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Konzertkritik

Patriotisch

MÁ VLAST von Smetana


Cover des Programmhefts (C) DSO

Bewertung:    



An manchen Wochenenden haben hauptstädtische Freundinnen und Freunde "klassischer Musik" die Qual der Wahl, denn überall (in allen drei Berliner Opern- und Konzerthäusern, Boulezsaal inbegriffen) ist was los. Gestern z.B. gab es gleich mal zwei markierenswerte Highlights, welche zu besuchen ganz besonders hätten lohnen können, Don Giovanni in der Staatsoper, womit sich Daniel Barenboim seinen inzwischen zweiten Mozart-und-Da-Ponte-Zyklus abschließend genehmigte, oder Mein Vaterland (Má vlast) von Bedřich Smetana, womit das DSO Berlin unter der Leitung seines Ex-Chefdirigenten Ingo Metzmacher im Hans-Scharoun-Bau aufwartete - unsereiner tat sich, ziemlich eindeutig, für das Konzert entscheiden!


"Die Moldau, immer wieder die Moldau. Gewiss, ein schöner Fluss mit mannigfaltigen Geschichten und pittoresken Ansichten. Insgesamt postkartenreif. Von seinen beiden murmelnden Quellen im Böhmerwald und im Bayerischen Wald findet das Sehnsuchtsgewässer aus Warmer und Kalter Moldau bald zusammen, bemächtigt sich mäandernd einer waldreichen Tallandschaft, adelt mit seinem Glanz die ohnehin prächtige Stadt Prag, passiert Burgen und Schlösser und jubelt schließlich nach knapp 430 Kilometern Strecke über die Vereinigung mit der Elbe bei Mělník.

Ach, das hat der Smetana ja schön gemacht mit seinem wundervollen Stück. Er hat gelauscht, geschaut und einen wogend-romantischen, ohrschmeichelnden Melodienstrom zu Papier gebracht, der seit 140 Jahren auf allen Notenpulten der Welt liegt und bezaubert. Eine Symphonische Dichtung, fürwahr! Der Tscheche liebte halt seine Heimat, die Natur und alles drumherum. Eigentlich schade, dass das 'Traumschiff ' hier noch nicht geankert hat. James Last wäre sicher begeistert gewesen, wenn sich nach seiner Titelmelodie ein Welthit zu den Wohlfühlbildern gesellt hätte."



So führt uns Musikdramaturg Helge Birkelbach in die Gefilde von Má Vlast (woraus dann halt Die Moldau, die berühmteste seiner sechs Tondichtungen, stammt) vergnüglich ein, um etwas später das hier zu ergänzen:


"Halt, genug Kitschgeklingel! Das hat Bedřich Smetana nun wirklich nicht verdient. Der Hit hat Hintergründe. Sie sind politisch. Und Die Moldau steht nicht für sich allein. [...] Die insgesamt sechs Tondichtungen fasste er erst 1879 zusammen. Nicht einzeln, sondern im Zusammenwirken sollten sie Nationalstolz, Heimatliebe, Mythos und Sehnsucht nach einem unabhängigen Tschechien ausdrücken. Die Uraufführung fand schließlich am 5. November 1882 in Prag statt – und seine Landsleute verstanden sofort die Botschaft. Tschechien wurde damals von den Habsburgern beherrscht, die die Böhmische Krone vor langer Zeit kassiert hatten."

(Quelle: dso-berlin.de)


*

Es ist ganz zweifellos ein patriotisches Werk, und alle seine Tondichtungen, selbst jene so viel gepriesene und in den Wunschkonzerten rauf und runter genudelte Moldau, gipfeln prinzipiell in diesem filmmusikreif ausufernden, um nicht gar zu sagen ausartenden Heldischen, und Metzmacher betonte das sehr scharf in seiner Interpretation, die sodurch 6mal 6fach einen martialisch anmutenden End-Touch kriegte. Ja und irgendwie "passt" dieser Zyklus in die aktuelle Gegenwart - man ist sogar geneigt sich vorzustellen, dass die Ukrainer (falls diese brutal-erbarmungslose Kriegsscheiße dann hoffentlich bald aufhört) Smetanas Má vlast vorübergehend, bis dann einer ihrer Komponisten selber dieses Kriegstrauma in Noten nachbereiten würde, als emotionale Blaupause empfinden könnten, schon beim Moldau-Hören drängt sich jetzt und heute eine Assoziation zum Dnepr zwanghaft auf... Und insbesondere bei Tábor, Blanik, den zwei letzten Tondichtungen aus Má vlast, geht es fast ausschließlich "nur" um die Niederwerfungen der Aggressoren, um die Freiheit, gegen Unterdrückung und um all das Patriotische und Heldische und also alles das, was es in dem Zusammenhang schon immer gab und immer wieder geben wird; so etwas schweißt halt unglaublich zusammen und macht Mut.

Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin war in enormer Großbesetzung aufgestellt, sein Musizieren: hochgrandios!

Aufwühlender und gleichsam denkwürdiger Abend.




Ingo Metzmacher | Foto (C) Harald Hoffmann

Andre Sokolowski - 3. April 2022
ID 13556
DSO (Philharmonie Berlin, 02.04.2022)
Bedřich Smetana: Má vlast (Mein Vaterland) – Sechs Symphonische Dichtungen
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent:
Ingo Metzmacher


Weitere Infos siehe auch: https://www.dso-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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