen (also zu zerstückeln) und selbige obendrein dann noch "um eigene kritische Entgegnungen" des Schweizer Philosophen und Numismatikers Professor Sommer zu ergänzen - die Performance verlängerte sich so um unerbet'ne zehn Minuten. Ja und selbst die hochgrandiose (und nicht minder hochgrandios aussehende!) Schauspielerin Iris Berben, die dann mit dem Vortrag dieser Textpassagen beauftragt war, konnte das rezipierte Ärgernis nicht auflösen. Es fühlte sich halt wie ein Schulkonzert für weiterzubildende Erwachsene an. War das das Ziel?
Dirigiert hatte der in Wien lebende Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada, und er hätte eigentlich gegen diesen das Stück verhunzenden deklamatorischen Unsinn intervenieren müssen.
Dennoch: Lang anhaltende Beifallsbekundungen.
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Iris Berben als Sprecherin zu Richard Strauss’ Also sprach Zarathustra mit dem DSO Berlin | Foto (C) Marlene Pfau
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Andre Sokolowski - 2. Februar 2025 ID 15128
DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER (Philharmonie Berlin, 01.02.2025)
Lili Boulanger: Psalm 24
Johannes Brahms: Schicksalslied
Richard Strauss: Also sprach Zarathustra, mit Texten von Friedrich Nietzsche und Andreas Urs Sommer
Arnold Schönberg: Friede auf Erden für Chor und Orchester
Michel Friedman, Redner
Iris Berben, Sprecherin
Rundfunkchor Berlin
(Einstudierung: Florian Helgath)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Andrés Orozco-Estrada
Weitere Infos siehe auch: https://www.dso-berlin.de
https://www.andre-sokolowski.de
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