Musikalische
Exotik
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Bewertung:
Die Kulturgemeinschaft und die Stuttgarter Philharmoniker liefern in ihrem Neujahrskonzert nach bewährtem Rezept eine attraktive Mischung aus „ernster“ und „leichter“ Musik. Diesmal sind es, unter dem Motto „Fernweh“, neben Rimski-Korsakow, Bizet und Delibes, Lehár, Johann Strauss und Paul Abraham.
Der erste Teil, vor der Pause, gehört Rimski-Korsakows Sinfonischer Suite Scheherazade. Allzuviel scheint der Komponist von der Musik der Weltgegend, in der Tausendundeine Nacht spielt, nicht gewusst zu haben. Seine Motive klingen eher russisch als persisch. Der dritte Satz erinnert aufdringlich an den "Seemannstanz" – im russischen Original "Tanz des russischen Matrosen" – aus dem fast 40 Jahre später entstandenen Ballett Der rote Mohn von Reinhold Moritzewitsch Glière.
Nach der Pause reihen sich, gesungen von Camille Schnoor und Nenad Čića, Nummern aus Franz Lehárs Land des Lächelns, der eher selten gespielte Ägyptische Marsch von Johann Strauß Sohn und Tänze von Léo Delibes an Bizets kurze Ouvertüre zu den Perlenfischern. Dazwischen ertönen drei Duette aus Paul Abrahams Blume von Hawai, die einmal mehr belegen, dass der von den Nazis vertriebene und lange ignorierte Operettenkomponist interessantere musikalische Einfälle hatte und durchführte als die meisten „großen Namen“ der Gattung.
Im Publikum sah man wenig junge Leute. Die Kulturgemeinschaft macht sich Sorgen um ihre Zukunft. Es ergeht ihr wie allen Errungenschaften der Arbeiterbewegung. Die Bemühungen, „bildungsfernen“ Schichten den Zugang zu kulturellen Veranstaltungen (wie übrigens zur höheren Bildung) zu erleichtern, hat eher ab- als zugenommen. Was heute zählt, ist das Geschlecht und nicht die soziale Herkunft. Die bürgerlichen Männer und Frauen machen es unter sich aus. So gesehen sind die Neujahrskonzerte der Kulturgemeinschaft eine Erinnerung an Zeiten, als Menschen, in deren Wohnung kein Klavier stand und Bücher rar waren, für ihre Rechte kämpften und von einsichtigen Akademikern unterstützt wurden. Heute schwächelt die Sozialdemokratie, die dabei eine wichtige Rolle spielte, und die von Welt und Elon Musk geförderte AfD zerbricht sich den Kopf oder was sie an dessen Stelle hat, wie man Migranten los wird.
Die Politiker der "Mitte" aber predigen Zuversicht. Es ist nicht leicht, ihnen zu folgen. Wir können ja nicht alle nach Hawai, in die "traumschöne Perle der Südsee" auswandern.
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Thomas Rothschild - 2. Januar 2025 ID 15083
STUTTGARTER PHILHARMONIKER (Liederhalle, 01.01.2025)
Neujahrskonzert der Kulturgemeinschaft: Fernweh
Nikolai Rimski-Korsakow: Scheherazade
Georges Bizet: Ouvertüre zu Die Perlenfischer
Franz Léhar: "Immer nur Lächeln", "Im Salon zur blau’n Pagode", "Von Apfelblüten ein Kranz" aus Land des Lächelns
Johann Strauss: Ägyptischer Marsch
Paul Abraham: "Ein Paradies am Meeresstrand", "Was hat der Gentleman im Dschungel zu tun", "Du traumschöne Perle der Südsee" aus Die Blume von Hawaii
Leo Delibes: "Airs de danse" aus der Lakmé
Léhar: "Dein ist mein ganzes Herz", "Ich möchte‘ wieder einmal die Heimat sehen", "Chinesischer Hochzeitszug" aus Land des Lächelns
Camille Schnoor, Sopran
Nenad Čića, Tenor
Stuttgarter Philharmoniker
Dirigent: Marcus Bosch
Weitere Infos siehe auch: https://www.stuttgarter-philharmoniker.de/
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